Wie aus Grünflächen Bauland und für ein Anlageobjekt Wald gerodet wird

Im Stadtteil Zentrum Ost in Potsdam werden Bäume gerodet.

Für ein geplantes, bisher aber nicht genehmigtes Bauprojekt der BMP Immobilienentwicklung Berlin GmbH werden rund 3 ha des Wäldchens an der Nutheschnellstraße abgeholzt.

Inzwischen gibt es mehrere Aufrufe, sich diesem Abholzung ausgerechnet in der „Klimahauptstadt“ Potsdam entgegenzustellen.
Für Montag, den 15. Februar 2021 rufen Gegner*innen des Vorhabens zur „Schneeballschlacht gegen Kettensägen“.

Zeit, sich mit dem Bauvorhaben näher zu beschäftigen.

Zwischen 2012 und 2014 müssen die privaten Investoren das Grundstück zwischen Humboldtring und Humboldtbrücke gekauft haben. Spannend wäre dabei schon die Frage – von wem? Denn die dortigen Grünflächen gehören eigentlich der Stadt Potsdam, die Wohnflächen der Nutheschlange der ProPotsdam. Auf jeden Fall waren diese Flächen, die heute bebaut werden sollen im Flächennutzungsplan als Grünflächen ausgewiesen. Die Kaufkosten werden dementsprechend gering gewesen sein.

Auf den Hauptstreitpunkt der letzten Jahre, ob das geplante Bauprojekt das Weltkulturerbe Potsdam gefährdet, weil Sichtachsen zum Park Babelsberg verbaut würden, wollen wir hier nicht eingehen. Wie üblich haben Stadt, Investor und Schlösserstiftung schließlich einen Kompromiss gefunden. Und ob von irgendwoher irgendwohin geschaut werden kann ist für die meisten Menschen in der Stadt nicht ihr Hauptproblem. Das jetzt ihr letztes grünes Naherholungsgebiet abgeholzt werden soll – für eine Anlageobjekt von unbekannten Immobilieninvestoren – schon.

Wer sind also die Immobilienfirmen, die hinter dem Projekt stehen?

In den Veröffentlichungen ist meist von einem Projekt des Immobilienentwicklers BMP Immobilienentwicklung Berlin GmbH die Rede. Formal ist das nicht ganz richtig, denn wie üblich wurde speziell für dieses Projekt eine extra Objektgesellschaft mit dem Namen Humboldtringgärten Potsdam GmbH gegründet. Deren Sitz ist genauso wie die der BMP Immobilienentwicklung Berlin GmbH in Berlin, Einsteinufer 63 a. Und auch die Geschäftsführer sind die gleichen: Roland Benz und Harald Müller. Die stehen einem ganzen Firmengeflecht vor, zu denen zum Beispiel die GAB Immobilien Invest GmbH oder HRG Wohnbau 2 GmbH gehören.

Das Geschäftsmodell des Unternehmens ist recht leicht auf deren eigenen Seite nachvollziehbar: http://www.bmp-immo.de/de/

Sie kaufen Grundstücke in guter Lage in Städten in ganz Deutschland – nicht selten schwierig zu entwickelnde Grundstücke – wie in Potsdam, wo sie erst einmal Grünland erwarben und damit spekulierten, das schließlich in Bauland umwidmen zu können.

Dann bauen sie darauf mit Unterstützung von Banken und „finanzstarken nationalen und internationalen Partner, mit denen langjährige und erfolgreiche Geschäftsbeziehungen bestehen.“

Einen Teil der Projekte verwalten sie einige Zeit oder werten sie auf, unter anderem durch eine „Optimierung der Nebenkosten“ wie es in der Selbstdarstellung so schön heißt. Schließlich werden die Objekte aber alle als Anlageobjekte auf dem internationalen Finanzmarkt verkauft. Unter den selbst veröffentlichten Referenzen steht dann: „Asset Management von Wohnimmobilien für amerikanische Investorengruppe“ oder „Asset Management für luxemburgische Investorengruppe“.

Das ist also die Zukunft auch für die aktuell geplanten 270 Wohneinheiten am Humboldtring. Sie werden ein Anlageobjekt für internationale Finanzinvestoren und man kann damit rechnen, dass die in den nächsten Jahren oft den Besitzer wechseln, die dann ihren Gewinn aus dem Wertsteigerungen und Mieten ziehen werden.

Deshalb wäre es eigentlich logisch, dass die Stadt Potsdam genau hinschaut, was dort für Wohnraum entstehen soll. Dafür gibt es in der Stadt das sogenannten Baulandmodell, was für Neubauprojekte eine Zielquote von 30 % mietpreis – und belegungsgebundenen Wohnraum vorsieht. Seit dem 19.06.2020 liegt der neue, 3. Entwurf des Bebauungsplans Nr. 145 „Am Humboldtring“ vor. Nachdem lange über wenigstens 10 % an mietpreis – und belegungsgebundenen Wohnraum diskutiert wurde, heißt es jetzt unter dem Punkt „Soziale Auswirkungen“: „Die Errichtung von sozialem Wohnungsbau stellt für die Planungsbegünstigten jedoch einen wirtschaftlichen Nachteil bei der Entwicklung des Plangebiets dar…. ist im Plangebiet durch die Planungsbegünstigten keine Wohnfläche mit Mietpreis- und Belegungsbindungen zu realisieren.“

Das heißt, hier entsteht eine Anlageobjekt für internationale Finanzinvestoren und die Stadt Potsdam verzichtet auf alle Möglichkeiten dort bezahlbaren Wohnraum zu sichern.

Dann ist es fast schon logisch, dass die vielen Seiten der Abwägungen klimatologischen und Umweltfolgen zum Ergebnis kommt: „Der Verlust der Waldfläche wird durch Neuaufforstungs- und waldbauliche Maßnahmen kompensiert, die zwar nicht in unmittelbarer Nähe zum Plangebiet erfolgen, aber zumindest im selben Naturraum.“. Übrigens werden die verbleibenden Grünflächen nun auch private Grünflächen, also nicht mehr öffentlich nutzbar.

Da hat die Bau – und Stadtentwicklungsverwaltung unter Herrn Götzmann mal wieder einer Meisterstück an Planung zugunsten privater Immobilieninvestoren und vorbei an den Interessen und Bedürfnissen der Bevölkerung und Anwohner*innnen abgeliefert.

Schneebälle sind das Mindeste, was sie dafür verdient haben.

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