Recherchedokumentation des Netzwerks “Potsdam – Stadt für alle” und der Initiative “AstAretten”
Potsdam, 28.1.2025
Hier können Sie die komplette Recherche als PDF herunterladen.
Auf vielfachen Wunsch haben wir die wesentlichen Rechercheergebnisse und Fakten noch einmal in einem extra Dokument zusammengefasst.
Es lohnt sich natürlich trotzdem, die Langfassung zu lesen.
Kurzfassung
Inhalt
Einleitung: Potsdam im Visier von NiUS
Rechercheergebnisse: Rechter Kulturkampf gegen studentischen Selbstverwaltung und Freiräume
1. Vernetzung auf der Bundesschülerkonferenz 2018
2. Firmengeflechte und marktliberale Ideologie
3. Das Feindbild der “Linken”
4. Rechter Einfluss durch persönliche Beziehung
Ein vorsichtiges Fazit
Einleitung: Potsdam im Visier von NiUS
In regelmäßigen Abständen hat sich das Magazin NiUS in den letzten Monaten mit selbstorganisierten und alternativen Freiräumen in Potsdam beschäftigt und schwere Anschuldigungen gegen die Projekte und Menschen erhoben, die sich dort engagieren.
Das bekannteste öffentliche Thema ist sicher die Kündigung von elf Mitarbeiter*innen des Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA) der Universität Potsdam. Darunter fallen auch die vier Beschäftigten, die im studentischen Kulturzentrum [KuZe] gearbeitet haben.
Dieses Medienportal steht im Mittelpunkt einer Recherche, die wir in den letzten Wochen erarbeitet haben. Hier verbinden sich rechter Kulturkampf, der Konflikt um den aktuellen AStA der Uni Potsdam sowie persönliche Beziehungen und Kontakte.
Was aber ist NiUS?
„Nius ist ein Online-Nachrichtenportal, das in jüngster Zeit zunehmend für Schlagzeilen sorgt. Geleitet von Julian Reichelt, dem ehemaligen Chefredakteur der „Bild”-Zeitung, hat das Nachrichtenportal durch seine provokative Berichterstattung und scharfe Kritik an politischen und gesellschaftlichen Themen rasant eine polarisierende Wirkung erzielt. Was das Portal besonders brisant macht, ist die finanzielle Unterstützung durch den Milliardär Frank Gotthardt sowie die Beteiligung ehemaliger „Bild”-Redakteure. […] Stefan Niggemeier von „Übermedien” beschreibt NiUS als “rechtes Wutportal” und betont, dass das Portal eher darauf abzielt, Emotionen zu schüren, als objektiv zu berichten.“
Quelle:
https://jurawelt.com/nius-und-die-meinungsfreiheit-provokation-trifft-recht/
Wir haben hier bewusst aus einem Rechtsportal zitiert, um nicht selbst zur Zielscheibe rechtlicher Angriffe zu werden.
Aber klar ist: NiUS ist heute ein wesentlicher und wichtiger Bestandteil des sogenannten „Rechten Kulturkampfes“.
Für die Stadt Potsdam ist das von großer Bedeutung. Hier zeigt sich exemplarisch, wie dieser Kulturkampf funktioniert und welche gravierenden Folgen er hat.
Bleiben wir erst einmal bei NiUS und seinem Bezug zu Potsdam.
NiUS hat sich prominent zum Adlon-Komplex geäußert und dabei klar Position bezogen, auch, indem sie wichtigen Protagonist*innen des Treffens die Möglichkeit gegeben haben, sich auf NiUS ausführlich zu äußern. Birgit Kelle, die sich selbst als rechtskonservative Antifeministin einordnet, hat seit 2024 eine eigene Sendung auf NiUS. Ihr Mann, Klaus Kelle, ist Redaktionsleiter des Radiosenders „Bheins“ („Babelsberg Hitradio GmbH“), der in einem Nachbargebäude des Adlon auf demselben Grundstück seinen Firmensitz hat und ebenfalls als rechtsoffen und Anhänger der Werteunion gilt.
