Zahlerspielerei um Krampnitz

Der von der Stadt Potsdam groß angekündigte und gefeierte Bau von 200 „preisgedämpften Wohnungen“ in Krampnitz ist ein PR – Gag für Menschen mit Rechenschwäche und schlechtem Gedächtnis.

„Der vorliegende Entwurf zeigt nun auf, wie die Deutsche Wohnen auf ihren Grundstücken durch eine behutsame Verdichtung mit Neubauten und unter Berücksichtigung städtebaulicher, denkmalpflegerischer und wirtschaftlicher Gesichtspunkte frühzeitig preiswerte Wohnungen bauen könnte“, jubelt Oberbürgermeister Mike Schubert in der Pressemitteilung der Stadt (Quelle: https://www.potsdam.de/20-preiswerter-wohnraum-fuer-krampnitz)
Mal wieder scheinen sich alle einig in Potsdam: Stadtpolitik, Verwaltung, Entwicklungsträger und natürlich der Immobilienkonzern Deutsche Wohnen.

Alles in Ordnung also?

Im Gegenteil.

Die ganze Geschichte der Verhandlungen mit der Deutschen Wohnen steht symbolisch dafür, wie sich die Politik in Potsdam immer wieder von Immobilienunternehmen über den Tisch ziehen lässt und kennt bis heute nur einen Gewinner: Die Deutsche Wohnen.

Dann stellen wir die ganze Zahlenspielerei mal von Anfang an vor.

Nach einer Serie von Skandalen um die Entwicklung von Krampnitz – Stichwort TG Potsdam – verkaufte der Entwicklungsträger Potsdam GmbH – Achtung: Natürlich eine Tochter der ProPotsdam GmbH! – im Jahr 2017 25 ha der Fläche in Krampnitz an die Deutsche Wohnen. Der damals gezahlte Ausgleichsbeitrag von 46,6 Mio. € schien Kritiker*innen schon damals als viel zu gering. Nachgerechnet hat die Deutsche Wohnen also 186,40 €/ m² für die Flächen in Krampnitz bezahlt. Zum Vergleich: Der heutige durchschnittliche Bodenrichtwert für Krampnitz beläuft sich auf 421,45 €/ m²! (Quelle: https://www.miete-aktuell.de/bodenrichtwert-grundstueckspreise/Potsdam/Potsdam/Krampnitz/ – jetzt schon eine schöne Wertsteigerung.

2017 versprach die Deutsche Wohnen, 1.400 Wohnungen in den meist denkmalgeschützten Gebäuden errichten.
Die Stadt freute sich über eine mündliche Zusage, dort Mieten von höchstens 8,50 € „anzustreben“. Forderungen nach schriftlichen oder gar rechtsgültigen Vereinbarungen lehnten beide Seiten damals ab – Potsdam vertraute „dem bewährten Partner“ und der damalige Oberbürgermeister J. Jacobs freute sich über „bezahlbaren Wohnraum“.

Im letzten Jahr wagte man sich dann mal nachzufragen, wie das nun sei mit den versprochenen bezahlbaren Mieten in Krampnitz. Und siehe da: Die Deutsche Wohnen hatte sich von solchen Mieten längst verabschiedet. Festlegen mochte sich Vorstand M. Zahn auch diesmal nicht. Nur soviel: „In Berlin sind wir beim Neubau bei Mieten von 14 oder 15 Euro pro Quadratmeter“ aber, man werde „keine Spitzenmieten“ verlangen, verriet der der MAZ am 5.10.2021. Dazu kämen die schwierigen Sanierungen in den denkmalgeschützten Bauten – was der Deutschen Wohnen erst 4 Jahre später aufgefallen war. Wir reden also über eine Erhöhung der angestrebten Nettokaltmiete um das Doppelte.

