Stiftung Garnisonkirche im Kommunikationsnotstand

eine andere Perspektive; DER LINKE

Der Kommunikationsvorstand Wieland Eschenburg wandte sich per Brief an die SVV der Stadt (siehe unten). Der Brief ist ein Kommunikationsdesaster und an Dreistigkeit und inhaltlicher Plattheit kaum noch zu toppen. Hier unser Kommentar (Neufassung).

Die Stiftung Garnisonkirche, ihre Fördergesellschaft und ihre Claqueure von Mittenschön berufen sich allzu gern auf demokratisch gefasste Beschlüsse. Sie verweisen dann gern auf den SVV-Beschluss von 1990 zum Stadtumbau oder den von 2008, als die rot-schwarz-grüne Rathauskooperation beschloss, den OB der Stadt ins Kuratorium der Stiftung zu entsenden. Gern vergessen wird der Beschluss von 2014, der den OB aufforderte, selbige Stiftung aufzulösen.

Die Stadtpolitik befindet sich derzeit in der internen Meinungsbildung. Das Zwischenergebnis passt der Stiftung nicht und sie verweist in ihrem Brief auf mangelnde Beteiligung. Das ist interessant. In den letzten 20 Jahren beschwerten sich eher die Projektgegner*innen über mangelnde Beteiligung. Selbst die beiden Versuche einen Bürger*innendialog zum Themenkomplex Garnisonkirche/Rechenzentrum zu organisieren, scheiterten an der Verweigerungshaltung der Stiftung mit dem Verweis, sie müssen niemanden beteiligen oder Rede und Antwort stehen.

In der Anhörung des Hauptausschusses war die Stiftung vertreten. Auch Mitteschön mit Frau Kuster. Die Fördergesellschaft war einmal direkt mit Herrn Dombert und einmal indirekt mit Frau Zädow vertreten, denn die Superintendentin ist auch Kuratoriumsmitglied. Mehr Beteiligung der Pro-Seite geht kaum noch. Die Kirchengegner*innen war nur zu zweit.

Die Tatsache, dass der OB Schubert noch kurz vor dem Hauptausschuss seine Vorlage im Sinne der Stiftung Garnisonkirche ändert, führt ihn selbst vor. Damit macht er sich unglaubwürdig und handelt wenig souverän, denn er stellt ein bis dato faires, demokratisches Verfahren in Frage. Gleichzeitig billigt er einer Anhörungsteilnehmerin mehr Einfluss zu und etabliert die Stiftung (in dessen Kuratorium er sitzt) als Küchenkabinett.

Das die ursprüngliche Beschlussvorlage der Stiftung nicht passte, kann nachvollzogen und auch von ihr geäußert werden. Nur zu. Das ist normaler Lobbyismus. Immerhin wird der Kommunikationsvorstand Eschenburg genau dafür bezahlt.

Im aktuellen Brief der Stiftung werden vor allem zwei Dinge deutlich. Sie hat gar kein Interesse an einen gesamtstädtischen Dialog und einer alternativen Lösung für dieses Areal. Denn sie schreibt: „Die Bereitschaft der Stiftung, Anregungen aufzunehmen, … besteht weiter.“ Was nichts anderes heißt „Ihr könnt uns gern was erzählen, aber wirklich interessieren tut es uns nicht. Wir machen unser Ding.“ Deutlich wird auch, dass sie die Stadt als Teil der Stiftung nicht ernst nimmt. Die Stadt hat das Grundstück in die Stiftung eingebracht und dieses Grundstück fällt unter bestimmten Bedingungen auch an die Stadt zurück. 

Die Meinung der Stadtgesellschaft hat sich im Laufe der Jahre zum Komplex Garnisonkirche/ Rechenzentrum geändert. Das wird in jedem Bürgerhaushalt aufs Neue deutlich. Eine Stadt ist kein Museum, sondern eine sich entwickelnder Komplex.

Argumentativ flach wird es seitens der Stiftung bei der Polemik bezüglich des „Erhalts“ des Rechenzentrums. Völlig absurde Behauptungen und Dreistigkeiten kommen hier zum Tragen. Damit wird die innerliche Verfasstheit der Stiftung, deren Verachtung gegenüber der Nachbarschaft und ihr Selbstverständnis (über den Dingen stehend) deutlich.