Ebenfalls für NiUS arbeitet der Redakteur Amir Makatov, der seit Sommer 2024 mindestens vier Beiträge zu Potsdam veröffentlicht hat, in denen immer konkrete Menschen, Projekte und Initiativen kritisiert werden: die Wählergemeinschaft DIE aNDERE, das studentische Kulturzentrum in der Innenstadt [KuZe], das FemArchiv, das Freiland, die Studis gegen Rechts und zuletzt das Kulturzentrum Archiv in der Leipziger Straße.
Nach dem Beitrag von Amir Makatov zum Konflikt rund um den AStA der Universität Potsdam wandten sich betroffene Menschen an uns mit der Frage, ob Hintergründe zu dem Vorgehen des AStA und zu Amir Makatov bekannt seien. Es bildete sich eine kleine Recherchegruppe, um dieses Vorgehen zu hinterfragen und Hintergründe zu verstehen.
„Stadt für alle“ hat in den letzten Jahren umfangreiche Erfahrungen bei der Hintergrundrecherche unmoralischer Geschäftsmodelle von Immobilieninvestoren gesammelt. Dies hat unserer kleinen Recherchegruppe ebenfalls geholfen.
Wir haben mit vielen Beteiligten und Betroffenen gesprochen, haben uns durch Social-Media-Kanäle geklickt, Protokolle gelesen und in Registern nachgeschaut.
Herausgekommen ist ein Bild.
Für uns gut erkennbar haben sich hier Akteur*innen mit unterschiedlichen persönlichen Motiven und Hintergründen, aber ähnlichen politisch-ideologischen Grundlagen und Zielen gefunden.
Amir Makatov beschreibt seinen politischen Ansatz auf seinem Blog und bei NiUS unter dem Titel “Niemand wird euch retten: Die Deutschen müssen sich selbst helfen” so:
„Während illegale Migranten „im großen Stil“ abgeschoben gehören, muss es eine Priorität werden, die legalen geistigen Brandstifter zum freiwilligen Umzug zu bringen. […] Aber wie soll das gehen, ohne in einen gefährlichen Autoritarismus zu verfallen? Ganz einfach: Man kappt alle Gelder für „karitative“ oder „demokratiefördernde“ Vereine, schafft den Rundfunk ab und bekämpft auf akademischer Ebene jeden Fußbreit linker Ideologie. Wir brauchen einen Bruch mit dem NGO-Komplex und eine Reinigung der deutschen Schulen und Universitäten von antizivilisatorischen Ideologien. Es muss ungemütlich werden für die Feinde Deutschlands, so wie sie es derzeit für die Befürworter einer deutschen Idee ungemütlich machen. […]
Gender-Ideologie und kritische Rassentheorie gehören nicht nur belächelt, sondern aus dem akademischen Diskurs verbannt. Das muss ebenso Konsens werden wie die gesamtgesellschaftliche Ablehnung religiöser Sekten oder terroristischer Vereinigungen. Wer diese Ablehnung nicht teilt, muss der Masse als Zivilisationsfeind präsentiert werden – eine Art “Cancel Culture“ von rechts.“
Quelle:
https://m0rgenthau.wordpress.com/2024/09/17/niemand-wird-euch-retten-die-deutschen-mussen-sich-selbst-helfen/

Das kann zum Teil die Motivation erklären, mit welcher Energie gerade gegen eben solche – hier beschriebenen Projekte – vorgegangen wird. Interessant ist aber, dass wir ähnliche Ideologiefragmente auch bei anderen Akteurinnen der aktuellen Auseinandersetzungen gefunden haben. Deshalb wollen wir diese im Folgenden vorstellen. Dabei müssen wir uns auch mit ihrer persönlichen und politischen Entwicklung auseinandersetzen. Nur dadurch ist zu verstehen, wie sich hier so unterschiedliche Akteurinnen zusammenfinden und eine derartige Eskalation vorantreiben konnten.*
Genau das ist es nämlich, wenn elf Menschen gleichzeitig – quasi über Nacht – gekündigt werden und im Folgenden wesentliche und für die Stadt Potsdam prägende Projekte wie das [KuZe], das FemArchiv, das Kulturzentrum Archiv, das Freiland und Einzelpersonen verbal angegriffen und deren Zukunft und Finanzierung massiv in Frage gestellt wird.
