Gott mit uns – das schwierige Erbe…

Koppelschloss im 1. Weltkrieg

Die Potsdamer Garnisonkirche, deren Kirchturm gegenwärtig wieder aufgebaut wird, steht nach Ansicht der Bauherr*innen für „christlich verantwortetes Handeln für die Gemeinschaft, für die Verbindung von christlichem Glauben und ‚preußischen Tugenden.‘“ Was ist damit gemeint? Und ist die Begründung für die Wiedererrichtung der Garnisonkirche als nationaler Erinnerungsort der Bundesrepublik Deutschland überzeugend? Das Symposium „Gott mit uns – das schwierige Erbe des Nationalprotestantismus“ will die Frage nach dem Zusammenhang von Nationalismus und Protestantismus erörtern. Kann der „Mythos Preußen“ auch unter demokratischen Bedingungen eine Rolle spielen und inwieweit kommt in ihm nationalprotestantisches Gedankengut zum Tragen?

Neben den historischen Gegenständen sollen bei der zweitägige Konferenz am 01./02. Oktober 2021 ideologische Fragen zum Verhältnis von Religion und Politik zur Sprache kommen. Das Symposium will ein allgemeines Publikum ansprechen, die Einzelvorträge der ausgewiesenen Expertinnen werden mit Kommentaren und moderierten Diskussionen in einen allgemeineren Zusammenhang gerückt. Schließt den ersten Tag eine Podiumsdiskussion ab, soll es am zweiten ein auf eine breite Öffentlichkeit abzielendes Gespräch über die Bedeutung von christlichen Nationalsymbolen in der Gegenwart geben. Die Veranstaltung wird hybrid, d. h. sowohl analog vor Ort wie auch als Livestream im Internet durchgeführt und auch dokumentiert.

1./2. Oktober
Dietrich Bonhoeffer Haus, Ziegelstraße 30, 10117 Berlin-Mitte

Für die analoge Teilnahme vor Ort ist keine Anmeldung erforderlich. Der Eintritt ist frei. Für Verpflegung ist ein Unkostenbeitrag von € 15/ Tag zu entrichten. Bzgl. Conronaschutz fordern wir das Tragen einer FFP2-Maske und 3 G (doppelt geimpft seit mindest 14 Tage, genesen in den letzten 6 Monate, oder negativ getestet vor max. 24 Stunden). Es gelten zudem die dann aktuellen Bestimmungen des Land Berlin.

Livestream mit Frage- und Kommentarmöglichkeit im Chat:
Zoom-Meeting-ID: 964 1082 4276

Das Programm

Freitag, 1. Oktober

13.30 Uhr       Begrüßung

Die Ehe von Thron und Altar

Die protestantische Kirche legitimierte erst in Preußen und dann im Deutschen Reich die monarchische Herrschaft als gottgegeben. Kirche, Staat und Militär gingen eine enge Verbindung ein. Gemeinsam galt ihnen das Christentum als Motivation und Begründung von Kriegen und eines übersteigerten Nationalismus.

13.50 Uhr       Tillmann Bendikowski: Gottes Krieger und der Glaube an die Unbesiegbarkeit

14.30 Uhr       Karsten Krampitz: Der Nationalprotestantismus als preußische Erbschaft

15.00 Uhr       Diskussion

15.30 Uhr       Pause

Nationalismus und Rassismus im Namen Christi

Seit Mitte des 19. Jahrhunderts propagierte der deutsche Nationalprotestantismus völkisches, antisemitisches und antidemokratisches Ideengut. Darauf aufbauend legitimierte der preußische Generalsuperintendent Otto Dibelius mit seiner Predigt zum Tag von Potsdam die nationalsozialistische Machtergreifung seitens der evangelischen Kirche.

15:50 Uhr       Andreas Pangritz: Die Auseinandersetzung zwischen Otto Dibelius und Karl Barth

16.20 Uhr       Manfred Gailus: Otto Dibelius und der Nationalsozialismus

16:50 Uhr       Diskussion

17:20 Uhr       Pause

17.40 Uhr       Agnieszka Pufelska: Antipolonismus

18.10 Uhr       Micha Brumlik: Antisemitismus

18.40 Uhr       Pause

Das schwierige Erbe des Nationalprotestantismus

Die Garnisonkirche Potsdam war das bedeutendste Symbol des Nationalprotestantismus. Wie geht ihr begonnener Wiederaufbau mit diesem Erbe um?

19.00 Uhr       Eingangsstatements Wolfgang Huber und Hajo Funke, Abenddiskussion mit Podium: Wolfgang Huber, Hajo Funke, Micha Brumlik, Agnieszka Pufelska, Christan Staffa, Moderation: Renata Schmidtkunz

Samstag, 2. Oktober

Militärseelsorge im Konflikt

Seit der Entstehung des deutschen Reiches predigten Militärpfarrer Gehorsam und Gewalt, zelebrierten Krieg und Heldentod. Die Wiedereinführung der Militärseelsorge ab 1957 führte zu grundsätzlichen Kontroversen, die nach der Wiedervereinigung 1990 erneut aufbrachen.

10:00 Uhr       Hermann Düringer: Militärseelsorge in den Kolonialkriegen in China und Deutsch-Südwest  

10.30 Uhr       Dagmar Pöpping: Wehrmachtsseelsorge und der Krieg gegen die Sowjetunion

11:00 Uhr       Angelika Dörfler-Dierken: Militärseelsorge in der Bundeswehr

11.30 Uhr       Diskussion, Moderation: Renata Schmidtkunz

12.30 Uhr       Mittagspause

Rechtes Christentum und Staatsräson

Der Nationalprotestantismus positionierte sich bereits im Kaiserreich gegen Liberalismus, Demokratie und Sozialismus. Nach 1945 fiel es der evangelischen Kirche schwer, sich mit ihren eigenem Erbe kritisch zu befassen, während die Neue Rechte versucht, diese antidemokratischen Traditionen wiederzubeleben.

13.30 Uhr       Horst Junginger: Antikommunismus und Antisäkularismus im Wandel der politischen Systeme

14.00 Uhr       Tetyana Pavlush: Vergangenheitsbewältigung in der evangelische Kirche nach 1945

14.30 Uhr       Philipp Oswalt: Nationalprotestantismus in der Neuen Rechten

15.00 Uhr       Diskussion, Kommentar: Jörg Müller, Moderation: Renata Schmidtkunz

16.00 Uhr       Pause

Christliche Nationalsymbole heute

Auch heute noch versteht sich der deutsche Staat als christlich geprägt. Dazu gehört, dass mit nationalen Bauprojekten wie der Garnisonkirche Potsdam oder der Kuppel des Berliner Schlosses Nationalsymbole rekonstruiert werden, welche ganz bewusst christliche Werte verkörpern sollen.

16.30 Uhr Impulsstatements, Gesprächsrunde mit Eckart Conze, Annette Leo, Wieland Niekisch, Philipp Oswalt, Moderation: Renata Schmidtkunz

18:00 Uhr Schlusswort: Micha Brumlik

Veranstalter:
Martin-Niemöller-Stiftung e.V.,
in Kooperation mit der Universität Kassel,
unterstützt von der Bundeszentrale für politische Bildung

Teilnehmerinnen :

  • Dr. Tillmann Bendikowski: Freischaffender Historiker und Publizist, Hamburg
  • Prof. Dr. Micha Brumlik: Erziehungswissenschaftler (Seniorprofessor an der Universität Frankfurt a.M.)
  • Prof Dr. Angelika Dörfler-Dierken: Kirchenhistorikerin, Universität Hamburg
  • Prof. Dr. Eckart Conze: Historiker, Philipps-Universität Marburg
  • Dr. Hermann Düringer, Theologe, Leiter der evangelischen Akademie Arnoldshain a.D.
  • Prof. Dr. Hajo Funke: Politikwissenschaftler, Prof. em., Freie Universität Berlin
  • Prof. Dr. Manfred Gailus: Historiker, Technische Universität Berlin
  • Prof. Dr. Wolfgang Huber: Evangelischer Theologe, ehemaliger Ratsvorsitzender der EKD und Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Prof. em. Universität Heidelberg
  • Prof. Dr. Horst Junginger: Religionswissenschaftler, Universität Leipzig
  • Dr. Karsten Krampitz: Historiker, Berlin
  • Dr. Annette Leo, Historikerin, Berlin
  • Jörg Müller, Leiter des Verfassungsschutz Brandenburg
  • Dr. Wieland Niekisch, Historiker, Stadtverordneter Potsdam (CDU), Leiter des Zentrum für Zeitgeschichte der Polizei an der Hochschule der Polizei des Landes Brandenburg
  • Prof. Philipp Oswalt, Architekturwissenschaftler, Universität Kassel
  • Prof. Dr. Andreas Pangritz: Evangelischer Theologe, Universität Bonn
  • Dr. Tetyana Pavlush: Historikerin, Cardiff University
  • Dr. Dagmar Pöpping: Historikerin, Evangelische Arbeitsgemeinschaft für Kirchliche Zeitgeschichte, München
  • Renata Schmidtkunz, Evangelische Theologin, Journalistin und Filmemacherin, Wien
  • Dr. Christian Staffa: Evangelischer Theologe, Antisemitismus-Beauftragter der EKD, Studienleiter der Evangelischen Akademie zu Berlin
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Ein Kommentar

  1. Hallo, konnte leidernur am 2.10. das sehr interessante und spannende Symposium erleben. Die Veranstaltung wurde dokumentier. Gibt es eine Aufzeichnung?

    Vielen Dank und viele Grüße

    Dr. Bernd Stoppe

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