Dossier: Wolfhard Kirsch

Dossier zu einem der wichtigsten lokalen Immobilien – Unternehmer – Wolfhard Kirsch
Oder: Wie gut das Geschäft mit Wohnen, Politik und ein neoliberales Wertebild in Potsdam zusammenpassen

Das Redaktionsteam des Blogs „Stadt für alle“ veröffentlicht ein weiteres Dossier zur Frage „Wem gehört Potsdam?“.

Wolfhard Kirsch kam 1990 aus Bayern nach Potsdam. Seitdem strickt er fleißig an seiner Legende eines mittellosen Idealisten, der quasi aus dem Nichts das völlig marode Babelsberg vor dem Zerfall gerettet hat. Einen Artikel im Magazin Potsdam Live aus 2014 über sein Leben fand er so gut, dass er daraus seine eigene Internetseite baute: http://wolfhard-kirsch.de/ – für mehr als den einen Beitrag hat es dann nicht gereicht, aber immerhin noch für viel Pathos: „Aus dem halben Jahr Potsdam ist eine Leidenschaft für Potsdam geworden, eine Verantwortung für die Stadt.“

Was damals mit dem halben Jahr und einem geschenkten Haus begann ist heute ein Potsdamer Imperium. Wolfhard Kirsch steht wie kaum ein Anderer in Potsdam für die Verflechtung von Immobilienunternehmen, Politik und privaten Interessen. Kirsch ist eine Symbolfigur für die Veränderungen – und vor allem Verdrängungen, die Potsdam zu einer der teuersten Städte der neuen Bundesländer gemacht haben und in der die Bevölkerung zu rund 60 % ausgetauscht wurde.
Wer verstehen will, „wem die Stadt gehört“, wie in Potsdam Stadtpolitik läuft, wie die inzwischen berüchtigten Deals gemacht werden und wie das Geschäft mit Wohnen und Mieten funktioniert, der tut gut daran sich das Firmen – und Politikgeflecht von Wolfhard Kirsch anschauen.

Das haben wir getan.

Dazu haben wir in den letzten Wochen viele Materialien und Unterlagen gesichtet – alte Zeitungsartikel, Berichte und Flyer und auch Geschäftsunterlagen, die wir bei https://www.companyhouse.de/ einsehen konnten. Wir haben mit ehemaligen Mieter*innen und anderen Betroffenen gesprochen und Zeitzeugen interviewt. Und natürlich haben wir das gelesen und ausgewertet, was Herr Kirsch selbst so von sich gegeben hat – in der Stadtverordnetenversammlung, im Bauausschuss, als Villenbesitzer am Griebnitzsee und als Mensch, der sich als Selfmademan gern selbst darstellt.

Herausgekommen ist der 1. Teil eines Dossiers, das wir bewusst vor den Wahlen herausbringen. Denn Wolfhard Kirsch ist eben auch das Gesicht und der Spitzenkandidat des „Bürgerbündnisses“. Nur, so unsere Fazit, mit den Interessen der normalen Bürger*innen hat dies wenig zu tun. Im Grunde ist das Bürgerbündnis inzwischen ein Wahl – und Interessenverein der Immobilienwirtschaft. Und genauso hat Wolfhard Kirsch immer Politik gemacht.

Die Immobilienunternehmen von Wolfhard Kirsch

Sanierung und Verkauf in Babelsberg

Sichtbares Zeichen an den Häusern, mit denen Wolfhard Kirsch Geschäfte macht und Gewinne erzielt ist das goldene Schild mit dem Wolf. In Babelsberg finden sich solche Schilder vor allem in der Kleist – und Großbeerenstraße, in der Fulton – und Siemensstraße. Nach eigener Darstellung hat die Firma Kirsch & Drechsler Hausbau GmbH allein in Babelsberg 57 Häuser mit rund 380 Wohnungen saniert. Anfang der 90 ´ er Jahre hat die Firma damit in Babelsberg begonnen.

