Und Tschüss …

Am Wochenende wird in Potsdam ein neuer Oberbürgermeister gewählt.
Und der bisherige OB – Jann Jakobs – scheidet aus diesem Amt.
Es wird Zeit.
Dies ist ein Nachruf auf fast 16 Jahre neoliberale und selbstherrliche Stadtpolitik.

… mit Kommentaren unten!

Unüberhörbar und mit großem Stolz präsentierte Jann Jakobs seine Stadt. Auf einer der letzten großen Diskussionsrunden zu „Grenzen des Wachstums“ konnte man kürzlich noch einmal sein Credo hören: Wachstum, Zuzug, Schönheit und Reichtum.
In seine Stadt wollen sie alle, die Reichen, Schönen und Einflussreichen. Da wohnt er inzwischen auch und wer ihn je bei sogenannten Investorentreffen oder Immobilienmessen erlebt hat, weiß, da hat er sich wohl gefühlt.

Und so hat er „seine“ Stadt auch gestaltet.
„Schön“ sollte sie sein, ihre barocke Fassade wieder bekommen, das große Geld wollte er in die Stadt holen und die Anerkennung der Promis haben.
Das klang ihm alles so logisch und war Teil seiner Lebenswelt, dass er kaum verstehen konnte, wenn dazu jemand Widerspruch formulierte.
Die ganz große „Rathauskoalition“ musste es in Potsdam sein, am Besten auch mit den Linken.

Und so ging er dann auch meist auch mit richtigem Widerstand um: Solche „Spinner“ wurden nicht ernst genommen, haben nur genervt, am besten man grenzte sie aus oder sie wurden kriminalisiert. Zuletzt erlebbar, als ein städtisches Bündnis die Fachhochschule kaufen kaufen und erhalten wollte.

Klima – und kinderfreundlichste Stadt, Beteiligungshauptstadt – darunter hat er es nicht gemacht, unser OB. Überall wollte er Sieger sein und Anerkennung finden.
Fast alles war Heuchelei und Fake.
Das Fahrradkonzept sind Streifen auf Hauptverkehrsstraßen, die teureste Luxuskita in Deutschland gibt es natürlich auch in Potsdam – in der Villa Ritz und Beteiligung heißt in der Stadt natürlich nicht, dass BürgerInnen mitentscheiden dürfen. Bürgerhaushalte hat er regelmäßig ignoriert, die Bürgerbegehren rechtlich clever ausgekontert.
Richtige Entscheidungen überließ Jann Jakobs lieber reichen SponsorInnen und potenten InvestorInnen. Nur privates Kapital kann Stadt gestalten – noch so ein Credo seiner Stadtpolitik.

Heute schauen wir auf das Ergebnis seiner Regentschaft.
Potsdam ist die teuerste Stadt der neuen Bundesländer und hat sein kommunales Eigentum eigentlich komplett verscherbelt. Bei Neuvermietungen werden inzwischen über 12 €/ m² aufgerufen.
Potsdam ist eine der am stärksten segregierten Städte in Deutschland, wie jüngst mehrere Studien nachwiesen. Zwischen Schlaatz und Heiligen See liegen Welten.
Potsdam ist eine zutiefst gespaltene Stadt. Um die Stadtmitte, um den Brauhausberg, um Garnisonkirche vs. Rechenzentrum tobt ein Kulturkampf, den Jann Jakobs mit seiner kompromisslosen Parteinahme immer neu befeuert hat.

Inzwischen wenden sich selbst die von ihm ab, welche seine Politik lange mitgetragen haben.
Jauch und Semmelhaack streiten schon länger, wer genug vom großen Potsdamer Kuchen abbekommen sollte. Die Reichen vom Heiligen – und Griebnitzsee ignorieren längst alle Bitten um ein Minimum an Gemeinwohlinteresse und sperren weiter die Uferwege. Und seine eigene Partei und vor allem dessen OB – Kandidat nimmt hör – und sichtbar Abstand von Höchstgebotsverfahren, Privatisierungen und Investorenorientierung. Mit dem Bezug auf diese Stadtpolitik ala` Jakobs ist 2018 keine Wahl mehr zu gewinnen.

