Der Staudenhof – Das Symbol für die Bauwende in Potsdam

In einem offenen Brief haben heute hunderte Menschen und Organisationen aus Politik, Klimaforschung, Architektur, Wissenschaft und Kultur den Erhalt des Staudenhofs in Potsdam gefordert und damit zu einer Bauwende in der Stadt aufgerufen.
Im Grunde hat sich hier fast die komplette Potsdamer Stadtgesellschaft zusammengetan mit namhaften Expert*innen für Stadtentwicklung und Kilmaschutz, Architektur und eine soziale Stadt.
Es ist ein riesiger Erfolg der Aktivengruppe zur Rettung des Staudenhofs, dass sich hinter der Forderung, den Staudenhof zu erhalten und als Symbol für eine Bauwende in Potsdam sozial und ökologisch zu sanieren. Viele Menschen aus dem Netzwerk „Stadt für alle“ waren an diesem Prozess die letzten Monate beteiligt.

Jetzt wird es spannend zu sehen, wie die Politik in Potsdam auf diesen offenen Brief reagiert. Immerhin stehen auch namhafte Vertreter*innen der Grünen unter dem Aufruf – während die Fraktion in der Stadtverordnetenversammlung bisher immer für den Abriss und eine barocke Neubebauung stand. Die Frage ist vor allem: Wird es möglich sein, SPD und Grüne in Potsdam aus ihrer Blase zu holen, in der sie sich nun schon seit 32 Jahren immer wieder nur selbst bestätigen, dass 1990 irgendwann mal beschlossen wurde, eine „behutsame Wiederannäherung an das barocke Stadtbild“ zu erreichen – und dabei inzwischen alle aktuellen Erkenntnisse von Stadtplanung, Klimaschutz und Sozialpolitik ignorieren.

www,staudenhof.info

Wir dokumentieren:

Offener Brief: Retten wir den Staudenhof – gemeinsam die Bauwende gestalten!

Pressemitteilung des Aktivenkreises

Pressemitteilung, 25.11.2022

Breites Bündnis für Erhalt des Staudenhofs: klimafreundlicher und sozialverträglicher Umbau gefordert.
Neue Perspektiven für den Staudenhof: Vertreter aus der Potsdamer Zivilgesellschaft haben
gemeinsam mit Experten aus Wissenschaft und Architektur einen Aufruf verfasst, der den Erhalt des historischen Gebäudekomplexes fordert. Ziel ist es, das Gebäude am Alten Markt 10 den sog. Staudenhof – zu einem klimafreundlichen und sozialverträglichen Modellprojekt umzubauen. Die Politik fordern sie auf, den geplanten Abriss des bewohnten und genutzten Gebäudes zu stoppen und sich stattdessen für eine umfassende Modernisierung zu entscheiden.

Die Prämissen, die seinerzeit zu dem Abriss-Beschluss geführt hätten, seien angesichts der sich zuspitzenden Klimakrise hinfällig, argumentiert die Initiative, zu der sich eine Gruppe von 40 Aktiven aus Potsdam zusammengeschlossen hat.
„Der Energie- und Ressourcenverbrauch beim Neubau von Gebäuden ist gigantisch“, sagt der Potsdamer Architekt Philipp Jamme, der zu den Erstunterzeichnern des Aufrufs gehört. „Allein die Produktion von Zement ist weltweit für acht Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich. Bau- und Abbruchabfälle machen außerdem mehr als die Hälfte des in Deutschland anfallenden Mülls aus. Das bisher übliche Abreißen und Neubauen von Gebäuden schadet deshalb massiv unserem Klima und passt einfach nicht mehr in die Zeit.“

Dass funktionstüchtiger Gebäudebestand erhalten bleibt, statt durch klimaschädlichen Neubau mit historisierenden Fassaden ersetzt zu werden, ist deshalb erstes Ziel der überparteilichen Initiator:innen. Doch sie bringen weitere Argumente in die Debatte ein. „Das Gebäude Staudenhof ist ein qualitativ hochrangiger Beitrag zur Ostmoderne. Durch seinen Abriss würde ein herausragendes Gebäude ostdeutscher Zeitgeschichte zugunsten neu-barocker Nachbauten verschwinden“, sagt Prof. Stephanie Herold, Denkmalpflegerin an der TU Berlin. „Ein weiteres Stück Potsdamer Identität würde unwiederbringlich verloren gehen“.
Zudem ziehe jeder Abriss von genutztem Wohnraum die Vertreibung langjähriger Bewohner und den
Verlust von bezahlbarem Wohnraum nach sich, argumentiert die Initiative. Im Falle des Staudenhofs bedeute das den Verlust von 186 Wohneinheiten und die Vertreibung von über 230 Kindern und Erwachsenen aus der Innenstadt.

Der Aufruf erfährt breite Unterstützung und hat bereits jetzt zahlreiche Unterzeichnende aus vielen Teilen der Bevölkerung gewonnen. Dazu gehören Personen aus der Zivilgesellschaft, Politiker:innen, Expert:innen, Wissenschaftler:innen und Kulturschaffende bis hin zu Institutionen, Kammern und Verbänden. Auch darüber hinaus befürworten immer mehr Potsdamer den Erhalt des Staudenhofs. So haben sich in einem aktuellen Bürgerbeteiligungsverfahren der Stadt Potsdam knapp 5.300 Bürgerinnen und Bürger für den Erhalt und die Sanierung des Gebäudes am Staudenhof ausgesprochen.
Susanne Wartzeck, Präsidentin des Bundes Deutscher Architektinnen und Architekten: „Wir schließen uns der Forderung an, die Diskussion um den Staudenhof unter den Zeichen der Klimakrise neu zu führen, das Gebäude zu erhalten und zu einem Modellprojekt der sozialen und nachhaltigen Stadtentwicklung umzubauen.“
Andreas Rieger, Präsident der Brandenburgischen Architektenkammer, begründet die Notwendigkeit einer Debatte zum Abriss des Staudenhof und dem Ersatzneubau mit der Frage, ob ein Neubau tatsächlich eine Verbesserung ist gegenüber einer Instandsetzung und Modernisierung des Staudenhofs:
„Hinsichtlich des Klimaschutzes sicher nicht. Gibt es also noch andere Argumente, die für einen Abriss sprechen? Können wir in Europa als Hauptverursacher des Klimawandels mit diesen Argumenten noch den anerkannten Anforderungen
an den Klima- und Ressourcenschutzes gerecht werden? Die derzeit realisierten Bauten am alten Markt lassen schlimmes befürchten. Der Beschluss der Stadtverordnetenversammlung erweist sich als eine verpasste Chance für die Baukultur in Brandenburg.“

Am 07.12.2022 wird im Rahmen der Potsdamer Stadtverordnetenversammlung dieser Aufruf
dem Oberbürgermeister offiziell übergeben

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