Aufruf zur Kundgebung vor der Stadtverordnetenversammlung am Mittwoch, den 29. Januar 2020, 14.00 Uhr.
Wir dokumentieren: Aufruf einer Aktionsgruppe zur Rettung des Strandbades in Babelsberg.
Gemeinsam laden wir alle Menschen ein, die Potsdam als lebenswerte Stadt für die Menschen eintreten und nicht nur als möglichst Original – Preußische Touristenattraktion.
Stadt der großen Kompromisse…
Wie wir am 16.01. entsetzt aus den Potsdamer Zeitungen PNN und MAZ entnehmen konnten, bahnt sich in Potsdam mal wieder einer dieser „Kompromisse“ an. Das Strandbad Babelsberg soll demnach komplett verändert, das historische Gebäudeensemble des Potsdamer Seesportclubs (PSSC) und die Baracken abgerissen und durch einen Neubau ersetzt werden. Kompromisse in Anführungszeichen, da das eigentlich ein Aufeinanderzugehen aller Interessensgruppen beeinhalten würde. Mal abgesehen davon, dass eine Gruppe, nämlich der Potsdamer Seesportclub, scheinbar unter Druck jeder Forderung der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten (SPSG) zugestimmt hat, wird ein Grundstückstausch vollzogen, durch den sich das Strandbad um 4.000 Quadratmeter verkleinert , während die SPSG mit ihrer Maximalforderung durchkommt. Und wegen einer Wiederherstellung eines Stückchens „historischen“ Weges werden Millionenausgaben verursacht. Eine Gruppe ist gar nicht Teil des sogenannten Kompromisses, die Nutzer_Innen des Park Babelsberg und des Strandbades. Potsdamer Demokratie
Zur Findung dieses „Kompromisses“ wurden in Geheimverhandlungen, von denen wenig nach außen drang und die unter Ausschluß einer womöglich kritischen Öffentlichkeit stattfanden, eine Beschlussvorlage erarbeitet, die nun im Schnelldurchgang am 29.01.2020 zur Abstimmung in der Stadtverordnetenversammlung vorgelegt wird. Die Folge wäre der Grundstückstausch, Abriss aller bestehenden Gebäude und Millionenausgaben für einen Neubau direkt am Parkeingang. Der Sessportclub soll die dreijährige Bauzeit in selbst organisierten und selbst finanzierten Containern auf dem Strandbadgelände überbrücken und dann in den Neubau einziehen. Eine öffentliche Debatte in Form einer Bürger_Innenversammlung wurde von der Stadtratsfraktion „Die Andere“ gefordert und sogar noch vor den Sommerferien im Mai 2019 von der Stadtverordnetenversammlung beschlossen, aber nie durchgeführt. Dieses Vorgehen erinnert an alle städtebaulichen Diskussionen der letzten Jahre, in denen die Stadtpolitik, oft mit Tricksereien, ihre Pläne gegen Bürgerbedenken und Kritik durchgezogen hat. Stichworte wären da Fachhochschule, Schwimmbad, das Bürgerbegehren gegen den Wiederaufbau der Garnisonkirche, und aktuell die Diskussionen um das Rechenzentrum und den Staudenhof.
Ostarchitektur
Den Plänen fiele, mal wieder muss man ja schon sagen, ein Gebäude aus der Epoche der Ostarchitektur zum Opfer. In diesen Fragen sehen bestimmte Kreise in der Potsdamer Verwaltung und Politik einfach rot. Eine Epoche, die es gegen alle Bedenken aus dem Stadtbild zu tilgen gilt. Nur was sich der monarchisch-preußischen Epoche zuordnen lässt gilt in Potsdam als schützenswert. Jeder anderer Architektur wie dem Gebäude im Park Babelsberg fehlt hierfür jedoch die Lobby. Tatsächlich aber stellte schon vor mehr als sieben Jahren der damalige Chef der Bundestiftung Baukultur, Prof. Dr. Braum fest, dass es sich bei den Gebäuden um ein schützenswertes Ensembles handelt. Ob schützenswert oder nicht, das Dogma, dass diese Architektur hässlich und entbehrlich ist zieht sich durch alle stadtplanerischen Entscheidungen. Vor dem Endgültigen Abriss lässt man diese Häuser systematisch verwahrlosen um sie als Schandflecke betiteln zu können. „Das sieht doch nicht aus“ reicht dann schon als letztes Totschlagargument.