Deshalb bleibt uns vor allem ein Wunsch zum Abschied:

Bitte halten Sie sich aus der Potsdamer Stadtpolitik in Zukunft heraus, Sie haben genug angerichtet.
Bitte werden Sie kein „Projektentwickler“ – wie Viele Ihrer SPD – Parteikollegen.

Sonst werden wir uns wieder gegenüberstehen, wenn wir weiter für ein „Potsdam für alle“ und damit gegen Ihre Politik streiten!!!

image_pdfRunterladen als PDF

2 Kommentare

  1. Hallo,
    seine Sozialpolitik hat auch komplett Versagt! Seit 2009 stellt unser Verein Anträge an die Stadt, um den Ärmsten dieser Stadt mit Rat und Tat bei zu stehen. Das Interessiert aber weder SPD noch Die Linke. Aber das scheint ja Tradition von SPD und Linken in dieser Stadt zu sein.

  2. Potsdams Oberbürgermeister geht …

    Der Oberbürgermeister geht nach 16-jähriger Amtszeit. Die Einen verabschieden ihn wohl „mit einem großen Bahnhof“. Andere meinen, ein paar Jahre weniger hätten der Stadt wahrscheinlich gut getan; ich gehöre zu ihnen.
    Die Pro’s loben sein Engagement für Potsdam. „Er hinterlässt eklatante ‚Dauerbaustellen‘ und eine gespaltene Stadt“, sagen seine Kritiker. Viele indes kümmern sich „auch nur um die Meisterung ihres eigenen Lebens“.
    Ich kritisiere das praktizierte und konzipierte „Facelifting“ und vermisse wichtige Akzente für eine gesunde Stadtentwicklung.
    Besonders gravierend empfinde ich (unter anderen) die städtischen Defizite in der Wirtschaftsförderung und – damit eng verbunden – der Verkehrsinfrastruktur.

    Zur Wirtschaftsförderung:
    Die Kritik setzt an bereits in der Nachwendezeit.
    Alle wissen: Die Wirtschaft – eine Stütze jedes gesunden Gemeinwesens. Einkommensteuer- und Gewerbesteuer-Anteile sind Säulen der kommunalen Einnahmen.
    Das sahen auch viele inzwischen „reich“ gewordene Kommunen so. Sie entwickelten „Gewerbegebiete“ (übrigens auch international üblich), generierten Gewerbesteuern und freuten sich über entstehende Arbeitsplätze und zusätzliche Einkommensteuer-Einnahmen.
    Ausgesprochen dürftig aber ist diese Entwicklung in Potsdam. Es gab immer wieder kritische Stimmen, aus der Industrie- und Handelskammer (IHK) zum Beispiel, oder auch andere wohlmeinende Ratschläge. Sogar Professor Plattner mahnte: Die Stadtentwicklung sei immer ein Kompromiss. Potsdam solle seinen Charme bewahren, ohne ein Museum zu werden. Eine ganz normale, erfolgreiche Stadt. Die lokale Industrie müsste eben auch mitwachsen und so zum Steueraufkommen beitragen.
    (Wie oft wurden wir mit dem Totschlagargument „unbezahlbar“ konfrontiert!)
    Die Wirtschaftsförderung der Stadtverwaltung beklagte noch in den letzten Jahren öffentlich, dass es kein ausreichendes Angebot an kurzfristig verfügbaren Gewerbeflächen gebe, dass Potsdam in den Ruf gerate, gewerbeunfreundlich zu sein, dass die Stadt „nichts zu bieten“ habe. Potsdam habe die Chance auf 8400 Arbeitsplätze vergeben.
    Aktuell erwirtschaftet die Stadt lediglich 572 Euro Gewerbesteuer pro Einwohner und Jahr, die kommunalen Spitzenwerte im Land Brandenburg liegen jedoch zwischen ca. 2.900 und 9.700 Euro.
    Interessant auch:
    In nahezu allen Landeshauptstädten der Bundesrepublik gibt es einen gewichtigen, eigenständigen „Geschäftsbereich Wirtschaft“. Potsdam dagegen spart (an der richtigen Stelle?) und leistet sich lediglich einen Fachbereich im Geschäftsbereich des Oberbürgermeisters.

