… vor 50 Jahren.
Am 11. September 1973 putschte das Militär in Chile. Eine Junta unter der Führung von Augusto Pinochet regierte Chile daraufhin bis zum 11. März 1990 als Militärdiktatur. Der Putsch war ein zentrales Ereignis im Kalten Krieg mit ähnlich symbolhafter Bedeutung wie die Revolution in Kuba.
Von 1970 bis 1973 war Salvador Allende Präsident von Chile. Seine Präsidentschaft war der Versuch, auf demokratischem Wege eine sozialistische Gesellschaft in Chile zu etablieren. Allende war der Kandidat der Unidad Popular, einem Zusammenschluss von Sozialisten, Kommunisten und einigen kleineren Linksparteien. Er wurde mit Unterstützung der Christdemokraten zum Präsident. Salvador Allende wurde durch den Militärputsch gestürzt, den die USA half vorzubereiten und den die Bundesrepublik ebenfalls unterstützte. Ebenso wie das Regime Pinochet in den Folgejahren.
Nachdem Pinochet vor 50 Jahren die Macht ergriffen hatte, sagte US-Außenminister Henry Kissinger, dass die Vereinigten Staaten „die größtmöglichen Voraussetzungen (für den Putsch) geschaffen haben“.[1] Ein zweites Kuba sollte verhindert werden. Gleichzeitig war die Ausbeutung der Bodenschätze in Chile durch amerikanische Firmen in Gefahr. Die Allende-Regierung hatte die Bergbauminen (Kupfer, Kohle) verstaatlicht.
Die CIA unterrichtete übrigens den Bundesnachrichtendienst bereits einige Tage vor dem Umsturz vom geplanten Putsch. Der Bundesnachrichtendienst soll es unterlassen haben, den damaligen Bundeskanzler Willy Brandt davon zu unterrichten. Über Alfred Spuhler, einen Stasi-Spion im BND, gelangte die Information in die DDR. Eine Warnung an Allende aus Ost-Berlin kam jedoch zu spät.[2]
Der Putsch war ein Gewaltexzess großen Ausmaßes. Unmittelbar nach dem Putsch gab es die meisten Opfer, sowohl von Folterungen wie von politischen Morden. Allein am 11. September wurden 2.131 Menschen aus politischen Gründen verhaftet, bis Ende des Jahres waren es 13.364. Opfer waren vor allem Mitglieder und Sympathisanten von Regierung, Linksparteien und Gewerkschaften. Die Festnahmen erfolgten meist in Fabriken, Universitäten und Gebäuden von Regierung, Linksparteien und Gewerkschaften. Oft wurden fast alle Anwesenden massenweise verhaftet. Öffentliche Gebäude wie Stadien, Konferenzhallen und Schulen wurden zu Lagern umgerüstet. Der berühmteste Fall ist das Estadio Nacional, in dem alleine mehr als 40.000 Gefangene zusammengetrieben worden sind. Darüber hinaus gab es Lager in Pisagua und Chacabuco, und die berüchtigte (deutsche) Colonia Dignidad wurde ebenfalls zu Folterungen benutzt.[3]
Die Verstrickung der Colonia Dignidad in das Pinochet-Regime und die „Unterstützung“ des damaligen Auswärtigen Amtes, der damaligen Bundesregierung sowie Dritter, zeigt die halbstündige Doku in der ARD-Mediathek https://www.ardmediathek.de/video/fakt/chile-1973-bnd-gegen-stasi/das-erste/Y3JpZDovL21kci5kZS9zZW5kdW5nLzI4MTA2MC8yMDIzMDkwNTIxNDUvZmFrdC1ibmQtZ2VnZW4tc3Rhc2ktMTAw
Insgesamt wurden vermutlich etwa 3197 (gesicherte Anzahl der Opfer) bis 4000 Menschen während der Diktatur ermordet, der Großteil davon in den Wochen nach dem Putsch. Etliche Menschen verschwanden spurlos und auf bis heute ungeklärte Weise. Etwa 20.000 Menschen flohen noch 1973 ins Ausland. Auch nach Deutschland; in die BRD ebenso wie in die DDR.
