Brandenburg und der Hohenzollernstreit

Am 19.01.2020 fand eine Online-Diskussion zum Thema statt. Die Landtagsfraktion der LINKEN stimmte sich und die Webgemeinde auf die Anhörung im Landtag am Folgetag ein. „Nach der Enteignung der Adelsfamilie wegen ihrer Mitverantwortung für die NS-Herrschaft im Land Brandenburg 1945 befinden sich die ehemaligen Schlösser und Gärten der Hohenzollern in öffentlicher Hand. Sie wurden restauriert, gepflegt und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

… Doch seit einigen Jahren macht Georg Friedrich Prinz von Preußen, der Chef des Hauses Hohenzollern, Entschädigungsansprüche geltend. Seitdem diskutieren Jurist*innen und Historiker*innen, ob die Hohenzollern dem Naziregime „erheblichen Vorschub“ geleistet haben. Wenn das so ist, sind die Forderungen des Hauses Hohenzollern hinfällig. Neben diesen Debatten, die von Klagen des Hohenzollern-Chefs gegen Historiker*innen wegen medialer Äußerungen überschattet werden, geht es aber um die Wahrung des öffentlichen Interesses. Denn die Rückgabe- und Entschädigungsforderungen der des Hauses Hohenzollern betreffen Kulturgüter, die die Geschichte Brandenburgs geprägt haben und wichtig für unsere Identität sind. Ihre Zugänglichkeit ist Voraussetzung für eine aktive und kritische Betrachtung der Geschichte.“ So nachzulesen auf der Homepage der Fraktion.

DIE LINKE wollte daher wissen, wie sich die historischen Bewertungen im Hohenzollernstreit in jüngster Zeit verändert haben und welche Konsequenzen die vom Chef des Hauses Hohenzollern ausgehenden gerichtlichen Auseinandersetzungen für Meinungsfreiheit und gesellschaftliche Diskurskultur nach sich ziehen.

Es diskutierten: Christopher Clark, Historiker (Cambridge), Prof. Eva Schlotheuber, Historikerin (Düsseldorf, Vorsitzende des deutschen Historikerverbandes), Carsten Linke, Vorsitzender des Kulturausschusses der Stadt Potsdam (Fraktion DIE aNDERE) und Isabelle Vandre, MdL DIE LINKE. Moderation: Prof. Jürgen Angelow, Historiker (Potsdam)

Die Veranstaltung wurde aufgezeichnet. Der YouTube-Livestream ist hier zu finden:  https://www.youtube.com/watch?v=fNmk_AGaQGM&feature=youtu.be

Die Essenz des Abends:

  1. Es gibt keinen Historiker*innenstreit um die Rolle und die Vorschubleistung des Kronprinzen bezüglich des Nazi-Regimes. Christopher Clark korrigiert vor dem Hintergrund zahlreicher neuer Fakten seine ursprüngliche Einschätzung des Wohlwollens, in eine kritische Bewertung der „Kronprinzen-Rolle“.
  2. Die Vorgehensweise des Hauses Hohenzollern gegenüber kritischen Journalist*innen und Historiker*innen ist rechtlich zwar möglich, aber moralisch und in Hinsicht der wissenschaftlichen Arbeit inakzeptabel. Sie vergiftet das gesellschaftliche Klima, schadet der Demokratie und vor allem dem Absehen des Hauses Hohenzollern.
  3. Die Position der Landesregierung ist alles andere als konsequent. Sie dient nicht der Aufklärung der historischen Schuldfrage. Die Vermengung zahlreicher juristischer Einzelfragen leistet einer intransparenten Hinterzimmerlösung Vorschub.
  4. Die Stadt Potsdam trägt mit ihrer rückwärtsgewandten Stadtentwicklungs- und Baupolitik im Zentrum der Stadt zu einer Restauration konservativer und nationalistischer Kräfte und Leitbilder bei. Sie leistet den Hohenzollern in Ihrem Anspruchsdenken Vorschub. Gleichzeitig entwertet sie durch die zahlreichen barocken Schaukulissen das Weltkulturerbe.
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