Wie die ProPotsdam von der Modernisierungsumlage profitiert

… MieterInnen vom Brauhausberg und aus der Innenstadt berichten

Seit 1. Januar 2019 gilt eine neue Modernisierungsumlage nach § 559 BgB. Statt bisher 11 % können Vermieter nur noch 8 % der Modernisierungskosten auf die monatliche Miete umlegen.

Die kommunale Gesellschaft ProPotsdam hat vielen ihrer MieterInnen deshalb pünktlich zum 27.12.2018 ihre Modernisierungsankündigung geschickt – um damit von der alten Umlage profitieren zu können.

Dies berichten uns MieterInnen aus der Siedlung am Brauhausberg und der Innenstadt.

Die sogenannte „Modernisierungsumlage“ ist eines des umstrittensten Instrumente der Mietenpolitik. Sie ermöglicht es ImmobilienbesitzerInnen, diese Kosten auf die Miete umzulegen, ohne dass die Erhöhung befristet ist. Eine Umlage von 10 % bedeutet also, dass der Vermieter bereits nach 10 Jahren seine Kosten wieder hereingeholt hat. Danach bleibt die Miete und die Umlage ist realer Gewinn. Dazu kommt, dass diese Umlage weder durch die Mietpreisbremse, noch durch eine sogenannte Kappungsgrenze eingeschränkt werden kann. Die Orientierung an der ortsüblichen Vergleichsmiete nach Mietspiegel entfällt also, außerdem müssen die MieterInnen eine solche Modernisierung grundsätzlich dulden.

Kein Wunder, dass dieses Geschäftsmodell bei Immobilienunternehmen sehr beliebt ist. Venovia und die Deutsche Wohnen stehen unter anderem genau deshalb so in der Kritik, in vielen Städten gibt es seit Jahren Kämpfe um solche Modernisierungsmaßnahmen, die nach Eigentümerwechseln auch alles paar Jahre neu angesetzt werden. Siehe auch den guten Film:

https://www.youtube.com/watch?v=Ht3LB4UtW0k

Auch die ProPotsdam lässt viele ihrer Wohnungsbestände umfangreich modernisieren. Dies ist grundsätzlich nicht zu beanstanden.

Das Problem ist, dass diese Modernisierungen – die oft in heftigen Auseinandersetzungen mit den MieterInnen vor Ort durchgesetzt wurden – wie in der Heidesiedlung – einerseits zu ganz starken Mieterhöhungen führen und vor allem, dass auch diese eigentlich kommunale Gesellschaft jeden noch so kleinen Spielraum nutzt, um von diesem Geschäftsmodell zu profitieren – statt sich an den MieterInnen zu orientieren.

Ganz deutlich wird das im Quartier auf dem Brauhausberg. Rund um die Einsteinstraße besitzt die ProPotsdam 145 Wohnungen, die aktuell umfassend modernisiert werden.

Bereits die Ankündigung hatte bei den BewohnerInnen Proteste und Sorgen ausgelöst, es gründete sich die MieterInneninitiative „Mieteschön“. Ein Beteiligungsverfahren unter Mitwirkung der WerkStadt für Beteiligung endete praktisch ergebnislos, wie VertreterInnen der Initiative bereits 2017 gegenüber der PNN angaben: „Die Position der Pro Potsdam stand von Anfang an fest, sie stellten die Modernisierung, Aufwertung und damit Mietsteigerung als alternativlos dar“, sagt Michael Wawerek aus dem Vorstand des Vereins Mieteschön. Die Belange der Mieter seien nicht ernst genommen worden, über die Runden zur Beteiligung sei nicht ausreichend informiert worden. „Man hat uns hingehalten“, meint Vereinsvorstand Sebastian Müller. „ (PNN vom 13.09.2017)

Dabei ging es vor allem um Balkone (welche die MieterInnen nicht wollten), um die Innenhofgestaltung, (welche die MieterInnen schon längst auf eigene Kosten und in Eigenregie geleistet hatten). Vor allem aber ging es darum, ob es eine Bedarfssanierung oder eine Grundsanierung geben sollte.
Immer setzte sich die ProPotsdam durch, auch ein Kaufangebot der Initiative, all ihr Engagement, ihre Ideen wurden verworfen. Jetzt steht zum Beispiel zu den neu zu bauenden Balkonen, „der Gebrauchswert der Wohnungen würde sich nachhaltig erhöhen“. Gegenüber der MieterInneninitiative wurde noch argumentiert, der Anbau der Balkone wäre nach ILB – Förderrichtlinien zwingend notwendig, was schon damals falsch war.