Das Geschäftsmodell dahinter war ebenso einfach wie wirkungsvoll: Ein Haus wurde meist billig gekauft, für damalige Verhältnisse teuer saniert, die Mietwohnungen wurden oft in Eigentumswohnungen umgewandelt und verkauft. Gleichzeitig hat die Kirsch & Drechsler Hausverwaltung angeboten, diese Wohnungen weiter zu verwalten. Die damaligen Mieter*innen wurden während der Komplettsanierung in die Plattenbausiedlungen umgesetzt und kamen meist nicht wieder in ihre Häuser zurück. „Bekannter Vermieter in Babelsberg ist die Firma Kirsch & Drechsler. Mit der, sagt Julia Busch, habe der Mieterbund „nicht die besten Erfahrungen“. „Kirsch hat die Häuser teilweise entmietet“, sagt sie. Insbesondere in der Anfangszeit seien viele alte Leute vom Altbau, der saniert werden sollte, in die Platte umgezogen. Oft sei ihnen als Gegenleistung der Umzug bezahlt worden. „Wenige nur trauten sich, gegen eine Mietkündigung wegen Sanierung anzugehen.“ (PNN vom 6.11.2006). Selbst der Stadtkontor, zuständig, den Sanierungsprozess in Babelsberg zu begleiten und zu steuern und die Stadtverwaltung stellten als Bilanz des Verdrängungsprozesses fest: „Statistisch bereinigt stellte sich heraus, dass ca. 90 % der ursprünglichen Mieterschaft durch die Sanierung verdrängt wurden.“ (Fraktion die aNDERE, Stadtkontor: Bericht zum 20. Jahr des Beginns der Sanierungen).

Wichtiges Werkzeug der Strategie waren die sogenannten Sonderabschreibungen auf Immobilien nach „… § 7 h Einkommenssteuergesetz. Für viele der Gründerzeitgebäude insbesondere in Babelsberg Süd wurde die erhöhte jährliche Abschreibung von 9 % der Sanierungskosten in den ersten acht Jahren in Anspruch genommen. Allerdings war dies sehr häufig mit der Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen verbunden. Inzwischen wurden in 205 Wohngebäuden 1.976 Eigentumswohnungen geschaffen.“, schreibt der Stadtkontor im Reader zur Ausstellung „20 Jahre Sanierung Babelsberg“. Für Wolfhard Kirsch waren diese Sonderabschreibungen eine der wichtigsten Einnahmequellen und Teil seines Geschäftsmodells.

Über die Methoden, mit denen Wolfhard Kirsch die beschriebene Entmietung vorangetrieben hat, berichten uns noch heute ehemalige Mieter*innen: „ Das Wohnen in einer Sanierungsbaustelle kann zum Horrortrip geraten. Klos oder ganze Wände werden herausgerissen, Schlösser ausgetauscht.“ Und: „Daraufhin erfolgte am 13.11.2010 die Unterstellung einer unerlaubten Untervermietung meiner Wohnung mit Androhung einer fristlosen Kündigung. Nachdem ich die Unterlagen zur Untervermietung und zu den Zahlungen des Zuschusses für Untermieter bei der alten Verwaltung Semmelhaack bestätigen ließ und ihm diese zusandte, begann Herr Kirsch abends gegen 19.00 Uhr regelmäßig an meiner Haustür zu klopfen. Ich kannte diesen Mann bis dahin nicht persönlich und er schien dank der einschüchternden Telefonate mit unterdrückter Nummer zu unseriösen Zeiten, den Drohschreiben und nicht zuletzt durch das hartnäckige klopfen an der Tür nicht wie ein Mann, dem man gern als Anfang 20jährige Abends die Tür öffnet, zumal ich ihm bereits alles mitgeteilt hatte, was ein Vermieter wissen sollte.“ (Alle Aussagen hier liegen uns schriftlich mit Namen und Daten vor)

Auch die konkreten Zahlen für die Mieten kennen wir: von 395,71 € stieg die Miete auf 795,71 € nach der Modernisierung.

Quelle: Modernisierungsankündigung Kirsch & Drechsler 2010

Nachdem die Firma Kirsch & Drechsler in den 2000 `ern noch einmal ein paar Häuser aus dem großen Pool der Firma Semmelhaack kaufen, sanieren und verkaufen konnte, schaute man sich nach neuen Geschäftsfeldern um.

