Humboldtforum ehrt rechtsradikalen Großspender

Ein Beispiel wie Rechtsradikale und Rechtskonservative durch ihre Spenden Baupolitik und Erinnerungskultur beeinflussen.

Im Humboldtforum wird der Großspender Erhardt Bödecker mit einem Medaillon geehrt, der rechtsradikale Ansichten vertrat und sein Preußenbild mit antisemitischen und antidemokratischen Positionen verband. Zudem besteht der Verdacht, dass er für die Durchsetzung der Rekonstruktion der Kuppel eine entscheidende Schlüsselrolle spielt. Dies ist einem Artikel von Philipp Oswalt zu entnehmen, der am 28.10.2021 im Tagesspiegel (Link) erscheinen ist.

Die Stiftung Humboldt Forum distanziert sich nun von Bödeckers Positionen und will ihrem Stiftungsrat eine Prüfung der Frage vorschlagen, ob eine Änderung der Spenderehrung erfolgen soll. Der Präsident des Zentralrats der Juden Deutschlands Josef Schuster begrüßt die Prüfung und meint, dass die Ehrung von Ehrhardt Bödecker äußerst kritisch hinterfragt werden müsse, zumal seine Postion klar antisemitisch sei.

Die Frage ist doch nur, warum haben die Wiederaufbaufans der Stadtschlosskulisse das Geld erst angenommen? Fand auch dort, wie hier bei der Garnisonkirche, keine Offenlegung der Spender*innen statt? Beim Wiederaufbau der Garnisonkirche haben Spender erreicht, dass nicht das Nagelkreuz dem Turm eine klare neue Aussage gibt, sondern dass die nachgebaute Wetterfahne die Stadtkrone wird. Eine Wetterfahne die eine klare Botschaft, eine Kampfansage gegen Frankreich enthält, soll von oben herab, zukünftig alles Reden von Toleranz und Vergebung überdecken.

Das Humboldt-Forum bekam eine Kuppel mit Kreuz. Dieses Kuppelkreuz radikalisiert mit dem Zitat aus der Zeit der Reaktion. Preußenkönig Friedrich Wilhelm IV. formulierte 1853 mit der Inschrift einen christlichen Vormachtsanspruch. „Es ist in keinem andern Heil, ist auch kein anderer Name den Menschen gegeben, denn in dem Namen Jesu, zur Ehre Gottes des Vaters. Dass in dem Namen Jesu sich beugen sollen aller derer Knie, die im Himmel und auf Erden und unter der Erde sind.“ Die Inschrift kündet damals von der antidemokratischen und antisemitischen Einstellung des Königs und heute von der Verantwortungslosigkeit der Verantwortlichen! Analogien zur Garnisonkirche sind unverkennbar.

Die aktuellen Recherchen von Oswalt bestätigen vielfältige, fragwürdige Einflussnahme: „Die Witwe des Versandhändler Werner A. Otto hatte in Erinnerung an ihren Ehemann das vier Meter hohe Christuskreuz mit Reichsapfel auf der Schlosskuppel gestiftet. Dieser hatte sich zwar seit Lebens mit politischen Äußerungen in der Öffentlichkeit zurückgehalten, aber im Jahr 2001 dem rechtsradikalen Bundeswehroffizier a.D. Max Klaar drei Millionen Mark für den Wiederaufbau der Garnisonkirche Potsdam zugesagt. Während das Problem einer rechtslastigen Ikonografie sich beim Berliner Schloss auf die Kuppel mit ihrer reaktionär-antifreiheitlichen Inschrift und dem Kreuz sowie die Spendenehrung für Bödecker konzentriert, betrifft es in Potsdam den gesamten Bau.“

Der Bund als Bauherr und Hauptförderer der preußischen Symbolbauten in Berlin und Potsdam muss sich der Frage stellen, ob aus fehlender Achtsamkeit nicht immer eine klare Abgrenzung zu rechtslastigen Spendern erfolgt ist. Es geht dabei nicht nur um Geld. In Potsdam hat die einstige Spendenvereinigung um Max Klaar die Initiierung und Ausgestaltung des gesamten Bauvorhabens der Garnisonkirche wesentlich geprägt. Daran änderte bis heute auch die „Übernahme“ des Projektes durch die evangelische Kirche und die Stiftung Garnisonkirche nichts.

