Wir werden das UFO verhindern!

Wir dokumentieren: Rede einer Aktivistin auf der Stadtverordnetenversammlung zum Auslegungsbeschluss für den Bebauungsplan auf dem RAW – Gelände.

Wir werden das UFO hier in Potsdam verhindern!

Ich wohne in der Teltower Vorstadt. Das begründet auch mein hier-sein. Ich bin aber nicht da, um mit Ihnen hinterher ins Gespräch zu kommen. Ich bin hier, um deutlich zu machen, dass die Initiative Teltower Vorstadt nicht allein steht und wir dieses unsinnige Investorenprojekt auf dem RAW Gelände verhindern werden.

Heute fällt der Beschluss für das beschleunigte Bauverfahren auf dem ehemaligen RAW Gelände und ich möchte das nicht unkommentiert lassen. Ich spreche auch im Namen all jener Menschen, die die folgende Perspektive mit mir teilen:

Der Bau des IT-Campus ist nicht Lösung, sondern symbolischer Ausdruck der Probleme dieser Stadt. All diejenigen, die hier in diesem Gremium sitzen und sich für oder gegen Gebäudehöhen oder Fassadenfarben streiten oder sich die Realisierbarkeit einer sozialen Erhaltungssatzung abringen, diskutieren trotz vermeintlich guten Willens am Kernproblem vorbei. Die Politik in dieser Stadt ist nicht mehr in der Lage, den Schaden, den sie seit den 90er Jahren angerichtet hat und nun verwaltet, wenigstens einzugrenzen oder auch nur zu adressieren.

Wohnraum ist knapp und teuer. Dass das RAW-Gelände brach liegt, ist nicht der Grund dafür. Aber die Verteilung dieses Wohnraums steuern wie hier private Immobilienunternehmen, internationale Investoren und eine städtische Wohnungsbaugesellsschaft, welche die regelmäßigen Mieterhöhungen von einem Computerprogramm errechnen lässt. So wird Potsdam für die Tourismusbranche und Kapitalanleger ausgefegt, erst vom Pöbel und jetzt vom sogenannten Mittelstand befreit.

Auf diese Weise wird Wohnraum zukünftig noch teurer und knapper, auch während der Coronakrise. Das geben die Anwohner*innen der Teltower Vorstadt schon lange zu bedenken. Doch laut Stadtverwaltung und politisch Verantwortlichen sei weder mit Mieterhöhungen noch Verdrängung zu rechnen. Mit den aktuellen Mieterhöhungen von ProPotsdam und Semmelhaack ist klar, wer Recht behält und das war abzusehen.

Die Pandemie verschärft die Probleme, denen wir ohnehin ausgesetzt sind: wir müssen hoffen, dass unsere Einkommen den Mieterhöhungen standhalten. Egal wie angemessen der Wohnraum in der individuellen Situation ist, über einen Wohnungswechsel brauchen wir gar nicht erst nachdenken. Angesichts von Kurzarbeit, der Stilllegung einer ganzen Branche, dünnen Auftragslagen, betriebsbedingten Kündigungen und zusätzliche Belastungen durch den Wegfall von Betreuungsangeboten wird unsere Lage immer bedrohlicher. Damit wird auch das Agieren von Stadtpolitik und ProPotsdam noch einmal viel deutlicher: Den einen geht es um Profite, die anderen meinen noch immer, der Markt regelt’s schon. Standortpolitik hat Vorrang: Besser, Potsdam trägt den Titel „Digital Hub“ als „soziale Stadt“. Beschlossen wird hier heute die Errichtung eines Zentrums für Arbeitgeber, Unternehmer und Konzerne, deren Angestellten hier NICHT wohnen, es entstehen Arbeitsplätze für Menschen, die hier NICHT leben, hier wird mit Renditen gerechnet, die NICHT in der Stadt bleiben.

In der Konsequenz werden hochbezahlte Leute nach Potsdam drängen und teure Wohnungen beziehen, wird sich der Verkehr auf der Friedrich-Engels-Straße zu unbeherrschbarem Chaos verstetigen, wird die Belastung für die Anwohner*innen steigen –Lärm, verstopfte Busse, überfüllte Bahnen, dreckige Luft, Straßensperrungen. Am Ende steigen die Mieten in der ganzen Stadt – Dank der gelungene Standortpolitik. Auch Instrumente wie eine soziale Erhaltungssatzung können einer konsequent neoliberalen Stadtpolitik nichts Essentielles entgegensetzen – Ihre Verwaltung tut eh alles, sie so lange wie möglich hinaus zu schieben.

Mit dem Spielchen „Bürgerbeteiligung“ meint diese Stadt ernsthaft, irgendeiner Verantwortung nachzukommen. Doch auch die Steinchen, die die Anwohnerinitiative hier mit ihrem Engagement in den Weg gelegt hat, ändern nichts an der Gesamtsituation. Das Projekt RAW steht symbolisch dafür, wie Investoren Hand in Hand mit Verwaltung und Politik unsere Stadt verkaufen auf Kosten unserer Leben.

Was Sie heute entscheiden, ist eigentlich egal. Wir erwarten von Ihnen nichts mehr.

Unsere heutige Nachricht geht deshalb an den Investorenvertreter Herr Nauheimer. Richten Sie Ihrem Herr Zeligmann in Hongkong, Moskau, Monaco oder wo sonst er gerade sein Luxusleben genießt aus: Wir brauchen seine Millionen aus schmutzigen Erdölgeschäften hier nicht.

Und wir werden dieses Ufo hier in Potsdam verhindern.

Danke für nichts.
Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

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