Neubauprojekte

Neuer Schwerpunkt der Unternehmenstätigkeit ist inzwischen der Wohnungsneubau.

Die seit 2012 geplanten, fertig gestellten und im Bau befindlichen Projekte „Residenz Steinstraße“, „Wohnen am Waldpark“ und einige mehr im Gebiet um die verlängerte Großbeerenstraße und Ecke Steinstraße sind mindestens genauso umstritten wie die Sanierungen in Babelsberg. Dort baut Wolfhard Kirsch fast ausschließlich Eigentumswohnungen auf ehemaligen Waldstücken.

„Im Flächennutzungsplan war das Gelände damals zu 70 Prozent als günstige Wald- und zu 30 Prozent als teures Bauland ausgewiesen. Nun sollte das Gelände komplett als Bauland ausgewiesen werden, um den „Waldpark“ zu ermöglichen.“, schrieb die PNN 2015. Als Kirsch dort kaufte, konnte er also einen großen Teil der Flächen als Waldflächen zu einem geringen Preis kaufen:

„2013 hatte Kirsch selbst dafür gestimmt, das Areal im Flächennutzungsplan als Waldfläche zu deklarieren.“, schreibt Nico Bauer (die aNDERE) auf Facebook. Danach konnte er einen viel größeren Teil bebauen. „Mit dem Wald-Deal habe Kirsch durch Spekulation 2,5 Millionen Euro verdient, schätzt der Sozialdemokrat.“, zitiert die MAZ damals Herrn Bachmann (SPD).

Diesen Deal hat Wolfhard Kirsch wohl mit einem anderen Stadtverordneten verabredet – Herrn Scharfenberg von den Linken. Über dessen Vermittlung einigte man sich schließlich auf diesen Kompromiss: 8 % der Wohnungen sollten mietpreisgebunden sein, davon die Hälfte für den WBS – Satz von 5,80 €/ m² – für 10 Jahre. Heißt: Lediglich 4 % aller Wohnungen muss er zu einem geringen Mietzins anbieten! Was für ein Deal.

Deshalb gab es dazu viele öffentliche Debatten und Kritik – die Wolfhard Kirsch wie gewohnt mit Klagedrohungen abwehrte: „Kirsch zog vor das Potsdamer Verwaltungsgericht, Schadenersatzforderungen gegen die Stadt standen im Raum. Im November 2017 stimmte das Gericht einem Vergleichsvorschlag des Klägers zu.“, stellt die PNN am 14.12.2017 dar.

Heute entsteht in dem Stadtteil ein neues Quartier mit dem Charme einer „Gated Community“, mit Toren, Schranken, Eigentumswohnungen und den großen Schildern, die angeben, wer hier baut – Wolfhard Kirsch.

Quelle: Eigene Bilder

Geschäfte mit Immobilien und Geldanlagen

Längst hat sich der „verantwortungsbewusste und zu Potsdam bekennende Immobilienunternehmer“ (Eigendarstellung) auch auf die klassischen Geschäftsfelder der Immobilienbranche orientiert.

Wolfhard Kirsch ist heute Gesellschafter und Geschäftsführer von Unternehmen, die mit Immobilien und ihren Anlage – und Wertentwicklungen Geschäfte machen – hier und in anderen Städten wie in Leipzig oder Dresden.

Dazu gehört vor allem die Kirsch & Kirsch Immobilien GmbHhttps://www.kirschundkirsch.de/, welche Immobilien vor allem als Kapitalanlage bewirbt, kauft und verkauft. Dabei bietet sie vor allem Häuser und Wohnungen in „gehobenen Segment“ an, so zum Beispiel in der Luxuswohnanlage am Jungfernsee. Für den Verkauf von Wohnungen aus dem Bestand der Firma Kirsch & Drechsler nimmt diese dann noch eine Provision von 7,14 % – ein doppeltes Geschäft.
Uns liegen die Unterlagen des Unternehmens vor, an dem Wolfhard Kirsch aktuell mit 10 % beteiligt ist:

