Wem gehört Potsdam? – heute: Michael Zeligman und die Conzept Oil Services Limited

Seit ein paar Wochen kennen wir den Menschen, der in Potsdam eines der größten städtebaulichen Projekte – den IT Campus auf dem ehemaligen RAW – Gelände finanzieren will und inzwischen auch verkündet hat, weitere große Wohn – und Gewerbeprojekte in der Innenstadt umsetzen zu wollen.

Es geht um den gebürtigen Letten, Weltenbürger und Ölhändler Michael (rus. Mikhail) Zeligman.

Entgegen seiner Befürchtungen beleuchten wir aber nicht den Menschen Zeligman – seine Familie in London, Monaco, Moskau, Hongkong oder sonst wo kann da ganz beruhigt sein. Uns geht es darum, wer hier in Potsdam in solchen Größenordnungen mit welchem Geld investiert, dass es Auswirkungen auf ganze Stadtteile hat und das Bild dieser Stadt verändern wird.

Dazu haben wir in den letzten Wochen wieder viel recherchiert und vor allem unsere Freund*innen in Russland angesprochen, um dortige Originalquellen zu finden und zu übersetzen. Dies erklärt auch die sprachlichen und grammatikalischen Besonderheiten in den vielen Zitaten. Die konkreten Quellen werden immer mit benannt.

Hier sind die Ergebnisse.

Aber eigentlich könnten wir auch ausschließlich auf die Interviews in MAZ und PNN zurückgreifen. Sie waren entlarvend genug. Leider haben beide Zeitungen – wie gehabt – nicht konsequent nachgehakt.

Es ist schon bemerkenswert in Zeiten von Finanzskandalen, Panama – Papers oder Cum – Ex – Geschäften solche Aussagen lesen zu können:

– „In der heutigen Zeit sind die Regeln im Finanzsektor sehr streng.“
– „Zypern ist Mitglied der Europäischen Union.“
– „Es gibt all diese Regeln bei Transaktionen in unserer heutigen Finanzwelt. Wenn an diesen Vorwürfen irgendetwas wahr wäre, hätten die deutschen Banken, Rechtsanwälte und Behörden, mit denen wir arbeiten, das sofort gemerkt.“
– „Ich bin ein steueroptimierter Mensch, deshalb lebe ich auch in Monaco.“

Wir haben uns von solchen Aussagen aber nicht blenden lassen, sondern bei Firmenkonstrukt Conzept Oil Services Limited genauer hingeschaut.

Concept Oil Services wird von Forbes 2016 als die Nr. 10 im Geschäft mit russischem und kasachischem Erdöl und Erdölprodukten und als „Schwarzes Pferd (eher Schaf) unter den Käufern russländischen Öls“ bezeichnet.
Gegründet wird Concept Oil Services 2003 in Moskau. Dabei bleibt in allen Dokumenten vollkommen im Dunkeln, woher die Geldgeber für ein solches – wenig später milliardenschweres – Unternehmen kommen.

Das https://warsawinstitute.org/largest-russian-oil-buyers/ meint: „Die hohe Position des Concept Oil Services-Händlers, der in Hongkong registriert ist, aber verborgenen Eigentümern aus Russland gehört …“
Und: „Bundesbeamte und ein russischer Ölhändler erklärten gegenüber Forbes, dass das Concept Oil möglicherweise „eng mit dem Energieministerium verbunden“ sei. „Auf dem Papier hat natürlich keiner der Nutznießer“, sagte einer von ihnen. „Direkte Eigentümerschaft ist nicht erforderlich. Es gibt solche in ähnlichen Unternehmen, die einen Teil der Gewinne“ verbannt „und die“ tragen werden „. http://rusletter.com/articles/sechins_affairs_history_of_the_privatization_of_the_year

Alle verfügbaren Quellen gehen davon aus, das Concept Oil Services eine sogenannte NOC – Gründung war. Dabei versuchen staatlichen Angestellte aus Ministerien – hier vor allem aus dem russischen Energieministerium, sich Anteile am Ölgeschäft zu sichern, indem sie „kleinere“ Ölhandelsfirmen gründen, die über keine eigenen Ölfelder verfügen, sondern ausschließlich mit Ölprodukten aus Russland handeln, dabei mit den ganz Großen der Ölbranchen zusammen arbeiten und gleichzeitig Offshore – Konstrukte nutzen. Genannt werden hier meist und vor allem Lukoil und Bashneft, aber auch Transneft.

