Zurück in die Vergangenheit

die neue Potsdamer Bodenpolitik ist eher ein Schritt zurück

Wir dokumentieren:

Stellungnahme des Netzwerkes „Stadt für alle“ und der Beratungsgruppe des Mietshäusersyndikats zur Ausschreibung der ProPotsdam GmbH in der Lenne`- Straße.

In Potsdam wird seit einigen Monaten intensiv über eine neue Bodenpolitik diskutiert.
Am Beispiel der Ausschreibung der ProPotsdam GmbH für ein Grundstück in der Lenne´ – Straße 54/ 55 zeigt sich nun – nichts hat sich geändert.

Während die Stadt und die ProPotsdam die Vergabe als Modell für neue Wege der Bodenpolitik verkaufen, erklären gleich zwei Projektgruppen detailliert, warum es für soziale Gemeinschaftsprojekte unmöglich ist, sich auf eine solche Ausschreibung zu bewerben.

Damit setzt sich in Potsdam eine traurige Reihe gescheiterter Gemeinschaftsprojekte fort. Allein in den letzten 2 Jahren waren dies der Verein Machbarschaften, der sich vergeblich um das Objekt Goethestraße bewarb (das Grundstück steht bis heute leer), die Mieter*innengruppe der Wollestraße, die vergeblich versuchte, ihr eigenes Haus als Syndikatsprojekt zu erwerben und die Hausgruppen Panama und Chateau de p., die gleich mehrmals mit Bewerbungen auf Ausschreibungen scheiterten.

Das da in Potsdam was gewaltig schief läuft, war schon in den zwei Jahren des großen Forschungsprojektes „Gemeinschaftlich Wohnen“ zu spüren, an dem merkwürdigerweise die Stadt Potsdam beteiligt war: https://projekt.izt.de/gemeinschaftlich-wohnen/

Während die Forscher*innen und Expert*innen immer neue wissenschaftliche Belege dafür darlegten, wie wichtig Formen gemeinschaftlichen Wohnens für Städte sind, passierte in Potsdam – nichts.

Während die beteiligten, bereits bestehenden Projekte wie das Projekthaus Potsdam darlegten, wie sich sich selbst ihre Häuser erkämpften, häuften Stadt und ProPotsdam immer neue Hindernisse auf, an denen neue Gemeinschaftsprojekte scheitern mussten.

Am 10. Dezember 2020 gab es in Potsdam eine Onlinetagung „Werkstatt Bodenpolitik“.
Hier sollten die neuen Leitlinien zur Bodenpolitik und für Grundstücksverkäufe diskutiert werden.

Auch hier das gleiche Bild wie beim beschriebenen Forschungsprojekt.

Während alle geladenen Expert*innen wie Professor Bunzel/ DIFU, Frau Senner/ Projektleiterin Erbbaurecht auf neue, moderne und soziale Instrumente der Bodenpolitik verwiesen, für die Anwendung von Erbbaurechten, von Konzeptvergaben und Bodenbevorratung plädierten, erklärte der Beigeordnete Bauen in Potsdam, Herr Rubelt, die Anwendung des Erbbaurechts würde in Potsdam kaum möglich sein.
Während die Expert*innen auf Städte wie Ulm, Münster und München verwiesen, wo gar keine kommunalen Grundstücke mehr verkauft werden, neue Quartiere für den Wohnungsbau nur noch aufgelegt werden, wenn der Boden dort in kommunalen Besitz ist, auf Erbbauzinsen von 2 % (entsprechend dem Liegenschaftszins) oder gar 0 % verwiesen, wenn soziale Interessen der Städte damit verwirklicht werden können, bewies Pete Heuer, immerhin für die SPD Vorsitzender der Stadtverordnetenversammlung im Chat, dass er sich mit dem Thema noch gar nicht beschäftigt hat.

Schließlich wurde dann mehrmals auf die aktuelle Ausschreibung der ProPotsdam GmbH zu den Häusern in der Lenne`- Straße 54/55 verwiesen. Hier probiere man modellhaft aus, wie eine Konzeptvergabe nach Erbbaurecht funktionieren könnte.

Nun stellt sich raus: So funktioniert das ganz bestimmt nicht.

Ein Blick in die Ausschreibung zeigt, wie widersprüchlich und unsinnig diese ist.

Da wird einerseits von einer Konzeptvergabe gesprochen, andererseits ein Erbbauzins als Mindestgebot genannt und die Vergabe zu 50 % daran geknüpft, wer den höchsten Erbbauzins bietet. Das ist nicht anderes, als die Rückkehr zum Höchstgebotsverfahren durch die Hintertür.
Sinnbildlich ist auch ein anderes Detail der Ausschreibungskriterien. Für „Soziale und inkludierende Ansätze“ kann man als Bewerber gerade mal 0 – 5 Punkte erreichen.

Die Kosten für die Gebäude, die Sanierungskosten, das gewünschte nachhaltige Bauen und eben der geforderte Erbbauzins bringen schließlich rein mathematisch ein klares Ergebnis: Hier kann kein Bewerber Mieten erzielen, die für die Mehrheit der Menschen in dieser Stadt bezahlbar wären.

Vor allem der Mindestzinssatz von 68.000 €/ Jahr = 4 % Erbbauzins ist nach den vielen Debatten und Erfahrungen aus anderen Städten eigentlich eine Unverfrorenheit!

Was bleibt, ist das nächste Scheitern eines Traums, in Potsdam tatsächlich soziale Gemeinschaftsprojekte umsetzen zu können. Zwei Gruppen von Menschen, zu denen ganz viele Akteure sozialer und kultureller Einrichtungen dieser Stadt gehören, erklären: So ist das nicht umsetzbar, wir können uns darauf nicht bewerben. Selbst ein Wegzug aus der Stadt steht jetzt zur Diskussion.

Wann endlich nimmt die Stadt Potsdam und ihre kommunale Gesellschaft ProPotsdam die Bedürfnisse ihrer Bürger*innen wirklich ernst?

Wann endlich nutzt die Stadt Potsdam wirklich ernsthaft die vielen neue Instrumente der Bodenpolitik, die in vielen anderen Städten längst Alltag sind und erzeugt nicht nur Luftblasen auf Konferenzen?

Wann endlich hört man sich in Potsdam die vielen Ratschläge und wissenschaftlichen Erkenntnisse aus DIFU, ITZ, Plan & Praxis und vielen mehr nicht nur an, sondern nimmt sie wirklich ernst und setzt sie um?

Wann macht Potsdam wirklich eine neue soziale Bodenpolitik, statt zurück in die Vergangenheit zu gehen?

Netzwerk „Stadt für alle“
Mietshäusersyndikat Potsdam

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