Quelle: https://www.companyhouse.de

Ein weiteres Unternehmen ist dieKirsch & Partner Finanzanlagen
Beratungs- und Vermittlungsgesellschaft
GmbH. Auch hier liegen uns die Firmenunterlagen vor – und siehe da, es gibt gar keine Partner – Wolfhard Kirsch ist alleiniger Gesellschafter für den Zweck, Immobilien als Finanzanlagen zu organisieren:

Quelle: https://www.companyhouse.de

Nur der Vollständigkeit halber erinnern wir hier auch noch an den „Eklat um MBS-Haus“ in Babelsberg (vergl. PNN 2010), das ebenfalls im Besitz von Kirsch & Drechsler ist oder daran, dass Wolfhard Kirsch außerdem noch in diversen Gremien (Vertreter und Vertrauensrat) der Berliner Volksbank sitzt und als solcher den Verkauf des Filetgrundstücks der ehemaligen „Alten Post“ in der Stadtmitte eingefädelt hatte.

Die politische Karriere des Wolfhard Kirsch

Wolfhard Kirschs politische Karriere begann in der SPD. Erst wurde er 2002 als sachkundiger Einwohner Potsdams in den Liegenschaftsausschuss berufen und ein Jahr später mit SPD – Mandat in die Stadtverordnetenversammlung gewählt. Mit wenigen Unterbrechungen ist er seither im Bauausschuss aktiv und sitzt damit an der Quelle aller Informationen und Entscheidungen über Wohnen, Bauen, Grundstücksvergaben in Potsdam. Er sieht darin natürlich keinen Interessenkonflikt, wie er als Spitzenkandidat der Bürgerbündnisses aktuell wieder deutlich gemacht hat.

Ab 2006 stritten sich die SPD – Fraktion und Wolfhard Kirsch um den öffentlichen Uferweg am Griebnitzsee. Wie wir unten noch darstellen werden, ist Kirsch einer der wichtigsten Anrainer, welche diesen öffentlichen Weg bis heute verhindern und die Grundstücke privat nutzen. 2006 forderte Bürgermeister Burkhard Exner (SPD) Kirsch zur Rückgabe seines Stadtverordnetenmandates auf: „Er kann nicht in der Fraktion bleiben, wenn er seine privaten vor die öffentlichen Interessen seiner Wähler stellt.“ (MAZ 22.02.2019).
2008 wechselte er dann tatsächlich zum ursprünglich von Bürgerrechtler*innen gegründeten Bürgerbündnis. Nach einigen Austritten und Verratsvorwürfen wurde er schließlich deren Fraktionschef, auch in der Fraktionsgemeinschaft mit der FDP und ist heute Gesicht und deren tonangebender Stadtverordneter. In dieser Funktion hat er sehr klare Positionen zu fast allen strittigen Themen von Wohnungs – und Stadtpolitik: Kirsch stellt sich gegen das Baulandmodell (gerade wieder deutlich im PNN – Talk zur Kommunalwahl formuliert), gegen Mietbegrenzungen (gegen die er sogar geklagt hat), gegen Mietpreis – und Belegungsbindungen, Wohnraumförderungen und eigentlich gegen alles, was Mieten und die Gewinne von Immobilieninvestor*innen begrenzen könnte.

„Die Rolle des Stadtverordneten Kirsch im Bau- und im Umweltausschuss ist die eines Beschleunigers. Es ist auffallend, dass Wolfhard Kirsch bei Beratungen zu Bebauungsplänen stets zur Eile mahnt. Die Vorlagen der Verwaltung seien vernünftig, Verzögerung zu verhindern und Diskussionen unnötig, da man zu einem späteren Zeitpunkt im Zweifel immer noch korrigieren könne. Gern kommentiert Wolfhard Kirsch Wortbeiträge anderer Stadtverordneter, deren Gerede gehe „zu Lasten seiner Lebenszeit“, schreibt Nico Bauer, Fraktion Die aNDERE 2014 auf Facebook.