Novaja Gaseta schreibt: „In lokalen Medien wurde unter Berufung auf Quellen des Ölkonzerns PNK Orlen berichtet, dass einige Beamte des Energieministeriums angesichts der Aussicht auf den Abschluss von Verträgen mit großen, vertikal integrierten russischen Ölkonzernen empfohlen hätten, als Händler, dh als Vermittler, wenig bekannte Unternehmen auf dem Markt zu wählen – die Cypriot Flontrano Trading Limited und Hong Kong Concept Oil Services. Polnische Journalisten wiesen darauf hin, dass diese Firmen möglicherweise mit den Interessen von Michail Arustamow zu tun haben, einem ehemaligen Berater des Präsidenten von Transneft.“ – https://www.novayagazeta.ru/articles/2014/04/23/59322-biznes-151-malyy-truba-151-bolshaya


Und weiter: „2003 gründete er (M. Zeligman) Concept Oil, um Öl und Ölprodukte nach Europa, Russland und Kasachstan zu liefern. Er hatte enge Beziehungen zu Lukoil und dem Energieministerium. Forbes fand heraus, wo Concept Oil enge Beziehungen zum Energieministerium unterhalten könnte. https://www.vedomosti.ru/economics/articles/2017/02/02/675862-sud-transfertnimi-tsenami

Dieses System scheint ziemlich profitabel für alle Beteiligten zu sein: „Ölspezialisten, die es geschafft haben, mit Novaya Gazeta zu sprechen, erklärten, dass der Verkauf von Öl auf dem Inlandsmarkt nicht so rentabel ist wie der Export. Das größere Unternehmen ist daher mit der Situation sehr zufrieden, wenn vertikal integrierte Ölunternehmen drei Viertel ihrer Produktion exportieren. Darüber hinaus entfällt die Hauptrendite aus dem Export von Rohstoffen nicht auf NOKs, sondern auf deren Offshore – Unternehmen. Angesichts der Preisunterschiede auf dem Inlands- und Auslandsmarkt sowie der Vorzugsbesteuerung bei Offshore – Unternehmen kann der Gewinn eines Unternehmens wie Concept Oil 7 bis 8 USD pro Barrel Öl oder 52 bis 59 USD pro gepumpter Tonne betragen, was zweistellige Erträge in Millionen US-Dollar bedeutet… Wer bekommt letztendlich dieses Geld? Höchstwahrscheinlich gehen einige von ihnen an Mitarbeiter von Abteilungen und Institutionen, die unter ihrer Kontrolle stehen, als Bezahlung für Dienstleistungen zur „Belieferung“ von Kunden, und einige gehen an die direkten Begünstigten von Offshore – Unternehmen.“ – sagt wieder die Zeitung Novaja Gazeta.

Jetzt wird auch deutlich, dass die Hinweise auf Zypern und andere Steuerparadiesen kein Zufall sind. Während Michael Zeligman in der PNN sagt: „Darf ich Sie daran erinnern, dass Zypern ein EU-Mitglied ist?“ wird in den Recherchen klar, die Beziehungen nach Zypern sind schon viel länger da: „Die Erfolgsgeschichte von Flontrano Trading Limited und Concept Oil Services begann im Fernen Osten. Ein zypriotisches Unternehmen kaufte Öl von unabhängigen Produzenten im Hafen von Primorsk (was die Exportverträge mit Gunvor und Vitoil überraschend unterbrach), und ein Vermittler aus Hongkong drehte … im Hafen von Kozmino um und veranlasste auch den Export von NOC-Produkten. Bald lieferte Concept Oil Öl an kleine Ölfirmen aus Tatarstan nach Deutschland.“ schreibt die Novaja Gazeta.

Ein sehr bemerkenswertes Schlaglicht auf die Geschäfte von Concept Oil Services wirft der Fall „Dulisma“.
Dies ist ebenfalls ein Unternehmen, was sehr eng mit der Ölbranche in Russland verbunden ist. Gleichzeitig gehört es laut http://johnhelmer.net/the-khotin-pyramid-how-the-yugra-bank-was-emptied-of-cash-in-loans-to-the-dulisma-rusoil-group-and-the-oil-cash-including-tax-cheating-piped-offshore/ zum Imperium des Oligarchen Alexei Khotin, der die Yugra Bank in den Ruin trieb, einer der größten Korruptionsskandale der jüngeren russischen Geschichte.