Exemplarisch für diese Entwicklungen ist das Vorgehen des im Sommer 2024 vom Studierendenparlament gewählten 28. AStA der Universität Potsdam. Für das Verständnis und die Einordnung der Geschehnisse um diese Kündigungen ist die Kenntnis der zu Grunde liegenden Struktur der Studentischen Selbstverwaltung erforderlich. Deshalb geben wir an dieser Stelle einen kurzen Abriss der wichtigsten Elemente.
Die Studierenden der Universität Potsdam bilden die Studierendenschaft. Diese ist eine rechtsfähige Teilkörperschaft der Hochschule. Sie verwaltet ihre Angelegenheiten selbst.
Der AStA ist das Exekutivorgan der Studierendenschaft. Als dieses wird er mit der Erfüllung von Aufgaben betraut, die sich direkt aus §17 des brandenburgischen Hochschulgesetzes und aus der Satzung der Studierendenschaft ableiten. Dafür erhebt die Studierendenschaft von ihren Mitgliedern Beiträge.
Zu den Aufgaben zählen im Allgemeinen die Wahrnehmung der Interessen der Studierenden in hochschul- oder wissenschaftspolitischen Fragestellungen sowie die Förderung ihrer geistigen und musischen Interessen. Ganz konkret kann dies zum Beispiel durch die Förderung sozialer und kultureller Veranstaltungen geschehen, ebenso durch die Förderung politischer Bildung. Mit der Betreibung des [KuZe] kann der AStA dieser Aufgabe nachkommen.
Im gesamten AStA-Gremium arbeiten zum einen die durch das Studierendenparlament gewählten studentischen Referent*innen. Diese werden zum anderen in ihrer Arbeit von hauptamtlichen Mitarbeiterinnen im AStA unterstützt. Referent*innen können maximal bis zu einer Dauer von drei Jahren ehrenamtlich für den AStA tätig sein. Die Sicherstellung der kontinuierlichen Arbeit wird unabhängig von den Legislaturen durch die Mitarbeitenden gewährleistet. Genau dieses Konstrukt wurde jetzt in Frage gestellt. Eine Mehrheit des aktuellen AStA – auch viele der hier genannten Akteurinnen – ging gegen elf der Mitarbeiter*innen mit arbeitsrechtlichen Mitteln vor. Vorbereitend dafür hatte der AStA den im November 2023 gegründeten Personalrat der AStA-Mitarbeitenden im September 2024 per E-Mail für aufgelöst erklärt. Der AStA begründete diesen Schritt mit einer von ihm selbst initiierten Vorab-Prüfung der Personalratsfähigkeit des AStA durch die Rechtsaufsicht der Universität. Das Schreiben der Rechtsaufsicht enthielt allerdings keinerlei Anweisung an den AStA, den Personalrat aufzulösen. Denn das kann nur in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren festgestellt werden. Als zweiten Schritt kündigte der AStA kurzerhand dem Personalrat und einem seiner Ersatzmitglieder, obwohl der Personalrat besonderem Kündigungsschutz unterliegt. Doch die Mitarbeiterinnen wehrten sich dagegen.
Die Rechtmäßigkeit der mittlerweile 21 erfolgten Kündigungen, die widerrechtliche Auflösung des Personalrates und die Kommunikation zwischen den beiden Streitparteien wird aktuell vor dem Arbeitsgericht Potsdam verhandelt.
Aufgrund dieser Vorfälle und den mit den Kündigungen einhergehenden strukturellen, finanziellen und öffentlichkeitswirksamen Schäden an der studentischen Selbstverwaltung gründete sich die Kampagne AStAretten – eine Gruppe bestehend aus Studierenden der Uni Potsdam, der Fachhochschule Potsdam, gekündigten Mitarbeitenden, Ehrenamtlichen aus verschiedenen studentischen Projekten und weiteren interessierten Personen aus der Stadtgesellschaft.
Gemeinsam mit dieser Initiative haben wir diese Hintergrundrecherche erarbeitet.
Dabei versuchen wir uns an verschiedenen Thesen und Arbeitssträngen entlang zu arbeiten. Ziel war und ist es, Zusammenhänge und Motive für das Handeln der unterschiedlichen Akteur*innen zu finden und zu erkennen, ob politische Muster erkennbar sind.