Das Thalia-Kino nimmt sich am 11.09. dem Thema, der Schlacht um Chile, mit einem dreiteiligen Filmabend an. Organisiert wurde dieser Abend vom VVN/BdA Brandenburg und dem Lateinamerika-Arbeitskreis terra unida.
„Die Schlacht um Chile: Der Kampf eines unbewaffneten Volkes“ (spanisch: La batalla de Chile: La lucha de un pueblo sin armas) ist ein chilenisch-kubanischer Dokumentarfilm des chilenischen Filmemachers Patricio Guzmán, der in drei Teilen besteht: Der Aufstand der Bourgeoisie (La insurrección de la burguesía 1975), Der Staatsstreich (El golpe de estado; 1976) und Die Macht des Volkes (El poder popular); 1979). Als Chronik der politischen Spannungen in Chile im Jahr 1973 und des Militärputsches gegen die Regierung von Salvador Allende gewann er 1975 und 1976 den Grand Prix beim Internationalen Filmfestival von Grenoble.
1996 wurde „Chile, Hartnäckige Erinnerung“ veröffentlicht und folgte Guzmán zurück nach Chile, als er den dreiteiligen Dokumentarfilm Chilenen vorführte, die ihn noch nie zuvor gesehen hatten.
Das Thalia-Kino zeigt die drei Filme:
18:00 Uhr Der Aufstand der Bourgeoisie
19:45 Uhr Der Staatsstreich
21:30 Uhr Die Macht des Volkes
Eintritt frei.
P.S. Auf Antrag der Wählergruppe DIE aNDERE beschloss die SVV am 06.09.2023, dass Dr. Salvador Allende in den Pool der Straßennamen Potsdams aufgenommen wird.
Am Tag des Putsches 1973 nahm sich Allende das Leben. An diesem 11. September, ca. drei Stunden zuvor hielt er als Präsident seine letzte Rede an das chilenische Volk per Radio:
„Mit Sicherheit ist dies die letzte Gelegenheit, mich an Sie zu wenden. […] Mir bleibt nichts anderes, als den Arbeitern zu sagen: Ich werde nicht aufgeben! In diesem historischen Moment werde ich die Treue zum Volk mit meinem Leben bezahlen. […] Sie haben die Macht, sie können uns überwältigen, aber sie können die gesellschaftlichen Prozesse nicht durch Verbrechen und nicht durch Gewalt aufhalten. Die Geschichte gehört uns und sie wird durch die Völker geschrieben. Arbeiter meiner Heimat: Ich möchte Ihnen für Ihre Treue danken. […] Es lebe Chile! Es lebe das Volk! Es leben die Arbeiter! Dies sind meine letzten Worte und ich bin sicher, dass mein Opfer nicht umsonst sein wird, ich bin sicher, dass es wenigstens ein symbolisches Zeichen ist gegen den Betrug, die Feigheit und den Verrat.“ [4]
[1] Peter Kornbluh: The Kissinger Telcons: Kissinger Telcons on Chile. National Security Archive Electronic Briefing Book No. 12, 26. Mai 2004 (gwu.edu)
[2] Peter Müller, Michael Mueller, Erich Schmidt-Eenboom: Gegen Freund und Feind. Der BND: Geheime Politik und schmutzige Geschäfte. Reinbek, Rowohlt 2002, ISBN 3-498-04481-8
[3] Abschlussbericht der Valech-Kommission zur Folter in Chile (spanisch), besonders S. 351 (comisiontortura.cl (Memento vom 24. August 2009 im Internet Archive) PDF; 1.2 MB).
[4] nach ciudadseva.com (Memento vom 9. November 2006 im Internet Archive)