Der Bund als Bauherren hat mit den optionalen Bausteinen in Berlin Spender*innen die Möglichkeit gegeben, auf die Ausgestaltung des Bauwerks Einfluss zu nehmen. Im Frühjahr 2013 stand die Entscheidung an, ob das „Humboldt-Schloss“ mit oder ohne historischer Kuppel gebaut wird. Oswalt bestätigt, dass eine Spende die Entscheidung beeinflusste. „Mit einer siebenstelligen Spendenbetrag sicherte ein vom Förderverein eingeworbener Spender die Realisierung dieses ideologisch besonders problematischen Bausteins des Bauvorhabens. Bödeckers Spende war siebenstellig. Zu Fragen ihrer Zweckbindung verweigert die Stiftung Humboldtforum aus „datenschutzrechtlichen Gründen“ (Telefonat am 26.10.2021) die Auskunft. Doch die Öffentlichkeit hat ein Anrecht zu erfahren, ob sie den Bau der historischen Kuppel einem rechtsradikalen Spender verdankt.“

Wer war Bödecker?

Er war Jahrgang 1925 und wurde als Autor besonders mit Werken über die preußische Geschichte bekannt. Das Brandenburg-Preußen-Museum in Wustrau wurde von ihm konzipiert. Er investierte 6,7 Millionen Euro für die Zurschaustellung seiner Geschichtsauswahl. Bödecker gehörte dem 1969 von Hans-Joachim Schoeps und Louis Ferdinand von Preußen auf Burg Hohenzollern gegründeten „Zollernkreis e.V.“ an.

Philipp Oswalt schreibt über Bödecker: „Nicht nur, dass er die Zahl von sechs Millionen Holocaustopfern bestreitet. Für den im Kaiserreich praktizierten Ausschluss von Juden aus Armee und Verwaltung äußert er Verständnis, denn dieser sei in dem legitimen Wunsch des Staates nach Homogenität begründet gewesen. Deutschland und Europa leide seit 1918 unter dem „talmudischen ,Niemals vergessen’“ (Preußen und die Wurzeln des Erfolgs, 2005). Das Ende des Zweiten Weltkriegs habe zur „Selbstvergottung der Sieger“ (Vae Victis, wehe den Besiegten, 2002) geführt, die „das politisch Ziel der persönlichen Demütigung und Erniedrigung der Deutschen, der Untergrabung unseres nationalen Selbstbewußtseins“ (ebenda) verfolgten. Bödecker meinte, die westlichen Siegermächte hätten sich auf eine „besondere Demütigung geeinigt, indem sie den Deutschen eine Art Gehirnwäsche verordneten, die als Reeducation oder Umerziehung in die Nachkriegsgeschichte eingegangen ist“ (ebenda). Und dieses Elend sei den Juden zuzuschreiben, denn die „Reeducation“ der West-Alliierten sei auf dem Einfluss der in die USA exilierten, jüdischen Soziologen der Frankfurter Schule zurückzuführen (Preußen und die Wurzeln des Erfolgs, 2005). Die Vertreibung der Deutschen aus den Ostgebieten sei von Großbritannien schon 1939 ins Auge gefasst worden (ebenda). Ihr seien 2,5 Millionen Deutsche zum Opfer gefallen (Vae Victis, wehe den Besiegten 2002), mithin angeblich fünf mal soviel wie von den Geschichtswissenschaften konstatiert. Während Bödecker von unserem heutigem Gesellschaftswesen wenig hielt, schwärmte er vom Kaiserreich. Die sei der „erfolgreichste Staat der deutschen Geschichte“ (Preußen – Die Antipreußische Gehirnwäsche, 2001) gewesen. Dank Kanzler und Kaiser sei Deutschland erblüht wie nie wieder. Ein Völkermord an den Herero und Nama habe es nicht gegeben (Preußen und die Wurzeln des Erfolgs, 2005). Der preußische Militarismus würde heute verleumdet, sei aber historisch betrachtet „ausgesprochen positiv“ (Interview Junge Freiheit 2007) gewesen.“

von DER LINKE

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