    Zur Verkehrsinfrastruktur:
    Auch hier beginnt die Kritik bereits in der Nachwendezeit.
    Das Unvermögen der Stadt, eine vernünftige Verkehrsinfrastruktur zu planen und zu gestalten, ist schon lange, sehr lange chronisch geworden.
    ‚Die Probleme seien hausgemacht und Ergebnis einer über Jahre hinweg verfehlten Verkehrspolitik der Stadt‘ – so beginnt die Generalkritik eines früheren Potsdamer Verkehrsplaners. ‚Ein erheblicher Teil von Maßnahmen (ISES und Behlertstraße) hätte bereits realisiert werden können, mit einer Finanzierungszusage des Bundes aus 1991‘. Erst 2013 wurde das ISES-Projekt endgültig begraben.
    Anstatt – wirtschaftsfördernde und damit auch stadtentwicklungsgünstige – Lösungen auf Straße, Schiene und Wasser zu entwickeln, wurde an der städtischen Infrastruktur „herumlaboriert“, weit entfernt auch von einer abgestimmten Einbindung in das Umland.
    Mehrfach hat die IHK ein vernünftiges Verkehrskonzept angemahnt:
    ‚Der Stellenwert, den die Stadt den Ansprüchen des Wirtschaftsverkehrs einräumt, sei zu gering. Eine ideologisch getriebene Umgestaltung Potsdams nach dem Leitbild der autoarmen Stadt werde die Region Potsdam sicher nicht zukunftsfest machen.‘ Sie bezeichnete es als unnötig, den Arbeitspendlern sowie der Wirtschaft der Region einseitig den Zugang zur Landeshauptstadt erschweren zu wollen. Die Stadt solle die Lebensrealitäten der Wirtschaft sowie ihrer Bürger akzeptieren. An anderer Stelle warnte sie vor einem drohenden Verkehrsinfarkt.
    Es verfestigt sich der Eindruck:
    Hier werden Versäumnisse der Vergangenheit kaschiert zulasten genau jener Zukunftsfestigkeit der Stadt.
    Zum Abschluss gestatte ich mir noch diesen „Ausblick“:
    Wie wäre es mit dem folgenden „Befreiungsschlag“?
    Die Stadt betreibt weiter und konsequent die Gentrifizierung.
    Will heißen, „Attraktivitätssteigerung“ zur Verdrängung großer Teile der Bevölkerung zugunsten einer wesentlich kleineren, aber „gehobenen“ und zahlungskräftigen Klientel von Zuzüglern.
    Welche verlockenden Aussichten?
    Der Reichtum in der Stadt steigt bei sinkender Einwohnerzahl. Im Wesentlichen bevölkern nur noch Touristen das schöne Potsdam. Die Straßen wären frei von den Kleinwagen der Verdrängten, auch die Berufspendler würden weniger – weg mit dem „lästigen motorisierten Individualverkehr“. Den Wirtschaftsverkehr mit einem Lkw-Fahrverbot zähmen – wozu gibt es schließlich inzwischen die Lastenfahrräder. Potsdam läuft, radelt und öpnvt. Für die ein / zwei „größeren“ Limousinen / SUV’s jedes Neubürgers und die Sightseeing-Busse der Touristen reicht dann die Verkehrsinfrastruktur
    allemal. Selbst das Radwegekonzept – ein Wunschbaby der Stadt – könnte abgeschmolzen werden.
    E-Autos? Geht nicht, sie brauchen ja schließlich – nicht vorhandene – Verkehrsfläche.
    Und – siehe da – das Wohnungsproblem ist mit einem Schlag auch gelöst. Die Meckerer ist man los, freie Fahrt für die weitere „Gestaltung“ der Stadt. Die „Landflucht“ wird – zum Wohle Brandenburgs – dank der „Stadtflüchtlinge“ umgekehrt.
    Das wäre doch was? Oder? . . .

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert