Wer steckt eigentlich hinter den Investoren auf dem RAW Gelände? IV

Oder: „Eine einmalige Gelegenheit!“?

Zuerst wollen wir uns mal ganz herzlich für die vielen Rückmeldungen und Unterstützung bedanken, die wir in den letzten Wochen erhalten haben. Fast alle haben uns ermutigt, weiter zu machen, weiter zu recherchieren.

Wie notwendig das ist, zeigen die letzte Tage: Die Erpressung der Mitglieder im Bauausschuss, die völlig unkritische Berichterstattung der lokalen Zeitungen, die statt kritischen Nachfragen Hochglanzbilder der RAW Potsdam GmbH und deren Statements abdrucken.

Dabei ist eigentlich keine der Fragen geklärt, die wir in unseren Hintergrundberichten bisher aufgeworfen haben. Deshalb haben wir weitergemacht und uns vor allem all die Unterlagen besorgt, welche die Gesellschafterentwicklung, die Beteiligungsstruktur und die Handelsregistereinträge der RAW Potsdam GmbH zeigen.
Hier sind die Erkenntnisse:

Fragwürdig bleiben weiter alle Aussagen über die Verbindungen zum sogenannten Projektentwickler Trockland.

Hier stehen auf der einen Seite die Aussagen von Herrn Nauheimer für die RAW Potsdam GmbH: „ Trockland habe zu keinem Zeitpunkt Anteile an der Potsdamer Firma gehalten“ und „ Aus „fachlichen Gründen“ habe man sich jedoch getrennt“ (PNN 11.01.2019) und dass es „keine gesellschaftsrechtliche Verbindung“ zwischen Kivmann und Trockland gebe.“ (MAZ 24.12.2018)

Auf der anderen Seite stehen vor allem die Veröffentlichungen von Trockland selbst. So schreibt Trockland am 28.08.2017 in einer Pressemitteilung zum ebenso umstrittenen Projekt an der East Side Galery: „… kommentiert Vitali Kivmann als Vertreter der Eigentümer…“ und noch am 14.04.2018 treten Kivmann als Vertreter der Investoren und Trockland – Chef Heskel Nathaniel in Potsdam gemeinsam vor die Presse. In allen Veröffentlichungen von Trockland sind die Besitz – und Zuordnungsstrukturen ganz klar formuliert: „Mirco Nauheimer, Geschäftsführer der zu Trockland gehörenden Projektgesellschaft“ heißt es am 31.05.2018 in einer weiteren Pressemitteilung von Trockland. Und noch interessanter:
„Nachdem im Dezember 2017 der Berliner Projektentwickler Trockland mit weiteren Investoren das ehemalige RAW – Gelände in der Friedrich – Engels – Straße nahe dem Hauptbahnhof erworben hat …“ (hier:  20180530-Presseinfo-Vorstellung-Architekturkonzept-fuer-RAW-Innovationhub-Potsdam)

Dies bedeutet: Natürlich gehört(e)? die RAW Potsdam GmbH zum Trockland – Imperium. Da die Urkunde (Liste der Gesellschafter) vom 30.11.2017 die Green Palmer Holdings Ltd. als 100 % Besitzer der RAW Potsdam GmbH ausweist (hier: The-RAW-Potsdam-GmbH_Liste-der-Gesellschafter-vom-04-12-2017)

stellt sich die Frage, was seitdem passiert sein soll? Laut der vorliegenden Unterlagen hier in Deutschland nur eins: Heskel Nathaniel ist nicht mehr Geschäftsführer. Einen Gesellschafterwechsel gab es nicht, (hier: The-RAW-Potsdam-GmbH_Chronologischer-Handelsregisterauszug_2019-01-20)

Und Kivmann tritt weiter als Vertreter des Gesellschafters auf. Interessanterweise schreibt Trockland ja auch von weiteren Investoren, während Nauheimer behauptet, der unbekannte Investor hätte 2017 den Kauf des RAW – Geländes zu 100 % finanziert. Irgendeine Darstellung kann hier nicht stimmen.

