… bei Vorkaufsrecht, Konzeptvergabe, Rekommunalisierung und Erbbaurecht
Überall diskutieren KommunalpolitikerInnen, BürgerInnen, MieterInneninitiativen, wie man den Mietenanstieg in den Städten begrenzen könnte, wie den Renditeerwartungen von Immobilieninvestoren zu begegnen ist.
Nur in Potsdam nicht.
Überall überlegen KommunalpolitikerInnen, BürgerInnen, MieterInneninitiativen, welche Möglichkeiten Rekommunalisierung von Wohnungen, Milieuschutz, Erbbaurecht oder Vorkaufsrecht bieten können.
Nur in Potsdam nicht.
Es ist ein RECHT einer Kommune. Festgeschrieben im Baugesetzbuch § 24 und 25.
Wenn es bauliche und soziale Entwicklungen in einem Stadtteil gibt, welche die Entwicklung dort in einem erheblichen Maße beeinträchtigen, dann hat jede Kommune das RECHT, ein „Kommunales Vorkaufsrecht“ geltend zu machen und den Verkauf an Immobilieninvestoren zu verhindern.
In Berlin und immer mehr Städten machen Bezirke und Kommunen von diesem RECHT Gebrauch.
Nur in Potsdam nicht.
Noch niemals hat Potsdam diesen Weg beschritten. Die Stadt hat noch nicht EINMAL von diesem Vorkaufsrecht Gebrauch gemacht. Nicht EINMAL hat Potsdam Immobilieninvestoren gesagt: So geht das nicht. Sogenannte „Negativzeugnisse“ wurden bei jedem Verkauf von Immobilien ausgestellt.
Dabei hat die Stadt – gewollt oder eher ungewollt – wichtige rechtlichen Voraussetzungen geschaffen. In der Erhaltungssatzung von 1992, bestätigt und neu formuliert 2014 wurden für sogenannte „Erhaltungsgebiete“ unter anderem in Babelsberg Süd und Nord, klare Bedingungen formuliert, wann, warum Häuser verkauft, saniert und verändert werden dürfen.
Dabei standen eigentlich immer äußere und Gestaltungsfragen im Mittelpunkt. Kern aller Satzungen war: So muss das aussehen. Wer darin zu welchen Bedingungen wohnt, spielte nie eine Rolle. Und trotzdem haben die AutorInnen dieser „Erhaltungssatzung“ mit dem Verweis auf den kompletten § 172 soziale UND gestalterische Vorgaben in der Satzung verankert.
Genau dies ist aber die Grundlage für ein VorkaufsRECHT“. Es wäre also seit Jahren möglich gewesen, Verkäufe an Spekulanten zu verhindern.
Nur in Potsdam nicht.
Und eigentlich ist laut Baugesetzbuch viel mehr möglich:
Auch Verkäufe an „Dritte“, also zum Beispiel gemeinschaftliche Projekte, gemeinnützige Institutionen, selbst mit einer möglichen „Preislimitierung“ (§ 28, Absatz 3 BgB).
In Berlin und anderswo werden auf der Grundlage fast im Monatstakt Häuser vor Spekulation geschützt und gemeinschaftliche Projekte unterstützt.
Nur in Potsdam nicht.
Nicht anders ist es bei der Frage des Umgangs mit kommunalen Eigentum. Jahrelang hat die Stadt ihr „Tafelsilber“ an Höchstbietende verkauft, heute gibt es kaum noch kommunale Flächen und Immobilien. Trotzdem hält die Stadt genau an der Praxis fest. Zuletzt hat es der Hauptausschuss am 13.02.2019 mit großer Mehrheit abgelehnt, den Verkauf kommunaler Eigentums zu stoppen. Man „dürfe das nicht verteufeln“ wird der Stadtkämmerer, Herr Exner /SPD zitiert. Als ob dies in den letzten 20 Jahren das Problem war. „VERTEUFELT“ wird in Potsdam weiter jede Idee, die den Ausverkauf der Stadt stoppen könnte.
Die Fraktion der Immobilieninvestoren – so ein Konstrukt gibt es wohl nur in Potsdam – sieht schon allein in der Idee der Erbbaupacht ein Investorenrisiko.
So wird in Potsdam ein halbes Jahr, nachdem sich im Oberbürgermeisterwahlkampf fast alle KandidatInnen dafür ausgesprochen haben, keine weiteren kommunalen Flächen zu kaufen, sondern diese eher zu erweitern, sprich dazu zu kaufen, weiter über die Möglichkeit gestritten, nach Konzept zu verkaufen. Die „Möglichkeit“, weil ja auf keinen Fall der Verkauf nach Höchstgebot verhindert werden dürfte.
Dabei haben auch hier andere Kommunen längst eine ganz andere Praxis, so auch beim Nachbarn Berlin.
Nur in Potsdam nicht.
Deshalb hat die gleiche „Große Investorenkoalition“ auch den Antrag der Fraktion „DIE aNDERE“ abgelehnt, in Krampnitz den Anteil der kommunalen Flächen zu erhöhen, mindestens aber zu erhalten. Sie hatte beantragt, dass die kommunale Gesellschaft ProPotsdam selbst 1.000 Wohnungen baut (was diese eigentlich sowieso tun müsste, um einen vereinbarten 20 % – Anteil kommunaler Wohnbestände in Potsdam zu halten) und 2.000 Wohnungen in Erbbaupacht an Genossenschaften, Baugemeinschaften und andere gemeinwohlorientierte Träger zu vergeben. Das geht in Ulm, Tübingen, Freiburg, München und anderswo, da ist das längst Praxis, vor allem, wenn neue Stadtquartiere entwickelt werden. Zeitungen und wissenschaftliche Beiträge sprechen gar von einer Renaissance des Erbbaurechts. So zum Beispiel der Bundesverband „Wohnen und Stadtentwicklung“.
Nur in Potsdam nicht.
Hier kann der Stadtverordnete und Immobilieninvestor Kirsch belehren, dass die Antragsteller „… eine Weiterbildung in Immobilienökonomie“ bräuchten.
Und die „Große Investorenkoalition“ aus CDU, Bürgerbündnis, SPD und Linken klatscht brav Beifall und schickt die Anträge in die Warteschleife.
In Potsdam nichts Neues.