Weibliche Führerliebe … und die Hohenzollern-Frauen

Bisher unbekannte Geheimdienstberichte der amerikanischen Journalistin Sigrid Schultz zeigen, wie sehr sich auch die Frauen aus der kaiserlichen Hohenzollern-Dynastie für den Aufstieg des Nationalsozialismus engagierten. Die taz hat dazu einen exklusiven Beitrag von Karina Urbach in der Wochenendausgabe (30./31.01.2021 Seite 12/13). Schön, dass wenigsten international an dem so deutschen Thema gearbeitet wird, während hier die Kulissen der Hohenzollernherrschaft als Akt der Versöhnung hochgezogen werden.

Die taz erklärt uns, dass Sigrid Schultz ein Doppelleben führte. Bei einen Bombenangriff 1941 wurde sie verletzt. Von Berlin kehrte sie darauf hin in die USA zurück. Als ausgewiesene Kennerin des NS-Regimes war sie jetzt eine ideale Quelle für den amerikanischen Geheimdienst. Sie fing an, Berichte über NS-Persönlichkeiten zu schreiben, darunter auch die Hohenzollernfrauen. Danke Sigrid.

Die oben zitierte Cecilie von Preußen war die Ehefrau von Kronprinz Wilhelm. Der steht laut Meinung zahlreicher Historiker*innen im Verdacht, dem Nationalsozialismus aktiv Vorschub geleistet zu haben. Für die juristische Aufarbeitung der Frage um die „erhebliche Vorschubleistung“ des Kronprinzen spielen Ehefrau Cecilie, seine Schwester Viktoria Luise und die Stiefmutter Hermine keine Rolle.

Doch für Historiker*innen und die gesellschaftliche Debatte sind die Frauen und ihre Aktivitäten wichtig. Die taz schreibt „Wenn man sich mit den internen Mechanismen von Adelsfamilien beschäftigt, erkennt man schnell, dass nach außen hin zwar der Chef des Hauses entscheidet, dass aber hinter den Kulissen Geschwister und Ehefrauen ebenfalls eine einflussreiche Rolle spielen können. Die hoch ambitionierten Frauen der Hohenzollern waren hier keine Ausnahme.“

Wir erfahren auch, dass sich die Kronprinzessin Cecilie schon früh in den nationalistischen Frauenverbänden engagierte. Sie übernahm beispielsweise die Schirmherrschaft des 1923 gegründeten Königin-Luise-Bundes. Nach ihr ist der Luisenplatz in Potsdam benannt. Eine Umbenennung in „Platz des 4. November“, zur Würdigung der revolutionären Umbrüche 1989, würde kürzlich von der SVV abgelehnt. Dieser Königin-Luise-Bund schloss „Jüdinnen und andere Fremdrassige“ von der Mitgliedschaft aus, „um die Reinheit der Rasse“ zu gewährleisten. Der Bund war Stammgast in der Garnisonkirche Potsdam. Es fanden Festveranstaltungen und Landesverbandstage dort – im Heiligtum des preußischen Militarismus – statt. Im Mai 1933 schwor Cecilie 20.000 Zuhörerinnen ihres Bundes mit markigen Worten auf den Führer ein: „So bringen wir nationalen Frauen … die sich von nun an in breiter Front zusammengeschlossen haben, unserem Reichskanzler Adolf Hitler unseren von Herzen kommenden Dank dafür, daß wir unter seinem Schutz unsere vaterländischen Aufgaben ungehemmt erfüllen dürfen.“ Mit dieser Rede knüpfte sie nicht nur an die Äußerungen ihres Stiefvaters an, der bereits Jahre zuvor gegen jüdisches Leben hetzte**, sondern sie baute eine Brücke zwischen Adel und anderen konservativen Kräften, Nationalisten und dem faschistischen Nationalsozialismus.

Wie Frau Urbach im taz-Beitrag darstellt, war Cecilie nicht die einzige Hohenzollernfrau die freudig dem Führer zuarbeitete. „Kaiserin Hermine und die Schwester des Kronprinzen, Viktoria Luise, hatten die NSDAP schon sehr viel früher entdeckt. Das zeigen bisher unbekannte Berichte von Sigrid Schultz.“

Mehr zu den Hohenzollern-Frauen und zu Sigrid Schultz im taz-Beitrag der sich im taz-Archiv u.a. mit dem Stichwort „Führerliebe“ leicht auffinden lässt. Besonders spannend erscheinen auch die Berichte von Sigrid Schultz über Viktoria Luise und das Wirken dieser beiden Frauen in der  Nachkriegszeit sowie in Nachkriegsdeutschland, der heutigen Bundesrepublik Deutschland. Ein Trauerspiel.

Karina Urbach, Historikerin forscht in Princeton. Am 3.2.2021, beim Online-Fachgespräch „Keine Sonderrechte für den Adel“ der Grünen-Bundestagsfraktion wird sie neben ihren Kollegen Eckart Conze, Stephan Malinowski und Sophie Schönberger einen Gastbeitrag abgeben. Wer dabei sein will, kann sich hier anmelden: https://www.gruene-bundestag.de/termine/keine-sonderrechte-fuer-den-adel

**siehe Antisemitismus bei den Hohenzollern – Potsdam – Stadt für alle (potsdam-stadtfueralle.de)

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