Das Netzwerk „Stadt für alle“ hat die rechtliche Auseinandersetzung mit einem Immobilieninvestor gewonnen.
Ein Kommentar.
Seit Jahren versuchen private Immobilieninvestoren und – Konzerne unsere Städte aufzukaufen und aus einem Grundrecht möglichst viel Profit rauszuholen. Ihre Geschäftsmodelle wie möblierte Mikroappartements, Eigentumswohnungen als Anlageobjekte, Steuersparmodelle über Briefkastenfirmen haben einen erheblichen Anteil daran, dass Wohnen für viele Menschen immer teurer wird und sie aus den Städten verdrängt werden.
Deshalb ist es notwendig, sich konkret vor Ort eben diesen Unternehmen entgegen zu stellen und ihnen deutlich zu machen, dass sie in Potsdam und anderswo nicht erwünscht sind, Teil des Problems und nicht der Lösung sind.
„Wir holen uns unsere Stadt zurück!“ beschreibt genau diesen politischen Ansatz.
In Potsdam haben wir in den letzten Jahren mit viel Aufwand und Kraft versucht, die Hintergründe solcher Immobilieninvestoren zu beleuchten. Wir recherchieren ihre Finanzierung und wie sie Steuern sparen, wir erkunden ihre Strukturen und Rechtsstukturen quer über den Globus, wir machen öffentlich, wie sie mit Mieter*innen umgehen und Menschen verdrängen.
Das gefällt ihnen nicht.
So sehr sie sich gern im Lichte der Eröffnung und Vorstellung von tollen Luxusprojekten sonnen, gemeinsam mit Bürgermeister*innen Bänder zerschneiden – wenn es um ihre Geschäftsmodelle, Verbindungen in Steueroasen, zu Investmentfonds geht, da scheuen sie die Öffentlichkeit wie der Teufel das Weihwasser.
Ioannis Moraitis hatte bereits die berühmte Stadtteilinitiative Bizim Kiez bis vor das Bundesverwaltungsgericht verfolgt, um zu verhindern, dass sie über sein Agieren als Immobilieninvestor oder wie er sich gern selbst bezeichnet „Projektentwickler“ zu berichten.
Nachdem uns Mieter*innen aus der Siefertstraße in Potsdam berichtet hatten, das eben dieser Ioannis Moraitis auch in Potsdam aktiv wird und wir erfahren hatten, dass er maßgeblich in das große Bauprojekt der Oberlin Grundstücks GmbH in der Glasmeisterstraße involviert ist, haben wir Im Frühjahr eine Hintergrundrecherche zu Ioannis Moraitis veröffentlicht.
Hier ist sie noch einmal nachlesbar.
Es kam, wie es wohl kommen musste.
Ioannis Moraitis schickte seine Rechtsanwälte ins Rennen.
Diese sandten uns zuerst eine Abmahnung und Unterlassungsverfügung. Den wesentlichen Punkten haben wir mit Hilfe eines erfahrenen Medienanwalts widersprochen und lieber die Anwaltskosten getragen, als Ioannis Moraitis zu bezahlen.
Das war Anfang Juni 2022.
Ende Juni haben die Anwälte von Herrn Moraitis dann eine „Einstweilige Verfügung“ beim Landgericht in Hamburg gegen unseren Rechercheartikel beantragt.
Wieder haben wir nicht klein beigegeben und der „Einstweiligen Verfügung“ widersprochen.
Nun liegt das Ergebnis vor:
Das Landgericht hat dem Antragsteller empfohlen, den Antrag zurück zu ziehen – ansonsten würden sie ihn abweisen.
Eben das hat das Rechtsanwaltsbüro von Herrn Moraitis nun getan.
Der Antrag auf „Einstweilige Verfügung“ wird zurückgezogen, auch die Kosten wird wohl der Antragsteller zahlen müssen.
Wir haben gewonnen.
Für uns und die Stadt ist das ein ganz wichtiges Signal.
Widerstand lohnt sich.
Es ist möglich, auch gegen große, millionenschwere Immobilieninvestoren und ihre Anwälte zu gewinnen.
Und: Ganz offensichtlich fühlen sie sich genervt von der unliebsamen, kritischen Öffentlichkeit. Es ist ja nicht das erste Mal. Auch der international tätige „Projektentwickler“ Trockland hatte uns schon verklagt. Andere Investoren haben ihr Investment in der Stadt nach Veröffentlichungen auf dem Blog schnell wieder verkauft – wie die Vegis Immobilien GmbH ihre möblierten Mikroappartements am Filmpark Babelsberg. Und natürlich erinnern wir uns gern noch einmal daran, dass Herr Kirsch und sein Bürgerbündnis die Kommunalwahl 2018 nach Veröffentlichung unseres Dossiers krachend verlor.
Deshalb wird es weiter eine Strategie des Netzwerkes „Stadt für alle“ sein, eine kritische Öffentlichkeit für die Hintergründe und Geschäftsmodelle von privaten Immobilienfirmen in Potsdam zu schaffen. Wir werden weiter recherchieren und offen legen, woher welches Geld Profite mit den Mieten von Menschen in dieser Stadt macht.
Und wir haben gelernt, genau zu sein, gut zu recherchieren und zu formulieren, aber eben auch nicht klein beizugeben.
Wir können gewinnen.
Prozesse um Meinungs – und Pressefreiheit und den Kampf um diese Stadt.
Denn es ist unsere Stadt.