Ein Forschungsprojekt zu Gemeinschaftsprojekten in Potsdam und anderswo
Am 20. Juni 2019 stellten verschiedene Forschungsinstitutionen von DIFU über ITZ bis hin zu Plan & Praxis die wirklich spannenden Ergebnisse eines gemeinsamen Forschungsprojektes zu „Gemeinschaftlichen Wohnprojekten“ vor.
… seltsamerweise war Potsdam eine der Schwerpunktstädte.
Im Stadtteilzentrum „Oskar“ trafen sich an diesem Tag deshalb nicht nur Menschen aus ganz verschiedenen Zusammenhängen und Projekten, sondern mit einen völlig unterschiedlichen Blick auf dieses interessante Thema.
Tatsächlich war das Gefühl, hier treffen ganz unterschiedliche Welten aufeinander.
Den Auftakt machte der Baubeigeordnete der Stadt Potsdam, Herr Rubelt, der die Formulierung „Gemeinschaftliche Wohnprojekte“ gar nicht erst in den Mund nahm und damit schon mal deutlich machte, welche Rolle solche Projekte im Forschungszeitraum (3 Jahre) für Politik und Verwaltung gespielt haben – gar keine.
Viel spannender war der input der Journalistin Laura Weißmüller der Süddeutschen Zeitung. Ihre vielfältige, kritische Darstellung der Möglichkeiten und Grenzen gemeinschaftlichen Bauens enthielt all die Ansätze, welche das überall in der Welt ermöglichen und eben auch begrenzen. Die Beispiele aus Wien, Tübingen, Sao Paulo waren wunderbar motivierend – und hatten so gar nichts mit Potsdam zu tun.
Schwerpunkt des Projektes waren zwei Forschungsumfragen, die zum Einem die positiven Effekte von Gemeinschaftsprojekten für Städte an Hand von 10 konkreten Projekten aus der ganzen Bundesrepublik herausgearbeitet haben (wir haben bereits darüber berichtet: https://potsdam-stadtfueralle.de/2018/11/25/gemeinschaftlich-wohnen-in-potsdam/#more-828 ) Deutlich wurde hier, wie oft solche Projekte geringere Mieten und Betriebskosten aufrufen, wie ökologisch sie aufgebaut sind und welch intensive nachbarschaftliche Wirkung sie haben.
In der zweiten Umfrage ging es speziell um Potsdam.
Und – siehe da – eine sehr große Zahl an Menschen in der Stadt kann sich vorstellen, in einem Gemeinschaftprojekt zu wohnen (über 40 %!). Und ganz viele Befragte sehen die Hauptgründe, warum es nicht mehr Gemeinschaftsprojekte gibt in der fehlenden Unterstützung in der städtischen Politik.
Hier sind die Forschungsprojekte nachlesbar:
Leider sah die Realität der letzten Jahre in Potsdam völlig anders aus:
- Projekt „Tuchmacherstraße 8“ – die Mieter*inneninitiative musste im Höchstpreisverfahren der ProPotsdam mitbieten und kaufen.
- „Mieteschön“ auf dem Brauhausberg hatte keine Chance, auch nicht im Dialogverfahren mit der ProPotsdam. Heute wird teuer modernisiert.
- „Chateau de poeble“ suchen seit 5 Jahren und haben keine Chance in Potsdam.
- Die „Wollestraße 52“ kämpfen seit 5 Jahren für ihr Haus, der Stadtkontor stellt immer neue Forderungen, erstellt neue, höhere Wertgutachten.
- Die Inititive „Machbarschaften“ hat sich auf die Auschreibung in der Goethestraße in Babelsberg beworben – die wurde dann lieber aus fadenscheinigen Gründen zurückgezogen, als an ein Gemeinschaftsprojekt zu vergeben.
- Die Mieter*inneninitiative der Wichgrafstraße hofft bis heute darauf, dass Potsdam zum ersten Mal ein „kommunales Vorkaufsrecht“ für sie wahrnimmt.
Diese Realität wurde dann auch auf den verschiedenen Podien deutlich. „In Potsdam gibt es Gemeinschaftsprojekte – aber nicht wegen, sondern trotz der kommunalen Politik“ – so eine mehrmals geäußerte Meinung.
Was bleibt?
Vielleicht bekommen ja in Potsdam die Menschen in der Bau – und Sozialverwaltung doch noch eine Stimme, die seit Jahren darauf drängen, das Potential gemeinschaftlicher Wohnprojekte in der Stadt zu fördern.
Vielleicht verwirklicht die neue, geplante Rathauskoalition ja ihren formulierten Anspruch, ein „Klima für eine gemeinwohlorientierte und gemeinschaftliche Wohnungspolitik“ umzusetzen.
Das würde dann tatsächlich dem entsprechen, was Forscher*innen an Potential und Bedürfnissen längst herausgefunden haben.