Kommentar zum Wahlk(r)ampf in Potsdam

NICHT abgedruckter Leserbrief an die MAZ

Leserbrief an die Märkische Allgemeine Zeitung, zum Artikel „Janny Armbruster kämpft für einen attraktiveren Nahverkehr“ vom 02.08.2018

Das Interview mit Janny Armbruster macht es nochmal deutlich: Die Potsdamer Grünen stehen – entgegen dem historischen Selbstverständnis der Partei – für Abrisse und gegen eine behutsame Stadtentwicklung, die konstruktiv mit den Gegebenheiten der zentralen, identitätsstiftenden Orte der Stadt arbeiten würde. Aktuell haben sie ein wichtiges Etappenziel erreicht: Das Gebäude der Fachhochschule am Alten Markt ist nun vernichtet.

Fehlt offenbar nur noch der Staudenhof, mit dem Armbruster nun doch (im Widerspruch zum vorherigen Bekenntnis für den Erhalt des Gebäudes) erneut ein Problem zu haben scheint, da er „nicht mehr in einer Höhe mit den neuen Wohnkarrees auf der Fläche des abgerissenen FH-Gebäudes“ stehe. Denn das wird sicherlich die Besessenheit einiger Potsdamer Ästheten, auch unter den Grünen, von der Wiederherstellung des barocken Stadtbildes stören. Doch damit nicht genug: Dass Frau Armbruster auf ihren Plakaten mit „Stadt für Alle – Was sonst“ wirbt, wirkt vor dem Hintergrund der teuren Stadtzerstörung, die in den vergangenen Jahren von den Vertretern ihrer Partei vorangetrieben wurde, ziemlich verlogen. Die besagten Wohnkarrees werden wohl mehrheitlich von wohlhabenden (Neu-)Potsdamern bezogen, zudem soll das Gebiet zu einem erheblichen Teil mit Gewerbeeinheiten bebaut werden. Kulturelle oder gar künstlerische Angebote sind nicht vorgesehen.

Dabei hätten die Grünen die Chance gehabt, in 2016 den erfolgreichen Bürgerentscheid gegen die Abrisse anzunehmen und spätestens dieses Jahr den Abriss des FH-Gebäudes auszusetzen, um nochmal neu nachzudenken. Mit dem Gebäude gab es große Pläne: Eine Bürgerinitiative wollte dort mit Unterstützung von Trias-Stiftung und GLS-Bank günstige Räume für Kultur, Bildung, Wissenschaft, Sport und Wohnen schaffen und der Stadt das Gebäude für 6 Mio. Euro abkaufen. Als Kompromiss hätte man immer noch die Flächen entlang der Friedrich-Ebert-Straße neu bebauen können. Stattdessen wurde das Gebäude für teures Geld abgerissen und das Grundstück zu Festpreisen verscherbelt. Investoren dürfen sich freuen, wenn sie sich – nach nun folgenden 5 Jahren Dauerbaustelle – eine goldene Nase mit Anwaltskanzleien und Cappuccinos für 3,50 EUR verdienen werden.

Wie geht es weiter mit den wenigen noch verbleibenden sozialen, kulturellen und künstlerischen Angeboten für den schmalen Taler in der Stadt? Rechenzentrum – Abriss in 5 Jahren zu Gunsten des Neubaus einer Kirchenkopie mit militaristischen und gar faschistischen Ehren, Minsk – Abriss oder Erhalt sind ungewiss, Freiland – das große Zittern beginnt, ob und für wie lange die Verträge verlängert werden. Auf Betreiben von Saskia Hüneke von Bündnis 90/ Die Grüne müssen auch das Strandbad Babelsberg und ein Segelverein mit einer 20 Kinder starken Jugendgruppe weichen, damit die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten einen historischen Fußweg im Park wiederherstellen kann.

Fazit: Die Kolleginnen und Kollegen von Frau Armbruster aus der Stadtfraktion waren es, die gemeinsam mit SPD und CDU verhindert haben, dass in dem alten Fachhochschulgebäude eine wahre „Stadt für Alle“ entsteht! Und auch in Bezug auf einen weiteren Armbruster-Wahlspruch – „Kiez, Kultur und Kinder“ ist leider festzustellen: Frau Armbruster betreibt Augenwischerei im ganz großen Stil – und das ist noch diplomatisch ausgedrückt!

Axel Dierich, Potsdam den 23.08.2018

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