Drei Beispiele:

Unter Punkt 5 steht: „Erhalt bedeutet, dass nur bei dauerhaft gesicherten Zuschüssen durch die Stadt die aktuellen Mietbedingungen gehalten werden könnten, d.h. Sanierung ist Zuschuss.“

Mehr Unkenntnis und Verleumdung geht kaum. Wenn keine Luxussanierung erfolgt und ggf. die späteren Nutzer*innen Eigenleistungen (wie z.B. Innenanstriche) übernehmen, kann laut Gutachten der ProPotsdam eine Warmmiete von 10 Euro warm erzielt werden. Der gleiche Preis wie heute. Das RZ wurde noch nie subventioniert und wird auch nicht zum Subventionsfall. Und selbst wenn, ist es schon sehr dreist, dass eine „Firma“ wie die Stiftung sich über Subventionen beschwert! Die Stiftung hat doch vollmundig erklärt, dass der Bau der GK-Kopie durch Spenden finanziert wird. Nichts da! Die Stiftung wirbt sogar mit der Subventionierung durch den Bund auf dem eigenen Briefkopf!

Selbst beim Turm finanzieren die öffentlichen Kassen mehrheitlich das Projekt. Das Bauvorhaben ist hoch subventioniert. Die öffentlichen Kassen haben bereits 100 Mio. Euro ausgegeben, um das Projekt zu stützen.  Davon sind mehr als 23 Mio. Euro direkte Zuwendungen durch diverse staatliche Geldgeber.

Die Dreistigkeit der Stiftung wird aber auch in einer anderen Aussage deutlich (Punkt 4): „Erhalt wird voraussichtlich ein völlig neues Erscheinungsbild im Inneren und vermutlich auch im Äußeren mit sich bringen, was mit in diesem Zusammenhang immer wieder benannter DDR-Architektur gewiss nichts mehr zu tun hat.“

Diese hypothetischen Aussagen erstaunen bei einer Firma, die gerade auf Basis von alten Zeichnungen und Fotografien ein Gebäude aus dem 18. Jahrhundert errichten will. Die Stiftung traut ihrem eigenen Architekten zu, einen originalgetreuen Wiederaufbau eines Barockbaus zu realisieren, aber anderen Architekt*innen nicht die Wiederherstellung einer Außenfassade eines noch bestehenden Gebäudes. Obwohl dort Bauzeichnungen und echte Originalteile vorhanden sind.

Wie sich das Gebäudeinnere entwickelt, kann der Stiftung doch ziemlich egal sein. Erstens ist davon auszugehen, dass bei einer Nicht-Luxussanierung daran wenig Strukturelles geändert wird. Andererseits ist es doch die Stiftung selbst, die im Inneren ihres Turms stark vom Original abweicht. Bei sich selbst soll es Konzept sein und beim RZ ein Frevel?

Die Aussage beim Punkt 3 ist Anlass zur Besorgnis. In welcher Stadt agiert die Stiftung überhaupt? Hat sie die Diskussionen um mangelnden Raum (Kreativraum/Freiraum…) überhaupt mitbekommen?

Selbstverständlich müssen die Nutzer*innen vorübergehend aus dem RZ ausziehen. Aber dies ist doch besser als der perspektivlose VERLUST von Raum. Immerhin hängt daran bei vielen Nutzer*innen die Existenz! Das neue Kreativquartier ist auch deshalb eine gute Ergänzung. Dort können sicherlich einige Nutzer*innen eine Bleibe für den Übergang finden. Denn langfristig wird das KreativQuartier vielen zu teuer. Genau deshalb ist der Erhalt des RZ so wichtig.

Falls sich die Stiftung wirklich Sorgen um die städtischen Sanierungskosten und zukünftigen Mietpreise im RZ macht und nicht nur Eigeninteressen folgt, dann sei der Hinweis erlaubt: die Sanierung des kompletten Gebäudes ist die wirtschaftlichste Variante. Sie spart die Abrisskosten und ermöglicht unter bestimmten Bedingungen Warmmieten von 10 Euro. Diese Variante hat der OB Schubert  mit seinem Einknicken gegenüber der Stiftung nun deutlich erschwert. Das ist enttäuschend.

Hier der Brief der Stiftung Garnisonkirche:

Nachtrag: Das Büro der Stadtverordnetenversammlung lies mitteilen, dass das  Schreiben der Stiftung Garnisonkirche von dieser zurückgezogen wurde. Dass verwundert nicht, wenn doch der OB auf wesentliche Änderungswünsche auf Basis einer solchen kommunikativen Bankrotterklärung eingegangen ist. Er hat dem Hauptausschuss eine geänderte Tischvorlage vorgelegt. 

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