Jetzt also geht es auch auf dem Südhof los.
Obwohl dies so auch nicht stimmt. Die ProPotsdam will irgendwann 2020 dort mit den Arbeiten beginnen. So steht es in den Modernisierungsankündigungen, die uns vorliegen. Datum ihrer Ausstellung: 27.12.2018.

Der Grund scheint ganz einfach zu sein: Damit können sie sich noch auf die alten Bestimmungen des § 559 BgB berufen und eine höhere Umlage auf die Mietkosten drauf setzen.

Dazu kommt, für Potsdam gilt eine Vereinbarung der ProPotsdam mit der Stadt, dass statt der 11 % „nur“ 9 % Modernisierungsumlage berechnet werden. Jetzt gilt bundesweit aber seit 1.1.2019 eine Grenze von 8 %.

Das heißt im Grunde: Die ProPotsdam profitiert noch schnell von der alten Umlage und die Stadt schaut zu – denn eine neue Vereinbarung gibt es offensichtlich nicht.

Das macht auch ein Kappungsgrenze von 7,5 % Modernisierungsumlage bei aktuellen Sanierungsobjekten in der Innenstadt supekt. Denn auch da müsste ja die Stadt dann die bisherige Vereinbarung anpassen, sprich senken – was sie nach unseren Informationen nicht getan hat. MieterInnen hier berichten uns hier von ganz unterschiedlichen Vereinbarungen: Auch eine Grenze von 3 €/m² ist im Gespräch, was weit über der gesetzlichen Grenze läge. Hier stellt sich oft auch die Suche nach ausreichenden Ersatzwohnungen als schwierig dar – es gibt sie in der entsprechenden familientauglichen Größe schlicht nicht und die Suche ist für die MieterInnen sehr aufwendig. Im Übrigen sind auch hier die Ankündigungen zum 27.12.2018 datiert.

Wie wichtig diese Modernisierungsumlage für das Geschäftsmodell der ProPotsdam ist zeigte die Stellungnahme der ProPotsdam zum Entwurf des neuen „Wohnraumfördergesetz“ im Land Brandenburg. Hier kritisiert die ProPotsdam vor allem die geplante Kappungsgrenze von 1,53 €/ m² für die Modernisierungsumlage – und begründet das auch noch mit Ungerechtigkeiten bei den zukünftigen Mieten – siehe Seite 3- 4. Heißt, sie wünschen sich mehr Möglichkeiten, Modernisierungskosten auf die Miete umzulegen – dann auch mit Fördermitteln.

ProPotsdam zum Wohnraumfördergesetz

Auch, was dies alles für die betroffenen MieterInnen bedeutet, steht in den Modernisierungsankündigungen, welche die fleißigen MitarbeiterInnen der ProPotsdam zwischen den Feiertagen zum Jahreswechsel geschrieben haben. In den uns vorliegenden Ankündigungen erhöhen sich die Mieten zum Teil fast auf das Dreifache!

Für Alleinerziehende und StudentInnen ist dies nicht bezahlbar.

Inzwischen ist aber auch Widerstand angekündigt. Es wurden Rechtsanwälte eingeschaltet, Widersprüche eingelegt – auch gegen offensichtlich fehlerhafte Bescheide.

Aber eigentlich müsste auch die Stadt aktiv werden, es ist ihre Gesellschaft und ihre politische Entscheidung, wie hoch die Umlagen bei Modernisierung sein sollen und ob MieterInnen der ProPotsdam damit verdrängt werden.

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Ein Kommentar

  1. Auch Potsdam-West ist betroffen, die Siedlung an der Stadtheide wurde noch schnell vor Fristablauf leer gezogen und eine Modernisierungsankündigung verschickt um von der alten Umlage profitieren zu können.
    Hier sieht man wieder wie die Bürger / Mieter nicht nur kommunaler Wohnungen gesehen werden – als zu melkende Kuh.
    Seit Jahren ist die Stadt mit den Tochterunternehmen einer der größten Preistreiber auf dem hiesigen Immobilienmarkt egal ob Baugrundstück oder Bestandsimmobilie diese Preise kann kein Normalverdiener bezahlen.

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