Am Freitag Nachmittag haben über 700 Menschen in Potsdam für den Erhalt ihrer selbstorganisierten Freiräume, gegen Nazis und rechte Kulturkämpfer demonstriert.
Wir dokumentieren hier wichtige Redebeiträge, zeigen Bilder und berichten über die Stimmung.

Wieder einmal müssen wir diese Gegenöffentlichkeit hier schaffen, weil auch diesmal weder MAZ, noch PNN über die Demonstration berichteten. Obwohl sie am Dienstag zur Pressekonferenz waren sind bis heute auch keine Berichte über die große Hintergrundrecherche von Stadt für alle und AStAretten erschienen.
Die Demonstration begann am Neuen Palais, direkt vor dem AStA der Uni Potsdam. Dies hatte natürlich einen gewichtigen Grund, denn genau der aktuelle AStA der UP hatte im Oktober letzten Jahres mit der Kündigung von 11 studentischen Mitarbeiter*innen eine Auseinandersetzung eskaliert, die wir heute als Symbol eines Kulturkampfes von rechts bezeichnen.

Wie viele Studierende dazu denken zeigte sich, als zahlreiche junge Menschen direkt aus der Uni und den Wohnheimen zur Demo kamen. Sie stellten eindeutig der Mehrheit der Teilnehmenden.
Vertreter*innen verschiedener Fachschaften sprachen genauso wie solidarische Menschen von den DGB – Studis, von FAU und auch aus der Fachhochschule Potsdam.
Alle Redebeiträge setzten die Entwicklungen an der Uni Potsdam in einen gesellschaftlichen Kontext.
Heute geht es gegen die unheilige Allianz von Marktradikalen, rechten Medienportalen, Rechtskonservativen und völkischen Rassisten!
Was in Potsdam passiert ist kein Zufall und der Tabubruch, von dem viele in dieser Woche gesprochen haben ist im AStA längst passiert.
Die kämpferische und laute Demo solidarisierte sich mit allen bedrohten Projekten der Stadt:
KuZe bleibt.
FemArchiv bleibt.
Freiland bleibt.
Archiv bleibt.
LaLeander bleibt.
Rechenzentrum bleibt.

Das war der Tenor auf der langen Strecke bis zum KuZE.
Danke an alle, die da waren, an Orga und Solikante für heißen Tee und Essen, die Linke für die Technik und viele Helfer*innen.
Uns kriegt Ihr nicht klein!
Redebeiträge
Redebeitrag AStAretten
Redebeitrag Studierende Fachhochschule Potsdam
Redebeitrag Freiräume verteidigen
Ganz besondere Leseempfehlung:
Redebeitrag Fachschaftsrat Slawistik
– der sehr gut die gesellschaftlichen Mechanismen auf das Verhalten autoritärer Cis – Frauen im AStA der UP zeigt.
Redebeitrag von Anwohner*innen der G. Schollstraße
– der zeigt, wie schnell bei Nazis und Rassisten aus Kulturkampf Gewalt werden kann
Redebeitrag der Recherchegruppe
Seit Mittwoch dieser Woche reden alle in Deutschland von einem Tabubruch.
Und ja: Formal war es das auch und zeigt auf drastische Weise, wohin die gesellschaftliche Debatte und Entwicklung in diesem Land geführt hat.
Aber eigentlich war dies nur die logische Konsequenz aus Jahren rassistischer Ausgrenzung und Feindbilder. Zur Wahrheit gehört deshalb auch, dass viele Parteien in diesem Land Migration seit Jahren für alles verantwortlich machen, was schief läuft. Ob Gesundheit, Bildung, Wohnen oder Sicherheit – immer werden geflüchtete Menschen schuldig gemacht.
Das schlimme gesellschaftliche Klima heute ist auch das Ergebnis einer solch inhumanen Politik – umgesetzt in immer mehr Abschiebungen, Push – backs, Bezahlkarten oder Missachtung des Kirchenasyls.
Und in Potsdam beobachten wir diese dramatische gesellschaftliche Entwicklung schon länger.
Hier findet er seinen Ausdruck in einem „Kulturkampf von rechts“.
Diese Woche haben wir in einer großen Hintergrundrecherche die Analyse dafür geliefert.
Wir können nachweisen, wie in Potsdam rechte Medienportale, Marktradikale, Rechtskonservative und völkische Rassisten selbstverwaltete Freiräume und Kultur angreifen und bedrohen.
Das, was die betroffenen Menschen im KuZe und im FemArchiv seit Herbst letzten Jahres erleben hat nur wenig mit Arbeitsrecht und persönlichen Konflikten zu tun.
Es ist das Ergebnis eines rechten Kulturkampfes.
Führend daran beteiligt ist das rechte Medienportal NiUS von Julian Reichelt, liberale und konservative Hochschulgruppen und natürlich die AFD.
Ich will und kann hier nicht die ganze – sehr umfangreiche – Recherche vorlesen, aber die dargestellten Zusammenhänge an zwei Beispielen erklären.
Amir Makatov heißt der Autor diverser Berichte im NiUS über Projekte und Initiativen in Potsdam. Alle enthalten ein wüstes Sammelsurium von Behauptungen, Verleumdungen, Falschaussagen und Hetze. Auf seinem Blog hat er quasi als Manifest rechten Kulturkampf folgendes geschrieben:
„Während illegale Migranten „im großen Stil“ abgeschoben gehören, muss es eine Priorität werden, die legalen geistigen Brandstifter zum freiwilligen Umzug zu bringen. […] Aber wie soll das gehen, ohne in einen gefährlichen Autoritarismus zu verfallen? Ganz einfach: Man kappt alle Gelder für „karitative“ oder „demokratiefördernde“ Vereine, schafft den Rundfunk ab und bekämpft auf akademischer Ebene jeden Fußbreit linker Ideologie. Wir brauchen einen Bruch mit dem NGO-Komplex und eine Reinigung der deutschen Schulen und Universitäten von antizivilisatorischen Ideologien.
Gender-Ideologie und kritische Rassentheorie gehören nicht nur belächelt, sondern aus dem akademischen Diskurs verbannt.„
Und vor einer Woche hat Makatov im Zuge der Berichterstattung über Kürzungen im Kulturbereich zum Kulturzentrum Freiland auf X geschrieben: „Deswegen Steuern runter, Freiland in Wohnungen verwandeln.“ Als Symbolbild dazu: ein Bagger.
Die liberale Hochschulgruppe an der UP – welche im aktuellen AStA der UP die Vorsitzende und den Finanzreferenten stellt – hat am bedrohten Kulturzentrum KuZe einen Aufkleber mit dieser Botschaft hinterlassen: „Ganz nett hier. Aber ward ihr schon mal in der Sansibar in Sylt?“
Zur Erinnerung: In solchen Bars war`s, in der junge Deutsche Abiturient*innen fröhlich „Ausländer raus“ zu einem bekannten Hit gebrüllt haben.
Und zur Einordnung: Eben jener aktuelle AStA ist es, der mit seinen pauschalen Kündigungen von 11 Mitarbeitenden die gesamte studentische Selbstverwaltung in Potsdam in Frage stellt und zerstören will.
In ihren Sitzungen ist wie selbstverständlich auch Amir Makatov dabei, der dort nachgewiesenermaßen Informationen bekommen hat, die nicht öffentlich zugänglich waren.
Fast alle bedrohten und selbstverwalteten Projekte in Potsdam werden überdies von der AFD angegriffen. Viele von ihnen waren im letzten Jahr Ziel von Anfragen im Landtag – meist verbunden mit der Infragestellung öffentlicher Finanzierungen. Das Freiland steht immer wieder im Mittelpunkt. Mit einer Anfrage bei den Kommunalaufsicht versuchen sie, den lange geplanten Erbbaupachtvertrag zu verhindern.
In einer Pressekonferenz der AFD zu den Protesten gegen ihren Parteitag in Riesa hat die Partei fast wortwörtlich die Argumentation von Makatov im NiUS übernommen und die „Studis gegen Rechts“ in Potsdam ins Visier genommen.
Und gepuscht wird dieser Kulturkampf von Rechts massiv von der CDU Landtagsabgeordneten Saskia Ludwig, die erst letzte Woche ein Zusammengehen mit der AFD nach den Bundestagswahlen gefordert hat. Sie hat bei den letzten Stupawahlen der UP 2024 den RCDS mit seiner Kampagne gegen Genderwahn, Veggiday und linke Identitätspolitik (alles Zitate) unterstützt.
Deswegen unser Fazit: Viele Tabus sind hier in Potsdam bereits gebrochen.
Der Kulturkampf von rechts bedroht die kulturelle Vielfalt, selbstorganisierte Projekte und Einrichtungen dieser Stadt.
Viele von diesen sind aber aktuell doppelt bedroht. Die geplanten Kürzungspläne der Stadt gefährden die finanzielle Substanz vieler Einrichtungen. Auch hier ist leider wieder das Freiland betroffen, aber auch Theater und viele Kulturprojekte.
Wenn wir dann noch bedenken, dass erst diese Woche wieder über der Abriss des Rechenzentrums spekuliert wurde, das LaLeander zu einem Spekulationspreis verkauft werden soll, um dort möblierte Mikroappartements zu errichten, dann können wir vielleicht erahnen, vor was für einem Kahlschlag diese Stadt steht.
Wenn wir das zulassen, was rechte Medienmacher, Nazis, Marktradikale und CDU – Rechtsaußen sich wünschen wird die Stadt eine andere sein.
Das werden wir nicht zulassen.
Das dürfen wir nicht zulassen.
Deshalb sind wir heute hier auf der Straße.
Solidarisch, gemeinsam und widerständig.
Wir schützen unsere Freiräume und leisten Widerstand gegen rechte Hetze und Kulturkämpfer!

Der Abriss des Rechenzentrums ist alternativlos. Da bringt es auch nichts, über angeblich verloren gehende Freiräume (was immer das sein mag) zu lamentieren. Für das RZ entsteht Ersatz in Form des Kreativquartiers. Das Bestandsgebäude ist dringend sanierungsbedürftig, eine Verlängerung der Betriebserlaubnis ist weder realistisch noch vernünftig, eine Sanierung ist unrentabel und unerschwinglich.
Man muss hier nicht die Nazi-Keule auspacken, sondern lediglich akzeptieren, dass minderwertige Gebäude eine begrenzte Lebensdauer haben. Die des RZ ist abgelaufen.