Auch deshalb sei noch einmal darauf hingewiesen, dass es falsch ist, Mirko Nauheimer als Investor zu bezeichnen, wie es sowohl MAZ, als auch PNN zuletzt geschrieben haben. Nauheimer ist bestellter Geschäftsführer. Der/ die Investoren sind weiter ungenannt. Nauheimer war und ist schon oft als Geschäftsführer von verschiedenen Beteiligungsgesellschaften eingesetzt worden, oft waren und sind dies andere Trockland – Gesellschaften.
Das, was Herr Nauheimer bisher erklärt hat, lautet zusammengefasst so:
Über 100 Millionen Euro an Investitionen, ohne den/ die Investoren zu nennen.
Rund 1000 Arbeitsplätze in der IT – Branche, ohne die sogenannten „Ankermieter“ zu benennen.
Ein riesiges Gebäude mit 33 m Höhe, ohne die anderen Entwürfe öffentlich machen zu wollen.
Das klingt nach einer „einmaligen Gelegenheit“, wie es der SPD – Fraktionsvorsitzende Pete Heuer formuliert hat.

Außerdem kündigt Nauheimer weitere Investorenprojekte in Potsdam an.

Und dies ist tatsächlich eine mögliche Entwicklung, die es genau zu beobachten gilt.
Denn gleichzeitig zeigen unsere Recherchen zum sogenannten „Projektentwickler“ Trockland, dass dieser auf vielfache Art und Weise mit dem Immobilienkonzern „Deutsche Wohnen“ verbunden ist – der ja bereits in Potsdam aktiv ist und mit dem Bau von 1.900 Wohnungen in Krampnitz zum größten privaten Investor in Potsdam aufsteigen wird.

Einer der großen Trockland – Beteiligungen war und ist die Arsago Real Estate – lange mit Sitz in München und unter Führung der bekannten Trockland – Gründer Heskel Nathaniel und Daniel Avner, einem Jugendfreund von Heskel.

2013 hat die Arsago Real Estate den größten Teil ihres Dresdner Wohnbestandes an die Deutsche Wohnen verkauft, 2017 eine weitere Charge von 389 Wohnungen. Bei den Überprüfungen der personellen Verflechtungen fällt sehr schnell auf, dass es zum Beispiel mit Roman Krulich und Robert Bierich bis heute intensive Verbindungen zwischen beiden Unternehmen gibt. Wer sich die Verflechtungen zwischen diesen beiden (und anderen) Immobilienkonzernen genauer anschaut, wird ein schier undurchdringlichen Dschungel immer neuer Beteiligungen, Firmen, Holdings und Investorengesellschaften finden. Hier kommt man zum Beispiel zur Yellow Bouvardia Property GmbH – also eine Gesellschaft, die Immobilien und deren Vermögen verwaltet, gern zum Zwecke der Steuerersparnis. Auch dieses Netzwerk haben wir mal recherchiert um zeigen, wie unfassbar undurchsichtig und gleichzeitig personell und strukturell verbunden diese Gesellschaften sind. Mehr dazu bei der nächsten Veröffentlichung.

Das wirft natürlich die Frage auf, wie deren Planungen für Potsdam aussehen? Gibt es vielleicht längst gemeinsame strategische Überlegungen für die weiteren Investitionen in der Stadt?
Mindestens sollten diese Informationen die Politik, Stadtplaner und Zivilgesellschaft aktiv werden lassen.
Im Grunde geht es immer deutlicher darum, wer in Potsdam in Zukunft die Stadtentwicklung bestimmen wird: Die BürgerInnen und ihre gewählten VertreterInnen oder mehr oder weniger ungenannte InvestorInnen mit einem fragwürdig erwirtschafteten Milliardenvermögen, die sich ihre Stadt kaufen, bauen und gestalten. „Stadt von oben“ nennt das die aktuelle Ausgabe des kritischen Magazins „suburban“.

Wenn wir uns allerdings das fast schon „investorenhörige“ Verhalten einer Mehrheit unserer Stadtverordneten anschaut, kann man durchaus mit Sorge in die Zukunft Potsdams schauen.

 

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