Offensichtlich dreht ein neu strukturierter ASTA der Uni Potsdam völlig durch und kündigt in einer Sitzung fristlos fast allen Angestellten.
Betroffen sind auch die Mitarbeiter*innen im KUZE, dem FemArchiv und andere politische – und Freiraumprojekte
Wir dokumentieren:
Offener Brief der Initiative „AStA retten“
‚Im Sinne der Studierendenschaft’ werden FemArchiv, Studi-Beratungen & das KuZe abgeschafft oder Ein Statement zu den jüngsten Entwicklungen im AStA UP, [KuZe] & FemArchiv
In Kürze:
Viele Kulturprojekte, Vereine, Initiativen u.Ä. in Potsdam beantragen Förderungen aus den Haushaltstöpfen des AStA UP. Die folgenden Erläuterungen sind eine grobe Skizze der hochschulpolitischen Entwicklungen der letzten Jahre. Ziel ist, dass einer breiten Öffentlichkeit klar wird, wer zur Zeit über studentische Gelder verfügt und entscheidet. Außerdem enthält es Informationen zu Kündigungen von AStA-Mitarbeiter*innen (inklusive der des [KuZe] Studentisches Kulturzentrum & FemArchivs) sowie eine Einschätzung zur Bedrohlichkeit der momentanen Entwicklungen.
Ganz unten findet ihr den Ausblick des KuZe und unsere Forderungen.
Aktuelles:
Vorgestern, am 15.10.2024, kam es auf der AStA-Sitzung zum Beschluss von elf fristlosen Kündigungen von AStA-Mitarbeitenden. Betroffen sind auch alle vier Mitarbeiterinnen im KuZe! Mehrere AStA-Mitarbeiterinnen wurden direkt im Anschluss an die Sitzung von AStAReferentinnen am Arbeitsplatz aufgesucht. Ihnen wurden die Kündigungen übergeben sowie Hausverbote für das AStA-Büro am Neuen Palais und Teile des KuZe ausgesprochen. Weiterhin betreffen die Kündigungen die Rechtsberatungen für Studierende (Miet- und Sozialrecht, Bafög), denn der zuständige beratende Anwalt wurde ebenfalls schon vor Wochen gekündigt – am 15.10.24 nochmals fristlos. Weitere Kündigungen betreffen die Semesterticketsachbearbeitung, die IT-Administration am Bürostandort Neues Palais, die Büroleitung sowie die Abrechnungsstelle FSR-Finanzen. In den letzten vier Monaten ist die Zahl der Mitarbeiterinnen des AStA von 17 auf (vermutlich) drei geschrumpft, zum überwiegenden Teil aufgrund von Kündigungen seitens des AStAs.
Hochschulpolitische Entwicklungen der letzten Jahre bis heute:
In den postpandemischen Jahren wurde innerhalb der studentischen Selbstverwaltung an der Uni Potsdam die Tendenz zu Strukturabbau und ‚Entpolitisierung‘ vorangetrieben – Entpolitisierung bedeutet in diesem Fall das gezielte Entfernen selbstverwalteter und kritischer Perspektiven, Praktiken und Denkräume. Seit der Legislatur 21/22 wird der AStA nicht mehr nach politischen Mandaten direkt mit Mitgliedern der Listen im Studierendenparlament besetzt. Stattdessen werden die Referate im AStA innerhalb der Studierendenschaft ausgeschrieben. Konkrete Missstände und Arbeitsfelder für AStA-Referentinnen wurden weder konkret identifiziert noch kommuniziert, sodass die Exekutive der Studierendenschaft in den letzten drei Legislaturen komplett blind steuern musste. Diese grundlegende Strukturänderung in der Legislative konnte durch (rechts-)konservative, liberale und sozialdemokratische Listen umgesetzt werden. Tragfähige linke Mehrheiten und Bündnisse gab seit diesem Zeitpunkt nicht mehr. Eine Entwicklung hin zu Kürzungen von Geldern für studentische Projekte, Strukturabbau und Dienstleistungsmentalität ist nicht zu übersehen. Zuletzt ist die Struktur des AStA (durch das Studierendenparlament, kurz: StuPa, beschlossen) immer wieder in rasantem Tempo umgebaut und verändert worden. Seit August 2024 gibt es fünf Referate mit doppelter Besetzung, aber auch doppelten Zuständigkeiten – z.B. ‚Öffentlichkeitsarbeit‘ oder ‚KuZe und Soziales‘. ‚Antifaschismus‘ und ‚Anti-Rassimus‘ als Referatstitel sind abgeschafft und wurden stattdessen zu einem einzigen Referat (in einfacher Besetzung) zusammengefasst. Wie oben beschrieben, erfolgt die Besetzung der Referate über simple Bewerbungsverfahren (wie bei Jobs). Es besteht in diesem Verfahren eine sehr hohe Chance, dass sich bewerbende Menschen gewählt werden. Die inhaltliche Eignung und Ambitionen der Bewerberinnen spielen – wenn überhaupt – nur eine untergeordnete Rolle. Wichtig scheint vor allem zu sein, dass die Referate bis zum Ende der Legislatur formal besetzt sind.
Dieses Verfahren isoliert politische Perspektiven und fördert einen ‚unpolitischen Gestus‘, sodass augenscheinlich der AStA für Verwaltung und Dienstleistung zuständig ist. Inhaltliche, progressive Referatsarbeit wird so strukturell verhindert. Völlig abgesehen von den internen Verhältnissen, in denen Einzelpersonen Machtpositionen ausbauen, Desinformation verbreiten und Konfliktlinien verschärfen, anstatt abzubauen – Protokolle werden nicht oder mit großer Verzögerung veröffentlicht und die Pflicht zur Transparenz nicht eingehalten.
