Wir möchten an dieser Stelle den offenen Brief des „Vereins zur Förderung antimilitaristischer Traditionen in der Stadt Potsdam e.V.“ zur Abschaltung des Glockenspiels auf der Plantage dokumentieren. Über viele Jahre haben verschiedene Initiativen versucht, das Geschenk von Max Klaar und dessen rechter Kammeraden, an die Stadt Potsdam zu Verstummen zu bringen. Nun hat der Oberbürgermeister Schubert dem Lärm ein Ende gesetzt. Von Mitteschön wurde er dafür kritisiert. Der Antimilitaristische Verein lobt den OB und hat Erwartungen.
„Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Schubert,
wir möchten Sie zu Ihrer Entscheidung, das militaristisch-nationalistisch geprägte Glockenspiel auf der Plantage abzuschalten, beglückwünschen. Dies ist ein Beitrag zur Entmilitarisierung der ehemaligen Garnisonstadt Potsdam und gegen falsch verstandene Traditionspflege. Ebenfalls ist es ein Beitrag zu weniger Antisemitismus in der Öffentlichkeit.
Das Lied „Üb immer Treu und Redlichkeit“, welches zu jeder halben Stunde die Plantage beschallte, ist nicht nur eine Moralkeule für das untertänige Volk, sondern im Kern nationalistisch und antisemitisch. Vieles spricht dafür, dass der „Bösewicht“ in Höltys Gedicht (dem Liedtext) von 1776 vom „ewigen Juden“ inspiriert ist, welcher ruhelos und vom Teufel umhergetrieben wird. „Er ist auf Lug und Trug erpicht, und wünscht sich nichts als Geld“. Hölty bedient damit das damalige Negativbild der Juden, die angeblich dem ehrbaren, tugendhaften und schaffenden Deutschen gegenüber stehen.
Das Lied „Lobe den Herren“ ist in Preußen klanggewordene Vereinnahmung von Glauben für militärische und kriegerische Zwecke. Es wird ein Gott angerufen, der bei allen Kriegen, auch den zahlreichen preußischen Kriegen, auf beiden Seiten der Front angebetet wurde. Alles Soldaten, egal auf welcher Seite der Schlacht sie standen, beteten zum gleichen Gott. Und ihre Befehlsgeber, ihre Fürsten, Könige und Prediger versicherten, dass dieser Gott auf ihrer Seite stünde. Dies gipfelte, speziell bei den Predigern der Potsdamer Hof- und Garnisonkirche darin, dass das deutsche Volk, das von Gott auserwählte Volk sei.
Das Verstummen der Glocken, die Inschriften tragen wie „suum cuique“ (Jedem das Seine) oder den faschistischen Kyffhäuserbund (einem Teil des NS-Reichskriegerbundes) gewidmet sind, ist wenige Tage nach dem 80. Jahrestages des Überfalls auf Polen eine versöhnliche Geste. Wir gehen fest davon aus, dass diese nicht mit dem originalgetreuen Wiederaufbau des Garnisonkirchenturms und dessen Glockenspiel wieder zunichte gemacht wird.
Mit antimilitaristischen Grüßen
Dr. J. Kwapis / C. Linke
Vereinsvorstand“
Mal abgesehen von oben genannten Kreterien atme ich auf und kann wieder am Glockenturm vorbeifahren ohne mit den misbrauchten Liedgut, welches zu alledem auch noch unerträglich falsche Töne anschlug, konfrontiert zu werden. Danke an Herr Schubert und alle die an der Veränderung mitgewirkt haben. Wie haben es nur die Anwohner so lange ausgehalten. Gruß Klarer