Jetzt war sogar die Stadtpolitik alarmiert. Nach dem Desaster um die Straßenbahnanbindung, dem Wegfall der Förderkulisse und dem nicht einhaltbaren Versprechen zur nachhaltigen Wärmeenergieversorgung jetzt auch noch höhere Mieten.
Das rief all diejenigen auf den Plan, die heimlich ausgehandelte und öffentlichkeitswirksam präsentierte Deals mit Immobilieninvestoren als ihr Politikmodell verstehen.
Aber was könnte man der Deutschen Wohnen anbieten, damit sie wenigstens noch ein paar bezahlbare Wohnungen bauen würde?
Darum drehten sich also die Verhandlungen der letzten Monate, deren Ergebnisse nun freudestrahlend präsentiert wurden.

Dann schauen wir uns mal die Ergebnisse im Detail an.
Die Deutsche Wohnen darf nun mehr bauen – insgesamt 1.800 Wohnungen. Inzwischen ist es sogar möglich, Eigentumswohnungen zu bauen: https://www.pnn.de/potsdam/neuer-potsdamer-stadtteil-rund-200-preiswertere-wohnungen-in-krampnitz/27880170.html Man braucht kein Mathematikexperte zu sein, um auszurechnen, dass der Bau von mehr und Eigentumswohnungen auf der gleichen Fläche natürlich eine erhebliche Wert – und Einnahmesteigerung bedeutet.
Dazu kann die Deutsche Wohnen auf ihrer Fläche weiter verdichten und jetzt auch neu bauen.
In diesen Neubauten – so hat sie in dem Deal zugesagt, würden 200 Wohnungen mit „preisgedämpften“ Mieten entstehen – was immer das sein soll. Ein Rechtsbegriff ist es nicht, Wohnungen mit Mietpreis – und Belegungsbindungen sollen es auf jeden Fall nicht werden. Öffentlich war in der PNN schon mal die Rede von Mieten in einer Höhe von 10,50 €/m² und eventuell ein Drittel der 200 Wohnungen für 7,50 €/ m².
Zusammengefasst: Von den 1.800 Wohnungen könnten am Ende 65 Sozialwohnungen werden!
Was für ein Erfolg!
Logisch, dass sich die Deutsche Wohnen eine solche Zusage einiges kosten lässt.

Das hat in dem Deal die Stadt zugesagt:
Die Deutsche Wohnen kann in einem Teil der Gebäude statt Wohnungen nun Gewerbe bauen. Da Gewerbemieten wesentlich höher sind und bisher auch nicht vom Mietrecht reguliert werden ist auch das eine richtig gute neue Einnahmequelle für den Immobilienkonzern.
Außerdem kann sie endlich ein paar der Gebäude an den Entwicklungsträger zurückgeben, die in der denkmalgerechten Sanierung auch nach den Gutachten der eigenen Experten viel zu teuer geworden wäre. Jetzt darf sich wieder die Stadt Potsdam daran die Zähne ausbeißen bzw. das Geld ausgeben.
Spekuliert werden kann außerdem, ob die Unterstützung der geplanten Investitionen der Quarterback Immobilien AG – ebenfalls ein Unternehmen der Deutschen Wohnen auf der Insel Nedlitz in Fahrland – jenem Nadelöhr auf den Weg nach Krampnitz – heimlicher Teil dieses Deals ist. Dies vermutet auch die Bürgerinitiative „Rettet die Nedlitzinsel“.

Zusammengefasst bedeutet dies: Für die – bisher wieder nur mündliche Zusage – in rund 4 %!! ihrer Wohnungen nun „bezahlbare Wohnungen anzustreben“ darf die Deutsche Wohnen 400 Wohnungen mehr bauen, Gewerbe – statt Wohnraum bauen und die teuersten Gebäude der Stadt überhelfen.

Da werden in den Vorstandsetagen wohl die Sektkorken geknallt haben.

In der Stadtpolitik und der Verwaltung wird man sich wie üblich auf die Schulter klopfen und hoffen, dass die Potsdamer*innen nicht rechnen können und keine Erinnerung mehr an diese traurige Geschichte mehr haben.

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