Der Bürger Wolfhard Kirsch

Wir haben in den letzten Wochen mit vielen Menschen gesprochen, die Wolfhard Kirsch persönlich erlebt haben. „Nie ist mir ein derart dreister, unsympathischer und unfassbar skrupelloser Mensch begegnet.“, sagte eine ehemalige Mieter*in der Kleiststraße. Der „Selfmademan“ hat auch bei Entmietungen vieles selbst in die Hand genommen und auch von Drohungen und Beleidigungen wurde uns berichtet.

Ein anderes wichtiges Mittel der Auseinandersetzung sind Klagen und Verfahren. Wolfhard Kirsch hat quasi gegen alles geklagt, was nicht seinen Interessen entsprach.

Einen ganz wichtigen Streit hat er zusammen mit anderen Immobilienunternehmen gegen Mietbegrenzungen in Sanierungsgebieten geführt. „Im April 1998 folgte die Potsdamer Stadtverordnetenversammlung den Vorschlägen der Fachleute und legte für die Sanierungsgebiete Mietobergrenzen zwischen 8,50 und 10,50 DM/m² fest. Dies sollte für alle Wohnungen gelten, die zu einem Stichtag 1994 noch bewohnt, aber noch nicht saniert waren. Pro 15 Monate sollten die Mietobergrenzen sich um 0,30 DM erhöhen. In der Sozialplanrichtlinie für die Sanierungsgebiete legten die Stadtverordneten in der gleichen Sitzung ausdrücklich und einstimmig u.a. als soziale Ziele der Sanierung fest.“, schreibt Lutz Boede in einem Artikel der Potsdamned 2008. Wolfhard Kirsch hat sich daran nie gehalten und konnte als sachkundiger Bürger kräftig dagegen argumentierten, selbst von „Diskriminierung“ war damals die Rede. Auch die Stadtverwaltung konnte sich nur wenig mit den eigenen Beschlüssen anfreunden und bezweifelte die Rechtmäßigkeit eben solcher. Als das Oberverwaltungsgericht Berlin schließlich Mietobergrenzen kippte, atmeten Kirsch, SPD und die Stadtverwaltung auf. „Potsdam hatte in seiner Sozialplanrichtlinie ebenfalls Mietobergrenzen eingeführt und diese bei Sanierungsvorhaben anfangs auch durchgesetzt. Dagegen hatte unter anderem das Babelsberger Unternehmen Kirsch & Drechsler unter Hinweis auf die Rechtssprechung immer wieder Einwände erhoben.“, heißt es in der PNN von 2004 – https://www.pnn.de/potsdam/mietobergrenzen-sind-passe/22373990.html

Übrigens: Damals hätte es die Chance gegeben, mit einer sozialen Erhaltungs – bzw. Milieuschutzssatzung spekulativen Verkäufen in Babelsberg einen rechtssicheren Riegel vorzuschieben und das kommunale Vorkaufsrecht zu verankern. Beschlossen hatte dies die Stadtverordnetenversammlung, umgesetzt hat es die Verwaltung nie. Kirsch freut das bis heute. Vorkaufsrechte der Kommunen lehnt er ab.

Und um einen anderen, damaligen Sozialdemokraten zu Wort kommen zu lassen: „„Der Bauunternehmer Wolfhard Kirsch hat als Stadtverordneter Mietbegrenzungen immer konsequent bekämpft. Er stimmte im Stadtparlament sowohl gegen die Einführung von Mietobergrenzen als auch gegen die Beteiligung von Privatinvestoren bei der Schaffung sozialer Infrastruktur.“ (Herr Bachmann, MAZ 2015)

Der private Uferweg des Wolfhard Kirsch

Den Privatmensch Wolfhard Kirsch kennen die meisten Bürger*innen vor allem als Villenbesitzer am Griebnitzsee. Als solcher war er maßgeblich daran beteiligt, den öffentlichen Uferweg sperren zu lassen. „Kein Vergleich scheint zu kühn. Durch das Vorgehen der Stadt fühle sich einer seiner Mandanten an die „schleichende Enteignung“ während der Nazizeit erinnert, sagt Anwalt Christoph Partsch, der Kirsch und fünf weitere Anlieger vertritt.“, heißt es im Tagesspiegel vom 8.1. 2006.

