Ein Wald mit rund 18.000 Buchen, der vor 45 Jahren gepflanzt worden wäre, wäre notwendig, um die CO2-Menge auszugleichen, die durch die Herstellung der Baustoffe und die Errichtung des Staudenhofes emittiert wurde. Wenn die Stadt jetzt noch den Gebäudekomplex abreißen und klein schreddern möchte, damit es als Bauschutt unter weiteren sinnlosen Straßenprojekten vergraben werden kann, dann erhöht sich dieser CO2-Rücksack noch mal deutlich. …
… Das neue Quartier – Block V genannt – mit seinem großen Bauvolumen, welches wiederum neue Baustoffe benötigt, macht das Klimaproblem noch größer. Insgesamt wären dann 40.000 Bäume und ein halbes Jahrhundert notwendig, um den klimapolitischen und ökologischen Unsinn auszugleichen.
Die angeblich Grünen im Stadtparlament argumentieren, dass die neuen Häuser weniger Energie im Betrieb verbrauchen. Dies ist nicht nachvollziehbar, denn wenn der Staudenhof energetisch saniert wird, kann er aufgrund seiner Kompaktheit, der Möglichkeit der Solarnutzung und Schaffung von Dachgärten gleiche Standards erreichen. Doch wieder mal ging es nicht wirklich darum, oder um die Abwägung von Varianten und ihren ökologischen und sozialen Effekten, sondern nur um das Stadtbild. Hauptsache die Mitte schön!
Einen wirtschaftlichen Vorteil konnten die Abrissbeführworter*innen nicht wirklich nachweisen, da nur „vorsortierte“ Varianten bewertet wurden. Anja Heigl (DIE aNDERE) argumentierte im Hauptausschuss am 10.03., dass bei der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung vieles nicht in Betracht genommen worden sei. Es sei „eine gewisse Arroganz der Stadt“, 40 Millionen Euro für den Neubau auszugeben, anstelle von 18 Millionen Euro für die Sanierung des Vorhandenen.
„Bauen müsse in Zukunft als Kreislaufwirtschaft organisiert werden und das Ziel aller Baukultur solle das Leben der Menschen im Einklang mit der Natur sein,“ fordern der Direktor Emeritus des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) Hans Joachim Schellnhuber und seine Mitstreiter*innen. Er berät die EU-Kommissionspräsidentin und das im Oktober 2020 initiierte Neue Europäische Bauhaus. Doch in der Heimatstadt des Nachhaltigkeits-Institutes (IASS) und des PIKs verhallt derartiges an der Arroganz der SPD und dem unökologischen Abwägungen der GRÜNEN. Sie machten den Weg frei für den Abriss des Staudenhofes. Mit ihnen stimmten der rechts-konservative Block aus AfD, CDU, FDP und das Bürgerbündnis. DIE LINKE und DIE aNDERE stimmten im Hauptausschuss gegen die Vorlage des OBM Schubert.
Auch die Klimaschutzinitiative von Fridays for Future (FFF) ist unzufrieden mit dem, was in der Stadt und bundesweit in den vergangenen Monaten für den Klimaschutz unternommen wurde. Die Klimaschützer*innen werfen Stadt „leere Versprechungen“ vor!
Deshalb rufen sie zu einem Klimastreik am 19. März 2021 auf. „Die Stadt Potsdam hat in den letzten Wochen gezeigt dass ihr Klimanotstand auch nichts weiter als ein leeres Versprechen ist“, schreibt FFF-Potsdam auf Facebook und bezieht sich etwa auf die Baumfällungen im Nuthewäldchen für den Wohnungsbau oder die Absicht den Staudenhof abzureißen. „Die Stadt hat klar gezeigt, dass ihr das Klima egal ist!“
Scharfe Kritik am Abriss des „Staudenhof“-Komplexes kam auch vom Bund Deutscher Architektinnen und Architekten (BDA). Er wendet sich in einem offenen Brief ausdrücklich gegen die Abrisspläne. Der Vorstand des BDA-Landesverbands Brandenburg warnt: „Hier steht ein Haus im Fokus, das neben der verschwundenen Fachhochschule, neben dem abgerissenen ,Haus des Reisens’ und neben dem Mercure zu einem der vielleicht letzten hervorragenden Beispiele für die DDR Moderne in Potsdam steht. Die guten Beispiele von DDR-Architektur werden leider immer seltener.“ Den Brief haben wir unter Staudenhof: Abriss oder Erhaltung? – Potsdam – Stadt für alle (potsdam-stadtfueralle.de) bereits dokumentiert.
Insgesamt kann, wie der Fachhochschule festgestellt werden: Das Prinzip „Die Bausubstanz der Moderne verrotten lassen“ ist in Potsdam ein probates Mittel, wenn es darum geht, einen weiteren Schritt zurück in die Kulissen des (vor)letzten Jahrhunderts beschreiten zu können. Die Grünen als Konservator*innen und Vorreiter*innen der Wegwerfgesellschaft und die SPD als Vernichterin öffentlichen Geldes und Preistreiberin bei Potsdams Mieten. Denn auch dies wird ein Effekt der neuen Quartiere in der sogenannten Mitte sein.