Einen Tag nachdem Donald Trump das goldene Zeitalter für die USA verkündet, indem er Protektionismus, Nationalismus und imperialistische Gebietsansprüche schürt, verkündet die Stiftung Garnisonkirche eine „goldene Zeit“ für Potsdam.
Die Stiftung teilte zu dem Thema Turmhaube* mit: „Die Wetterfahne wird sich in die vielfältige Nachbarschaft von vergoldeten Spitzen und Turmbekrönungen einfügen: Beispielhaft seien nur der Atlas auf dem alten Rathaus, das Fortunaportal und die Caritas auf dem früheren Großen Militärwaisenhaus erwähnt.“
Gepaart ist das Ansinnen mit der üblichen Geschichtsvergessenheit und der Verdrängung des imperialen Anspruchs des Erbauers. Als neue Ausrede gilt, dass sich die Bedeutung von damals „heute nicht mehr von selbst“ erschließt. Das ist kein Grund, eine Kampfansage an Frankreich zur Krone der Stadt zu machen. Dabei dürfen wir nicht vergessen, dass die Stadt Potsdam und das Land Brandenburg Teil dieser Stiftung sind. Die Stadt ist sogar Stifterin. Die Stiftung Garnisonkirche hat die Chance und das Versprechen abgegeben, das Nagelkreuz von Coventry als Turmspitze zu verwenden. Ein Zeichen von europäischer Versöhnung. Doch die Stiftung folgte mit Unterstützung der Stadt wie immer dem schönen Schein. Hauptsache Glanz und preußisches Gloria. Daran ändert (passenderweise) auch nichts die oberflächliche Ausstellung im Turm.
Zur Erinnerung:
Die Wetterfahne, die die Turmhaube zieren soll, hat eine klare imperiale, frankophobe Aussage und keine göttliche. Auch wenn sich die Bedeutung nicht von selbst erschließt, so sollte sie doch nicht verdrängt oder gar vergessen werden. Um das Bildnis der Wetterfahne zu verstehen, müssen wir uns mit dem König Friedrich Wilhelm I., dem Zeitgeschehen von 1700-1740 in Europa und den Kirchbauten dieser Epoche beschäftigen.
Eigentlich ist die Deutung der Wetterfahne seit 280 Jahren unumstritten. Selbst eingefleischte GK-Befürworter haben noch vor 20 Jahren erklärt: „Das alte Kreuz spielt mit kriegerischer Symbolik. Der preußische Adler greift die französische Sonne an …“ (Martin Vogel sagte dies in einem Interview gegenüber der MOZ am 15./16.09.2001).
Erst in jüngster Zeit gibt es den – fast krampfhaften Versuch – dieser Wetterfahne eine neue Interpretation zuzuschreiben. Um das Thema und die Symbolik der Wetterfahne zu verstehen, ist ein Ausflug in die Geschichte mit den drei o.g. Eckpunkten unumgänglich. Eine Gegendarstellung von Carsten Linke zur Umdeutungsversuch von Saskia Hüneke aus dem Jahre 2021 ist hier nachzulesen:
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Mehr dazu auch im Buch von Prof. Dr. Horst Junginger „Der preußische Adler in der deutschen Herrschaftsgeschichte – Eine Vogelkunde aus religionspolitischer Sicht“ (ISBN 978-3-8288-4716-3) oder unter Eine Friedensgarnisonkirche, geht das? – lernort | garnisonkirche
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*Die Stiftung Garnisonkirche ließ u.a. über rbb, pnn und MAZ verkünden, dass die Baudenkmalpflege Potsdam die beauftragte Baufirma ist, welche die Turmhaube bauen und aufsetzen soll. „Die Bauzeit wird etwa 20 Monate betragen und im Frühjahr 2027 wird die fertiggestellte Haube dann mit einem Kran auf den Turm gehoben“, hieß es in der Mitteilung der Stiftung. Das wäre zehn Jahre nach der geplanten Fertigstellung. Welche indirekten Verabredungen hinter der Auftragsvergabe stecken, wird die Zeit zeigen. Mehrfach musste das Ausschreibungsverfahren mangels Geld verschoben werden.