Garnisonkirchengegner vor Gericht

PRESSEMITTEILUNG

der Bürgerinitiative für ein Potsdam ohne Garnisonkirche

Potsdam, 06.01.2020

Im ersten Halbjahr 2020 werden mehrere Garnisonkirchengegner vor Gericht stehen, die im Nachgang des Baustarts der Garnisonkirchenkopie am 29.10.2017 angezeigt wurden. Der erste Angeklagte steht am nächsten Dienstag, den 7. Januar 2020 um 13 Uhr vor dem Potsdamer Amtsgericht im Justizzentrum in der Jägerallee.
Die Vorwürfe beziehen sich auf den Protest gegen das revisionistische Bauprojekt und reichen von vorgeblichem „Hausfriedensbruch“, „Störung der Religionsausübung“, „Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte“ bis zur „Körperverletzung“.

Die Bürgerinitiative kritisiert die Kriminalisierung des legitimen Protests und fordert

  • die Zurücknahme der Anklage und Anzeigen in allen Punkten
  • die Distanzierung des Potsdamer evangelischen Kirchenkreises vom Missbrauch der eigenen Religion für politische Zwecke am Ort der Garnisonkirche
  • dass die Verantwortlichen für den überzogenen Polizeieinsatz zu Rechenschaft gezogen werden, statt den Protest zu kriminalisieren

Die Garnisonkirchenstiftung ist verantwortlich für die Eskalation des Konflikts:

Die öffentliche Baustartsfeier wurde offensichtlich in Abstimmung mit der Veranstalterin, der Stiftung Garnisonkirche Potsdam (SGP), von einem massiven Polizeiaufgebot begleitet. Dutzende Bereitschaftspolizist*innen gingen im Verlauf der Veranstaltung durch die Reihen der Besucher*innen. Erwartbarer Protest sollte offensichtlich mit Polizeigewalt unterbunden werden. So kam es zu gewalttätigen Übergriffen von Polizist*innen auf Veranstaltungsteilnehmer*innen, teilweise auf Geheiß von Wieland Eschenburg, Kommunikationvorstand der SGP. Es liegt nahe, dass die Anzeigen wegen vorgeblicher „Störung der Religionsausübung“ auf Personen der Garnisonkirchenstiftung zurückgehen.

Im Nachgang der Veranstaltung beschwerte sich die SGP über die angebliche Störung eines Gottesdienstes, gleichzeitig schwadronierte die SGP von einer „Versöhnungsgeste des offenen Dialogs“, die sie gezeigt und die Gegner*innen nicht angenommen hätten.  Diese Interpretation ihrer eigenen Veranstaltung ist haarsträubend. Die durchgeführte Veranstaltung bat keinerlei Raum für einen offenen Dialog. Ebenso sind mit Polizeigewalt durchgesetzte Versöhnungsgesten nicht sonderlich glaubwürdig.

Vor diesem Hintergrund ist offensichtlich, dass die Anzeigen wegen vorgeblicher „Störung der Religionsausübung“ auf Personen der Garnisonkirchenstiftung zurückgehen.

Anlass für die Veranstaltung war nicht die Ausrichtung eines Gottesdienstes. Es ging schließlich einzig allein um die Baustartsfeier für den Garnisonkirchenturm, ein hoch umstrittenes städtebauliches Projekt. Es ist nicht das erste Mal, dass die Garnisonkirchenstiftung die Form von Gottesdiensten als politische Werbeveranstaltungen missbraucht und dies als Mittel nutzt, um sich immun gegen die politische Auseinandersetzung zu machen.

Den legitimen Protest nun als „Störung der Religionsausübung“ auszulegen und diesen mit Polizeigewalt zu unterbinden, ist ein Ausdruck der moralischen Verwahrlosung der Garnisonkirchenstiftung, die mittlerweile weder demokratische Werte noch ihre eigenen christlichen Werte verschont.

So bescheinigt die Martin-Niemöller-Stiftung der SGP in Bezug auf den sogenannten Baustartsgottesdienst den „Missbrauch von Religion für politische Zwecke an diesem Ort“.

Wer demokratische Voten¹ und den jahrzehntelangen Widerstand gegen den Wiederaufbau der Garnisonkirche ignoriert, sollte sich über lautstarken Protest nicht beschweren – weder bei der zentralen Baustartsfeier noch bei zukünftigen Veranstaltungen im Rahmen des Wiederaufbaus.

¹Seit 2013 belegt die Forderung „Kein städtisches Geld für die Garnisonkirche“ im Rahmen des Bürgerhaushalts unangefochten den 1. Platz. 2012 beteiligten sich 8.000 Potsdamer*innen am Bürgerhaushalt, 2019 waren es schon 17.500. Das Bürgerbegehren zur Auflösung der Garnisonkirchenstiftung wurde in damaliger Rekordzeit von 3,5 Monaten von 16.000 Personen unterzeichnet.

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