Auch hier klagt Wolfhard Kirsch fleißig mit, gegen Bebauungspläne, gegen die öffentliche Nutzung, für seine private Nutzung. „Nachdem Kirsch dann im August die letztendlich wegen seiner persönlichen Beteiligung für nicht zulässig erklärte Kleine Anfrage gestellt hatte, musste er vergangene Woche von seiner Fraktion erneut aufgefordert werden, sich zu einem öffentlichen Weg zu bekennen. Dies tat er mit einer Pressemitteilung, die aus einem Satz bestand – doch nahezu gleichzeitig wurde bekannt, dass Kirsch per Klageweg versucht, die Genehmigung für einen Zaun mit Flügeltüren von seinem Grundstück über den Uferweg bis zum Wasser zu erstreiten.“, heißt es in der PNN vom 23.09.2006.

Bis heute gibt es trotz vieler Proteste, trotz der Initiative „Freies Ufer“, trotz aller Appelle und Klagen keinen öffentlichen Uferweg. Und dabei soll es auch bleiben, wie Wolfhard Kirsch erst kürzlich im Interview mit der MAZ klarstellte: https://www.maz-online.de/Lokales/Potsdam/Potsdam-Wolfhard-Kirsch-ueber-den-Streit-zum-Uferweg-am-Griebnitzsee

Fazit

Es war und ist schlicht unmöglich, in einem Dossier alles zu veröffentlichen, was wir inzwischen über Wolfhard Kirsch wissen. Deshalb wird es ganz bestimmt einen Teil zwei geben.

Trotzdem bleiben schon jetzt einige beunruhigende Schlussfolgerungen.

Wir haben mal die Mieten zusammengerechnet, die bei Kirsch & Drechsler gerade aufgerufen werden, wenn mal was neu vermietet wird. Bezeichnenderweise steht da im Internet meist: „Auf Anfrage“. Wir haben gefragt, wir haben weiter recherchiert und kommen auf über 11,50 € Kaltmiete im Durchschnitt. Dies ist natürlich weit über dem, was Kirsch einst in Babelsberg vorgerechnet hatte: „7,70 Euro kalt gibt Kirsch als Grundmiete an. Ab 380 Euro Warmmiete könne man bei ihm eine kleine Wohnung bekommen.“, zitiert ihn die MAZ 2004. Natürlich liegt diese Miete auch über den 9 €, die er damals für seine Neubauprojekte versprach.

Das Geschäftsmodell, was wir hier dargestellt haben, verlangt dies zwingend: Kaufen, sanieren, in Eigentumswohnungen umwandeln, verkaufen, verwalten, weiter verkaufen. In dieser Wertschöpfungskette möchte jeder einen Stück des Kuchens haben und am Ende zahlen die Mieter*innen den kompletten Preis.

Wolfhard Kirsch hat einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf das politische Klima in der Stadt. Er hat immer gegen all die Instrumente gekämpft, die heute diskutiert werden, um dem Mietenwahnsinn zu begegnen: Mietpreisgrenzen, Erhaltungssatzungen, Baulandmodelle, öffentliche Flächen, Erbbaupachtkonzepte, Gemeineigentum. Er sitzt in den maßgeblichen Gremien, aus denen seit Jahren direkt Informationen abgreift, wo er Beschlüsse blockieren und seine Deals verhandeln kann. Wer ihn einmal bei den sogenannten „Investorentreffen“ des Bürgermeisters erlebt hat, auf denen er darstellt, wieso Fördermittel und Mietpreisbindung Unsinn sind und warum allein sein Wirtschaftsmodell für Potsdam gut ist, kann dies vielleicht nachvollziehen.

Sein „Bürgerbündnis“ ist deshalb schon lange kein Bündnis von Bürgerrechtler*innen mehr, es geht nicht um die Interessen der normalen Bürger*innen. Hier stellt sich die Interessenvertretung von Immobilienunternehmen zur Wahl.

Deshalb ist es wichtig zu wissen, wer Wolfhard Kirsch ist.



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