In der gleichen Quelle heißt es zu diesen Geschäften: „Das RBK – Geschäftsportal berichtete im Jahr 2015, dass es der Dulisma-Firma der Familie Khotin gelang, Exportvorteile schneller als Lukoil zu erzielen, und dass die Höhe der nicht eingenommenen staatlichen Einnahmen, wenn diese Vorteile bis 2033 beibehalten würden, 92,5 Milliarden Rubel erreichen könnte. Umso überraschender ist es, dass Dulisma zur gleichen Zeit Öllieferungen exportierte und die Gelegenheit, den Staat zu betrügen, nicht verpasste. Zu unserer Verfügung steht ein Bericht über eine groß angelegte Untersuchung des Föderalen Steuerdienstes Russlands in Bezug auf zwei Lieferungen, die Dulisma im Jahr 2012 zugunsten des Ölhändlers Concept Oil Services Limited (Hongkong) durchgeführt hat. Wie die Steuerbehörden herausfanden, wurde der Verkaufspreis des Öls künstlich um eine Milliarde Rubel unterbewertet.“

Michael Zeligman klagte im Übrigen schließlich wegen Betrugs gegen Dulisma. Damit tauchte sein Name zum ersten Mal in der Öffentlichkeit auf und ist seitdem ein ganz wenig bekannter.

Alle unsere Recherche zeigen, dass Concept Oil Services ein Unternehmen ist, was wahrscheinlich unter Einfluss von Funktionären aus dem Energieministerium Russlands gegründet worden ist – „Ein Beamter auf Bundesebene und russländischer Ölhändler berichtete Forbes, das Concept Oil „enge Kontakte zum Energieministerium“ habe.“ sagt zum Beispiel auch http://www.moscow-post.su/politics/bikfordov_shnur_dlja_novaka28138/

Gleichzeitig ist Concept Oil Services eng verbunden mit vielen russischen Ölkonzernen, denen selbst in Russland Korruption und Geldwäsche vorgeworfen wird und vielen europäischen Ölkonzernen: „„In der Empfängerspalte für Frachtbriefe für die im Jahr 2012 an CONCEPT OIL SERVICES LIMITED ausgeführten Waren waren BNB PARIBAS (SUISSE) SA, BRÜSSEL, SOCIETE GENERALE PARIS, ZÜRICH, BRÜSSEL, GENF. Die für das Entladen angegebenen Häfen befanden sich in folgenden Ländern: Japan, China, Südkorea, Thailand, USA und Indonesien.“, sagt http://www.trust.ua/news/141161-osnovnye-pokupateli-nefti-rossii-kto-oni.html

Weitere Verbindungen werden hier deutlich: „Aber die „Bashneft“ Verträge waren größer. Im Jahr 2015 wurden 19,9 Millionen Tonnen Öl gefördert, von denen 6,7 Millionen Tonnen exportiert wurden, der Rest ging in die Verarbeitung. Laut Forbes entfiel mehr als die Hälfte der Öllieferungen (3,8 Millionen Tonnen) auf zwei wenig bekannte Ölhändler Normeston und Concept Oil. Diese Händler sind 2013, also vor der Verstaatlichung, zu Hauptabnehmern von „Bashneft“ geworden. Normeston registriert in Belize und die Concept Oil – in Hong Kong.“, schreibt http://rusletter.com/articles/sechins_affairs_history_of_the_privatization_of_the_year .

Ein erstes Fazit

Mit Michael Seligmann kommt kein harmloser Familienmensch nach Potsdam, der die Stadt einfach „schön“ findet.
Hier kommt der Vertreter eines Unternehmens, das eng mit der russischen Oligarchie, der russischen Erdölindustrie verbunden ist nach Potsdam, der Geld in der Immobilienwirtschaft anlegen will, was auf ganz anderen Kanälen erwirtschaftet worden ist. Die „Steueroptimierung“, von der er selbst spricht, ist gut belegbar, die Verbindungen nach Zypern überhaupt kein Zufall.
Und es ist ganz deutlich: Wir können überhaupt nicht wissen, woher das Geld von Michael Zeligman kommt, vor allem, wer das Startkapital für Concept Oil eingebracht hat und was damit für andere Geschäfte gemacht werden.

Mindestens kommt es aus ziemlich undurchsichtigen Quellen und dient ganz sicher nicht dafür, Potsdam „schöner“ zu machen.

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Ein Kommentar

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