Rechercheergebnisse: Rechter Kulturkampf gegen studentische Selbstverwaltung und andere Freiräume in Potsdam
Vernetzung auf der Bundesschülerkonferenz 2018
Wir müssen tatsächlich in die Geschichte gehen, um zu verstehen, was in den letzten Monaten geschah und fortgesetzt geschieht.
Zu unserer Überraschung hat sich herausgestellt, dass sich einige der Akteur*innen im aktuellen AStA und StuPa (Studierendenparlament) der Universität Potsdam schon länger kennen. Leo Radloff, Maurice Heilmann und Matthias Weingärtner waren alle Schüler*innenvertreter in ihren jeweiligen Schulen und Bundesländern und teilweise dadurch 2018 in der Bundesschülerkonferenz (BSK) vertreten, z.B. als Generalsekretär und Referent*in. In der BSK aber gab es in dieser Zeit einen erheblichen Konflikt. Heute sind alle genannten Studierende an der Universität Potsdam und in deren studentischen Gremien maßgeblich an den aktuellen Konflikten beteiligt. Die Methoden und Formen der Konflikte aus 2018 und 2024 haben teilweise eine verblüffende Ähnlichkeit. Also werfen wir einen Blick zurück: Im Juni 2018 tritt die Landesschülerinnenvertretung Rheinland–Pfalz aus der Bundesschülerkonferenz aus. Im März, also gerade einmal drei Monate vorher, übernahm Leo Radloff (2024 Liberale Hochschulgruppe und Finanzreferent im AStA der Uni Pots dam) den Posten des Innenkoordinators. In der BSK saßen gleichzeitig Matthias Weingärtner (2024 Liberale Hochschulgruppe, StuPa der Uni Potsdam) sowie Maurice Heilmann (2024 FSRgoesStuPa, ebenfalls aktuell AStA-Mitglied der Uni Potsdam) über ihre Landesvertretungen.
Die Begründung der Landesschüler*innenvertretung Rheinland-Pfalz liest sich wie aus einem Drehbuch für das aktuellen Geschehen im AStA der Uni Potsdam. Es wird von geheimen Chatgruppen, unquotierten Listen und willkürlichen Berufungen zu Aktionspositionen zur Unterstützung der gewählten Vertreterinnen gesprochen. Die LSV kritisiert fehlende Kommunikation, Transparenz und demokratische Mitbestimmung und beschreibt eine “Kultur des Leugnens und der Uneinsichtigkeit”. Das vollständige Schreiben findet sich nachstehend:
Quelle 1:
https://www.lsvrlp.de/de/article/3932.hat-die-bundessch%C3%BClerkonferenz-noch-eine-existenzberechtigung.html
Quelle 2 und Screenshot
https://www.lsvrlp.de/kontext/controllers/document.php/4232.32b471.pdf

Das analoge Vorgehen der BSK hinsichtlich Missachtung und Aufweichung von parlamentarischer
Gewaltenteilung zeigt sich z.B. in der aktuellen verfassten Studierendenschaft der UP – u.a. daran, dass der 28. AStA selbst Teamer*innen beruft, obwohl explizit festgelegt ist, dass die Berufung nur durch das StuPa erfolgen kann.
Firmengeflechte und marktliberale Ideologie
Die Strukturveränderungen, die aktuell im AStA versucht werden durchzusetzen, erinnern ein wenig daran, wie Unternehmensberatungen große Firmen durchleuchten und sie durch Effektivierungsmaßnahmen rentabel und profitabel machen. Alles muss sich rechnen, Mitarbeiter*innen sind vor allem ein Kostenfaktor, die Strukturen müssen verschlankt werden und externe Expertinnen sollen das Unternehmen auf Kurs bringen.