Die Stiftung als politischer Akteur
Das Kerngeschäft der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten (SPSG) ist die Pflege und der Erhalt der Parkanlagen und Schlösser. Dafür fließen reichlich öffentliche Mittel. Ob es dabei den verschiedenen Stiftungschefs zustand oder zusteht, jahrzehntelange Gewohnheiten der Potsdamer Bevölkerung, wie das Baden in den diversen Seen, Fahrradfahren und Nutzen der Wiesen, in Frage zu stellen, sollte unserer Meinung nach Teil der öffentlichen Debatte werden. Mit dem Argument der historischen Authentizität, wird jede öffentliche Nutzung von der Stiftung höchstens geduldet, aber auch nur, weil eine Durchsetzung einer völligen Musealisierung gegen die Bevölkerung nicht durchsetzbar ist. Mit dem nächtlichen Abschließen des Babelsberger Parks hat die Stiftung klammheimlich die letzte Parkanlage in der Nacht unter ihre Kontrolle gebracht. Dazu beigetragen haben dürfte, dass in den letzten Jahren junge Menschen verstärkt den Park Abends an den Wochenenden genutzt haben. Dabei sollen laut Stiftung unglaubliche zwanzigtausend Euro an Mehrkosten entstanden sein. Dass die Stadt Potsdam seit Jahren pro Jahr eine Millionen Euro zahlt, damit kein Parkeintritt genommen wird und die Parks offen bleiben, verschweigt die SPSG gerne. Ebenfalls völlig widersinnig ist die ständige Aneignung neuer Flächen (Campus Neues Palais, Tennisplatz Weinbergstraße etc.) während, laut SPGS, das Geld für den Erhalt des Bestandes nicht reicht. Zumal jeder hierfür investierte Euro weitere Unterhaltungskosten nach sich zieht. Dass das Preußentum als Begriff und Teil deutscher Geschichte unkritisch einer Restauration unterzogen wird und alles in einen fürstlichen Urzustand versetzt werden soll, koste es was es wolle, ist und darf nicht Aufgabe einer Schloss- und Parkverwaltung sein.
Im Zeichen der Weltpolitik
Die Welt debatiert über die Klimakrise, Bäume sterben, der Meeresspiegel steigt und in Potsdam….? Da sollen Bäume gefällt werden, weil sie der jeweilige Fürst, König oder Kaiser nicht gepflanzt hätte. Die Stadt Potsdam hat als eine der ersten Städte in Deutschland den Klimanotstand ausgerufen, vorgeblich um dem Ziel der Klimaneutralität Nachdruck zu verleihen. Dass das alles nur Symbolpolitik ist, kann man erahnen, wenn man sich den Komplex um den Babelsberger Park anschaut. Um ein fünfhundert Meter langes Wegstück in den vordemokratischen preußischen Urzustand zurück zu versetzen, wird ein gut genutztes Strandbad eingeschränkt, ein Kindersegelclub in der Existenz bedroht, wahrscheinlich Bäume entfernt, und was in dem Zusammenhang am wichtigsten ist, ein intaktes und selbst schützenswertes Gebäude abgerissen um es durch einen Neubau zu ersetzen. Ökologisch eine Katastrophe! Denn Abriss und Neubau ist im Gegensatz zu einer Sanierung vollkommen klimaschädlich! Während also Unmengen an Ressourcen für die Korrektur eines Wegstücks verschwendet werden, schafft die SPSG es bis heute nicht, das Bewässerungssystem für die von Hitze stark bedrohten Bäume im Park Babelsberg wieder herzustellen. Argumentativ für eine Stadt im Klimanotstand ein Offenbahrungseid! Menschlich eine Entscheidung gegen die Bürger_Innen Potsdams zu Gunsten einer rückwärtsgewandten Parkpolitik!
Am 29.01. darf es nicht zur Abstimmung kommen. Der Plan zum Park Babelsberg muss mit der Öffentlichkeit transparent neu diskutiert werden! Kein Abriss der Gebäude des Potsdamer Seesportclubs. Strandbad bleibt! Dem absolutistischen Gebahren der SPSG Einhalt gebieten! Für eine Stadt und Parks für Alle!