Von der Entschuldigung zum Volksaufstand

Nicht nur Eiskunstläuferinnen drehen in letzter Zeit Pirouetten. Die Kanzler*innenrunde berät stundenlang und vermeldet die Ergebnisse mit neuen Beschlüssen zur Pandemiebekämpfung. Kaum waren diese öffentlich, wurden sie zurückgerufen. Der grundsätzliche Ansatz, dass eine Kanzlerin und 16 Ministerpräsident*innen in Nacht- und Nebelgesprächen beraten und entscheiden, stößt nicht nur auf Kritik vieler Parlamentarier*innen. Auch einzelne Potsdamer*innen meinen „Ich muss mich einmischen.“

Die PNN beziehen sich am 25.03. auf Äußerungen der sich einmischenden Frau Witt: „In einer neuerlichen Kritik schreibt sie, dass sie sich durch das Zustandekommen von Corona-Entscheidungen an DDR-Zeiten erinnert fühle.“ Diese hatte geäußert: „Die Ähnlichkeit ist verblüffend, was man im Namen „zum Wohle des Volkes“ so kollektiv, früher im Sozialismus und gegenwärtig im Kapitalismus, in so kleinem Kreise einfach durchsetzen kann“. Frau Witt soll geäußert haben: „Ich mag es gar nicht aussprechen, aber ein kleines Teufelchen auf meiner Schulter flüstert mir fast schelmisch ins Ohr – „Willkommen zurück in der DDR““

Die PNN-Redakteurin Kaufmann kommentierte dies wie folgt: „Mindestens einen großen Unterschied gibt es da doch: Vielleicht habe ich eine Wissenslücke, aber dass Erich Honecker wie jetzt Kanzlerin Angela Merkel (CDU) nach der Rücknahme der Osterruhe einst Fehler in der Politik eingeräumt und bei der Bevölkerung um Entschuldigung gebeten hätte, ist mir zumindest nicht bekannt.“

Darauf hin wurde die Redakteurin informiert, dass sie sich irrt! Auch wir wollen helfen, die Wissenslücke zu schließen:

Es war nicht Erich Honecker aber Walter Ulbricht bzw. die SED-Führung, die sich wirklich einmal beim DDR-Volk entschuldigte: am 11. Juni 1953!*
Zuvor gab es im Mai 1953 den Beschluss der Normerhöhungen für die Bauarbeiter (10 Prozent Steigerung) und viele andere Empfehlungen, die natürlich Beschlusscharakter hatten. Allerdings wurden dabei die „Interessen von Einzelbauern und -händlern, von Handwerkern, der Intelligenz und der Kirche sträflich missachtet“. So zumindest die späte Erkenntnis. Die Entschuldigung kam zu spät und war zu unglaubwürdig. Die Normerhöhung wurde nicht zurückgenommen. Das Ganze endet im Aufstand am 17. Juni 1953.

Hoffen wir mal, dass sich Geschichte nicht wiederholt.

Übrigens: Samstag den 27. März 2021 findet in vielen Städten in Europa der Housing Action Day statt. Auch in diesem Jahr beteiligt sich das Netzwerk „Stadt für alle“ Potsdam mit einem eigenen Aufruf und Aktionen an dem kleinen Volksaufstand.

*siehe auch https://www.tagesspiegel.de/berlin/11-juni-1953-die-sed-gibt-fehler-zu/421690.html).

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