Dies ist aus unserer Sicht kein unwichtiger Nebenaspekt. Denn die Akteur*innen, die gerade versuchen, die (studentische) Selbstverwaltung zu verändern, agieren auf eben dieser ideologischen und politischen Grundlage. Leo Radloff hat das in einem Gastbeitrag für die „Berliner Zeitung“ vom 8. Dezember 2024 so ausgedrückt:
„Wir können grundlegende Reformen anstoßen. Weg von starren Abteilungen, hin zu Strukturen, die auf die Bedürfnisse der Studierenden reagieren. Zu dieser Aufgabe gehört auch und im Besonderen, der bisherigen Verschwendung der Studierendengelder Einhalt zu gebieten. […] Unser Ziel ist es, solche Prozesse komplett neu zu denken. Moderne Systeme könnten diese Aufgaben nicht nur schneller und verlässlicher abwickeln, sie würden auch Mitarbeitende entlasten, die sich dann auf das konzentrieren können, was wirklich zählt: individuelle Beratung, kreative Lösungsansätze und die Weiterentwicklung studentischer Projekte.“
Quelle:
https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/ich-wollte-den-asta-der-uni-potsdam-reformieren-was-ich-bekam-waren-morddrohungen-und-hass-li.2278537
Begründet wird das Vorgehen des AStA der Universität Potsdam gegen seine Beschäftigten deshalb natürlich vor allem mit fehlender Effektivität und Transparenz, fehlendem Expert*innenwissen und nicht vorhandenen Nachweisen.
In einem anderen Video auf Instagram spricht AStA-Referent Leo Radloff von einem “Kulturzentrum, das zu einem privaten Rückzugsort einiger Weniger verkommen ist, während die gesamte Studierendenschaft jährlich 170.000 Euro dafür zahlt“. Diese Aussage wiederholt er auch gegenüber den Potsdamer Neuesten Nachrichten am 11.12.2024.
Quelle und Screenshot:
https://www.tagesspiegel.de/potsdam/landeshauptstadt/machtkampf-an-uni-potsdam-asta-schaltet-kulturzentrum-website-ab-12857848.html

Interessanterweise haben einige Beteiligte in unserem „Fall“ gleichzeitig eine gemeinsame Geschäfts– und Firmengeschichte. Leo Radloff und Matthias Weingärtner haben vor allem in der Zeit der Corona-Pandemie Firmen gegründet, deren Entwicklung, Ausrichtung und Geschäftsmodelle mindestens interessant sind.
So gründeten Leo Radloff und Matthias Weingärtner im Februar 2021 die Firma „nextsolutions! zweipunktnull“ UG (später GmbH) mit Starthilfe der Universität Potsdam und anderen Unterstützern von Startups. Die Firma vertrieb dabei als Produkt die App FREETOGO. Dabei ging es darum, dass Menschen digital Coronatests durchführen konnten. Dies funktionierte, indem beim Testen eine Person mit der Zertifizierung für Tests über das Internet zuschaute. Diese Tests wurden dann identisch zu herkömmlichen Tests bescheinigt. Schon kurze Zeit nach Start der App wurde dieses Konzept durch eine neue Testverordnung auf Bundesebene verboten.
Quelle:
https://www.tagesspiegel.de/potsdam/landeshauptstadt/freetogo-app-vor-dem-aus-7974169.html
Die Firma wurde anschließend an die Kingline Group verkauft. Matthias Weingärtner und Leo Radloff waren bis März 2023 Geschäftsführer der Firma „nexsolutions! zweipunktnull“.
Die Kingline Group ist nicht ganz unbekannt. Sie arbeitete unter anderem mit der Firma van Laack im Bereich Medizinprodukte, vor allem Schutzmasken, während der Coronazeit zusammen. Van Laack war in diverse Skandale verwickelt rund um Maskendeals, an denen u.a. der Sohn von Armin Laschet als Influencer für van Laack beteiligt war.
Quelle und Screenshot:
https://kingline.group/divisions/commerce/


Zu den Firmenkonstruktionen rund um „nextsolutions! zweipunktnull“ und „Kingline“ liegen zahlreiche, über das Handelsregister öffentlich einsehbare Dokumente vor, u.a. diese notariell beglaubigte Liste der Gesellschafter vom 11. Mai 2023:


Im März 2023 brachte Leo Radloff eine weitere App auf den Markt oder warb zumindest für sie – PatKit, eine App zur Information über chronische Krankheiten und zum Tracking eigener Symptome und Vitalwerte. Anzumerken ist, dass – soweit bekannt – keiner der hier genannten Beteiligten eine formelle Ausbildung im Medizin-Bereich hatte. Laut seinem eigenen LinkedIn-Profil verließ Leo Radloff diese Firma im Dezember 2023. Sie wurde intensiv bei diversen Konferenzen und Messen des Gesundheitswesens und der Digitalwirtschaft beworben. