Die Wählergruppe DIE aNDERE ist nun auch formell die stärkste Oppositionsfraktion in der Stadtverordnetenversammlung der Landeshauptstadt Potsdam.
Oftmals gewinnt Mensch den Eindruck, dass die Rathauskooperation in der LHP selbst die eigene Opposition darstellt. Selten stimmt sie konsequent miteinander. Die aktuelle Verweigerung zur Personalie der Beigeordneten für Bildung, Jugend, Kultur und Sport macht dies deutlich. Die Angelegenheit verdeutlicht aber nicht nur die Nicht-Kooperation der RaKo aus SPD, Grünen und Sozial.LINKEN, sondern auch die „Rathaus-Un-Kultur“ unter OBM Schubert. Eine der beiden Spitzen-Kandidatinnen hat deshalb auch ihre Kandidatur zurückgezogen.
Mit dem Zerfall der Unionsfraktion vor einigen Wochen ist die Wählergruppe nun auch personell stärker ist als die „Bundesparteien“ CDU (5 Sitze), FDP (3), AfD (3). DIE aNDERE ist nicht nur zahlenmäßig die stärkste Fraktion hinter den RaKo-Fraktionen. Bei einer RaKo, die weder soziale Wohnungspolitik, noch grüne Umweltpolitik oder zukunftsweise Stadtentwicklungspolitik macht, ist eine charakterstarke Opposition nicht die schlechteste Rolle. Außerdem stellt die aNDERE eine der wenigen Konstanten – trotz oder wegen der Rotation – im Stadtparlament dar. Vor allem inhaltlich. Die Rotation fokussiert die inhaltliche Arbeit und verhindert das Machtstreben, dass in „anderen“ Fraktionen üblich ist und zu den bekannten Zerwürfnissen führt.
Jüngstes Beispiel ist Herr Niekisch, der eigentlich CDU-Kreisvorsitzender werden wollte, nun aber als Parteiloser im politischen Bermudadreieck „Mitten in Potsdam“ versinken könnte. Er bildet mit Götz Friederich eine Zwei-Mann-Fraktion. Auf zwei Sitze in der SVV ist auch die Fraktion DIE LINKE geschrumpft, nachdem sich die „Sozial.DIE LINKE.Potsdam“ abgespalten hat. Mit zwei Sitzen hat auch mal die Fraktion Die Andere begonnen. Das war 1995.
Die Performance der Partei-Fraktionen in der SVV ist ein Spiegelbild der politischen Kultur in der Stadt. Unserer Wahrnehmung nach kämpfen in der SPD-Fraktion selbsternannte „Alphatiere“ inhaltsarm gegeneinander. Aktuell findet irgendwas zwischen Ränkespiele um den Fraktionsvorsitz und wiederholte Palastrevolution gegen den OBM statt. Die Grünen-Fraktion kämpft gegen ihre ökologischen Postulate und die Basis. AfD, CDU und LINKE zerlegen sich selbst. Die FDP-Fraktion hat unseres Erachtens in der Stadt schon immer nur einen familientherapeutischen, aber keinen politischen Charakter.
Laut dem Standard Eurobarometer der Europäischen Kommission hatten im Winter 2022/2023 rund 30 Prozent der Bevölkerung Vertrauen in die politischen Parteien in Deutschland. Währenddessen äußerten rund 64 Prozent, dass sie den politischen Parteien eher nicht vertrauen. Vertrauen in die politischen Parteien in Deutschland 2023 | Statista
Wen wundert das?