Tag von Potsdam – Teil 1 – Beginn der Vernichtung!

Der 21. März 1933 steht für die Machtübergabe „vom alten und neuen Deutschland“, vom konservativen Traditionsbewusstsein zum nationalsozialistischen Erneuerungswillen. Der Tag von Potsdam steht für den nahtlosen Übergang von kaiserlichen Standarte Schwarz-Weiß-Rot zu Rot-Weiß-Schwarz der Hakenkreuzfahne.

Der 21.03.1933 ist mehr als ein symbolischer Akt oder Tag. Der 21.03.1933 ist der Startschuss der systematischen Vernichtung von Menschen.

Die Nazis und das „Dritte Reich“ präsentierten sich am „Tag von Potsdam“ als legitimer Erbe des 1871 gegründeten und mit Ausrufung der Republik im November 1918 untergegangenen „Zweiten Reiches“ preußischer Prägung. Die Machtübergabe von Hindenburg an Hitler ist untrennbar mit der Geschichte der Stadt Potsdam und mit der Hof- und Garnisonkirche verbunden. Doch der 21. März 1933 ist auch der Beginn der gezielten Vernichtung von Andersdenkenden, Andersgläubigen und vielen „Anderen“.

Parallel zum Staatsakt in der Hof- und Garnisonkirche, im Zentrum der ehemaligen „Residenzstadt“ Potsdam, wurde am 21. März 1933 auf einem Brauereigelände in Oranienburg durch die SA (Sturmabteilung SA-Standarte 208) das erste Konzentrationslager in Preußen errichtet.

Die ersten Gefangenen waren 40 Kommunisten aus Oranienburg und Umgebung. Sie wurden am 21. März 1933 per Lastkraftwagen eingeliefert und unzähligen Misshandlungen ausgesetzt. Ab dem 27. März 1933 wurden Häftlingsnummern beginnend mit „1“ vergeben. In der Folge des Eintreffens wurden die Häftlingsakten weiter nummeriert, am 30. Juni 1934 wurde als letztes die Nummer „2874“ vergeben. Das Lager wurde durch die SS besetzt. Die SA wurde entmachtet und die Gefangenen wurden ins KZ Lichtenburg verbracht. In der Zeit vom 21. März 1933 bis 14. Juli 1934 wurden mehrere Gefangene von den Wachmannschaften des Lagers ermordet. Darunter der antimilitaristische Schriftsteller Erich Mühsam, am 10. Juli 1934, wenige Tage vor der Lagerschließung. Einige Häftlinge starben an den Folgen der Haft.

Das KZ Oranienburg ist nicht identisch mit dem KZ Sachsenhausen bei Oranienburg. Doch auch zu diesem Konzentrationslager gibt es eine Verbindung mit der Garnisonkirche.

Das KZ Sachsenhausen wurde ab 1936 nördlich von Berlin im Ortsteil Sandhausen der Stadt Oranienburg betrieben. Auf dem zentralen Appellplatz des KZ Sachsenhausens praktizierten die Nazis das Programm „Vernichtung durch Arbeit“ auf der berüchtigten Schuhprüfstrecke. Hier testeten Häftlinge bis zur völligen Erschöpfung Soldatenstiefel (z.B. der Firma Salamander).

Das zweite Vernichtungskommando des KZ Sachsenhausens war das Klinkerwerk, ein Großziegelwerk mit eigenem Hafen an der Lehnitzschleuse. Hier wurden Ziegel für Albert Speers Großbauvorhaben in Berlin produziert, dem Aufbau der Reichshauptstadt Germania. Die Häftlinge selbst hatten Fabrik und Hafenanlage außerhalb des Hauptlagers zu bauen. Später kam ein eigenes Häftlings-Außenlager hinzu.

Neben der systematischen physischen Zerstörung der Inhaftierten durch harte Arbeit und mangelnde Ernährung führte die SS im Außenlager Klinkerwerk immer wieder gezielte Mordaktionen gegen einzelne Häftlingsgruppen durch. Von Juli bis September 1942 fielen hier fast alle damaligen Rosa-Winkel-Häftlinge einer solchen Aktion der SS zum Opfer. Der ehemalige Lagerälteste Harry Naujoks berichtet in seinen Erinnerungen von der Ermordung von 200 Homosexuellen und Amtsanmaßern. Unter den inhaftierten politischen Gefangenen befanden sich auch circa 700 Geistliche, darunter mehr als 600 polnische Priester, Bischöfe und zwei Subdiakone. Unter den Gefangenen war im Zellenbau auch Martin Niemöller.

Im Jahr 1996 wurde das gesamte Gelände unter Denkmalschutz gestellt. Ein Jahr später wurde beschlossen, dass ein Geschichtspark an die frühere Nutzung des Areals erinnern soll. Ein erster provisorischer Gedenkort am Hafen wurde eingerichtet. Pläne der Stadt Oranienburg aus dem Jahr 2000 sehen vor, dass im Geschichtspark eine landschaftsplanerische Gestaltung an die einstigen Ausmaße des Werkes erinnern soll. Entlang der früheren Trassen sollte ein Wegesystem entstehen. Hierzu kam es bis heute nicht. Weite Teile des Klinkerwerkes sind bis heute nicht betretbar.

Durch die Landesregierung Brandenburgs unter Ministerpräsident Platzeck wurden die notwendigen Mittel (ca. 2 Millionen Euro) dem Geschichtspark Klinkerwerk in Oranienburg vorenthalten. Das Geld stammt aus dem Vermögen der ehemaligen Parteien und Massenorganisationen der DDR und soll für herausragende gedenkpolitische Projekte in den östlichen Bundesländern bereitgestellt werden. Bis heute liegen auf dem Gelände des Klinkerwerkes die Leichen notdürftig in Bombentrichtern verscharrt, seit das Lager vor Kriegsende bombardiert wurde. Im Hafenbecken wurde tonnenweise Asche aus den Krematorien des Hauptlagers abgekippt.

Die geplante Wegeführung über das Gelände kann nicht umgesetzt werden, weil genau das Geld fehlt, das für den Bau der Nagelkreuzkapelle am Standort der Garnisonkirche in Potsdam verwendet wurde.

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