Es wird nach Satzungen entschieden, die nicht rechtskräftig sind. Falschbehauptungen und gebrochene Absprachen sind an der Tagesordnung – um die Arbeitsfähigkeit der Gremien GEMEINSAM mit den Mitarbeiterinnen geht es schon lange nicht mehr. Tatsächlich ist die Entwicklung nicht ‚unpolitisch‘, sondern Teilziel der politischen Agenda, die durch konservative, liberale und sozialdemokratische Vertreterinnen der studentischen Hochschulpolitik vorangetrieben wird – allen voran die LHG (Liberale Hochschulgruppe).
Am Ende steht Verschlankung und Effizienz, durch Struktur- und Personalabbau siehe FemArchiv – alles vermeintlich im Sinne der Studierendenschaft. Aktuell finden sich im Finanzreferat und im Referat ‚Vorsitz‘ des AStA jeweils eine Person der LHG. Ihre zwei Sitze im StuPa haben sie so machtpolitisch ergänzt und Einfluss gesichert. Die Person mit dem aktuellen Referatstitel ‚Vorsitz‘ war vormals Geschlechter- und Queerpolitik-Referentin. Während ihrer Amtszeit hat sie aktiv und defensiv zu Stellen – und Gelderkürzungen beim FemArchiv beigetragen. Seit Kurzem gibt es keine Stelle mehr für das FemArchiv und der Kooperationsvertrag mit dem Chamäleon e.V. ist beendet.
Ein durch die Mitarbeiter*innen des AStA UP gegründeter Personalrat wird seit einem Jahr mit maximaler Defensivität und Rechtsvertretung zu untergraben versucht. Hinzu kommt, dass ein Großteil der Anliegen der Mitarbeitenden und Entscheidungen zu Personalangelegenheiten nicht mehr öffentlich besprochen werden. Z.T. finden sich diesbezügliche Informationen nicht oder nur falsch in Protokollen wieder, Urlaubsanträge werden ohne Begründung nicht bewilligt/bleiben unbeantwortet; beschlossene Stundenerhöhungen werden nicht ausgezahlt; Arbeitsverträge werden seit einem guten Jahr trotz vielfacher Hinweise nicht aktualisiert usw. Erst vor ein paar Wochen wurde der Personalrat vom AStA-Vorstand als aufgelöst erklärt.
Die aktiven Personen wurden gekündigt. Ein Beleg der zugrundeliegenden Rechtseinschätzung wurde nie geliefert. Inwiefern schadet dies dem KuZe, studentischer Kultur und der Kulturlandschaft in Potsdam? Das KuZe wird seit 19 Jahren von der Studierendenschaft betrieben. Es ist ein wichtiger kultureller Lern- und Ankerort, den sich Studierende durch Förderung selbst schaffen. Vielfältig ehrenamtlich bespielt als Kneipe, Werkstatt, Bühne, Treffpunkt und Austauschraum wird es durch die Potsdamer Kulturszene wie die Stadtgesellschaft gekannt und geschätzt. Vor Ort betreibt der ekze e.V. die Kneipe und fördert Kultur; der OKeV betreibt seit 30 Jahren (mit öffentlicher Förderung) einen offenen Kunstraum, in dem er künstlerische Bildung an Kinder und Jugendliche vermittelt. Ermöglicht wird der Betrieb des Kulturzentrums durch vier Mitarbeiterinnen, welche die Grundstruktur für ehrenamtliches Engagement kollektiv mit den ehrenamtlich Aktiven herstellen. Die vier Stellen sind Knotenpunkte zur Vernetzung und die entsprechenden Mitarbeitinnen vermitteln zwischen ehrenamtlich Aktiven, Stadtgesellschaft und Hochschulpolitik. Gleichzeitig allen vier Mitarbeiterinnen zu kündigen offenbart Ignoranz dem Ort und allen Nutzerinnen und Aktiven gegenüber. Soziale Prozesse, Veranstaltungsbetrieb, technische & bauliche Betreuung, sowie IT-Infrastruktur sind Vollzeitaufgaben, welche immer in Teilzeit und mit Idealismus für den Ort in seiner kuriosen Komplexität und daher mit Liebe ausgefüllt wurden.
Dieser wichtige Kulturort in Potsdams Innenstadt darf nicht auf diese Art rücksichtslos gefährdet werden! Es ist ein Refugium, das Verwertungsinteressen entgegensteht und deshalb ein Ort, wie sie in Zeiten von Rechtsruck und Gentrifizierung auch in Potsdam immer seltener werden. Das Studentische Kulturzentrum ist über Generationen hinweg eine Raum gewordene kollektive Idee, welche nun angegriffen wird. Und wer das Gegenteil behauptet, hat es nicht verstanden! Weitere Infos findet ihr unter www.astaretten.de
Wir retten den AStA – im Zweifel vor sich selbst!
Für eine studentische Rechtsberatung!
Für das FemArchiv in der Innenstadt!
Für eine funktionierende Struktur in der selbstverwalteten Studierendenschaft!
FÜR EIN LEBENDIGES [KUZE] DER HERZEN IN POTSDAM!
Für ein [KuZe] mit uns allen
Initiative „AStA retten“