Eine denkwürdige Veranstaltung zu den Plänen um das RAW Gelände
Am Montagabend fand eine Informationsveranstaltung der Stadt Potsdam zu den (neuen) Plänen auf dem ehemaligen RAW Gelände statt.
Eigentlich war alles wie immer: Die Moderation hatte mal wieder nicht das von der Stadt geförderte „Büro für Beteiligung“, sondern ein williges externes Moderationsunternehmen aus Berlin. Die Veranstaltung selbst sollte dazu dienen, Bürger*innen zu informieren, nicht, sie zu beteiligen. Die Pläne sind längst zwischen Stadt und Investoren abgestimmt. Leider hatte man aber nicht mal die Nachbar*innen aus dem Stadtteil eingeladen. Und dann präsentierte der Vertreter der Investoren ein paar schöne Folien mit Hochglanzbildern.
Soweit so wie immer.
Doch dann wurde aus dem Abend doch noch eine denkwürdige Veranstaltung. Herr Nauheimer als Geschäftsführer der RAW Potsdam GmbH und Vertreter des noch immer unbekannten superreichen Investors hatte auch davon gehört, dass sich Potsdam gern was von Gönnern und Mäzenen schenken lässt und spendierte allen ein kostenloses Bufett vom Cateringservice.
Nach ein paar wohlklingenden Worten, was für ein tolles Projekt auf dem RAW Gelände entstehen soll, aber redete er Klartext. Provoziert von kritischen Fragen aus dem Publikum stellte Nauheimer in seltener Offenheit klar, welche Folgen ein solches Projekt im Stadtteil haben wird: Selbstverständlich werden die Bodenpreise und Mieten im Quartier erheblich steigen, werden Bestandsbesitzer diese massiven Wertsteigerungen für Mieterhöhungen nutzen, wird es Verdrängungen geben, „es ist ja auch erfreulich, wenn die Mieten steigen“. Freudscher Versprecher: noch gebe es ja eine Genossenschaft.
Dann präsentierte er die Zahlen: 1400, meist hochwertige IT – Arbeitsplätze werden entstehen, von denen die meisten eine so hohe Bruttowertschöpfung erzielen (schön die Vergleiche mit apple und google), dass Gehälter weit über 100.000 €/ Jahr verständlich wären. Die könnten dann auch die hohen Mieten zahlen.
Für die 25.000 – 30.000 m² Gewerbefläche auf dem künftigen Campus gäbe es schon Vorverträge für etwa 12.000 m² (auch, wer diese Ankermieter seien, wollte er wieder nicht sagen). Die Mieten, welche diese künftig am Standort zahlen würden, sollen bei weit über 20 €/ m² liegen, für ein paar Start up`s würden Mieten bis 14 €/m² querfinanziert. Das Gesamtinvestionsvolumen werde bei rund 140 Mio. € liegen, die Höhe der Gebäude werde weiter 33 m erreichen.
Aber die gute Nachricht laut Nauheimer: „Hier wird kein UFO landen“.
Genau dies bezweifelte aber das Publikum, was sich im 2. Teil nicht mehr mit der Rolle von zu informierenden Statist*innen zufrieden geben wollte.
Jetzt wurde es zum Teil laut, hitzig und emotional.
Viele bezweifelten den Bedarf der Stadt Potsdam an tausenden IT – Arbeitsplätzen: „Wie viele arbeitslose IT Fachleute haben wir denn in der Stadt?“
Viele machten deutlich, dass die Mieten schon heute selbst für Erzieher*innen, Pädagog*innen, Feuerwehrleute und viele andere kaum bezahlbar wären.
Viele beschrieben das Verkehrschaos auf der schon heute oft verstopften F. Engels – Straße – wenn dann noch einmal täglich tausende Verkehrsteilnehmer*innen dazu kommen.
Viele fragten nach bezahlbaren Flächen für Kreative, Jugendgruppen, kleine Handwerker*innen, Kitas und Schulen (Nauheimer dazu immer: „Wir fokussieren uns lieber auf hochwertige IT.“)
Und natürlich konnten sich jetzt viele vorstellen, was ein solches Mega – Projekt mit dem eher kleinteilig und divers strukturierten Stadtteil machen wird: „Natürlich wird hier ein UFO landen!“
„Ein Bild des Jammers“ (Zitat aus dem Publikum) bot der anwesende Baubeigeordnete der Stadt, Herr Rubelt.
Denn sowohl Herr Nauheimer, als auch das kritische, inzwischen stark erregte Publikum wandten sich mit den Fragen nach den Folgen eines solchen Projektes vor allem an die Stadt: „Was plant die Stadt Potsdam, um die sozialen und kulturellen Folgen des Projektes abzufedern?“
Die Antworten von Herrn Rubelt lassen sich kurz in einem Wort zusammenfassen: Nichts.
Im Grunde hat sich die Stadt damit wohl noch nicht einmal befasst. Es gibt keine Konzepte für den stark zunehmenden Verkehr, nichts gegen Mieterhöhungen und Verdrängung, keine neue Flächen für die tatsächlichen Bedarfe der Stadt.
Fast schon hilflos verwies er immer wieder auf das in Potsdam nie umgesetzte Wohnungspolitische Konzept von 2014, darauf, dass die ProPotsdam doch so fleißig bezahlbare Wohnungen bauen würde und in Potsdam eh alles besser sei, als in Berlin.
Das war dann endgültig der Zeitpunkt, an dem im Publikum der Ruf nach Widerstand lauter wurde. Eigentlich könnte man an einem solchen Standort doch auch bezahlbare Wohnungen, ein Quartier für Kreative, Handwerker*innen und Bildungsprojekte bauen. „Vielleicht sollten wir die Nachbar*innen im Viertel wirklich informieren und eine Bürgerinitiative gründen?!“
Die Stadt hat da ganz andere Ideen von Beteiligung: Bis 29. April 2019 kann man seine Einwendungen an die Stadt schicken, „wir schauen dann, wie wir das berücksichtigen.“
Da war es doch wieder das übliche Format von Beteiligung in Potsdam; Wir planen und entscheiden und ihr dürft brav zuhören und euch freuen.
Vielleicht kommt es bei dem Projekt aber doch noch anders…
Leider sieht so fast immer Bügerbeteiligung in Potsdam aus.
Andererseits konnten wir auch die Erfahrung machen, dass durch Druck aktiver Einwohner Erfolge erzielt oder zumindest die schlimmsten Folgen für die Einwohner der Stadt oder des Stadtteils abgefedert werden konnten.