Wer macht eigentlich Stadtpolitik?

BürgerInnen fordern das Vorkaufsrecht juristisch sicher zu gestalten!

Wieder einmal stellt ich die Frage, wer in Potsdam eigentlich Stadtpolitik macht.
Im Fall der möglichen Verdrängung der Mieter*innen in der Wichgrafstraße 11 in Babelsberg hat die Verwaltung ihre Einschätzung vorzeitig und ohne weitere Prüfung öffentlich gemacht: Es gäbe keine rechtssichere soziale Erhaltungssatzung in Potsdam. Das ist so, als wenn sie dem Eigentümer auf dem Silbertablett mitteilt: Mach doch, verkauf einfach zum Spekulationspreis.

Wir dokumentieren die Stellungnahme der Mieter*inneninitiative:

„Im März 2019 hat die Stadtverordnetenversammlung den Oberbürgermeister Mike Schubert beauftragt zu prüfen, ob die Stadt exemplarisch bei dem Verkauf der Immobilie Wichgrafstraße 11 in Babelsberg das Vorkaufsrecht ausüben kann. In der letzten Sitzung des Hauptausschusses am 18.09.2019 wurde das Ergebnis der juristischen Prüfung vorgetragen. In dieser wurde die Ausübung des Vorkaufsrechtes im Falle der Wichgrafstr. 11 für „unwahrscheinlich“ befunden. Die Erhaltungssatzung sei von 1992, sodass angenommen werden müsse, dass die schützenswerte Bevölkerungszusammensetzung dieser Zeit nicht mehr besteht. Gleichzeitig wird argumentiert, dass nicht ermittelt werden könne, ob die Erhaltungssatzung greift, da seit 1992 keine entsprechenden Daten zur Bevölkerungszusammensetzung in Babelsberg erhoben worden sind.

Wir sind der Ansicht: Die politisch Handelnden dürfen sich auf dieser Einschätzung nicht ausruhen. Das Vorkaufsrecht bleibt weiterhin ein unverzichtbares Instrument bei der wohnungspolitischen Steuerung. Viele Städte mit weniger Segregationsdruck als Potsdam setzen dies bereits erfolgreich ein. Es ist an der Zeit, dass auch Potsdam sich in eine rechtssichere Position bezüglich der Ausführbarkeit des kommunalen Vorkaufsrechts begibt.

Dazu müsste man zum einen die etwa für Babelsberg-Nord bisher bestehende Erhaltungssatzung bzw. ihren „verbalen Nebenaspekt“ – den Milieuschutz – so ausformulieren, dass die von Gentrifizierung bedrohte Bevölkerung geschützt werden kann. Gleichzeitig gilt es, für alle anderen Stadtteile Potsdams solche Satzungen zeitnah auf den Weg zu bringen.

Zum anderen ist es dringend geboten, die dafür für die unterschiedlichen Stadtgebiete notwendigen, bisher aber versäumten Datenerhebungen schnellstmöglich nachzuholen.

In ihrer Kooperationsvereinbarung haben sich SPD, Grüne und Linke verpflichtet, die soziale Zusammensetzung unserer Stadt zu sichern und eine breite gesellschaftliche Durchmischung aller Stadtquartiere zu gewährleisten. Dazu sollen Sozialerhaltungssatzungen, Milieuschutzsatzungen, Vorkaufsrechte, Erbbaupacht und Umnutzungsverbote angewendet werden. Die Umsetzung dieser Ziele geht entweder schleppend oder gar nicht voran und betrifft auch nur einzelne Stadtgebiete.

Wir fordern, dass der in der Kooperationsvereinbarung formulierte politische Wille durch konkretes Handeln umgesetzt wird. Es geht jetzt darum, schnell rechtssichere Instrumente zu finden, um die Bevölkerung gegen Entmietung, Verdrängung und Ausgrenzung zu schützen!

Für die Wichgrafstraße 11 stellt sich die Frage, ob die Stadtpolitik die Einschätzung der Verwaltung mitträgt oder bereit ist, ein Zeichen zu setzen und schon jetzt das Instruments des Vorkaufsrechts ernsthaft in Erwägung zu ziehen.

Für die ganze Stadt ist ohnehin klar: Es braucht Lösungen für morgen – schon heute!

Wir alle – Einzelpersonen, Initiativen, Stadtverordnete – müssen uns in ganz Potsdam zusammenschließen. Gemeinsam fordern wir diese politischen Ziele ein!

Damit Potsdam eine Stadt für alle bleibt!

Stadt für alle und BewohnerInnen der Wichgrafstraße 11

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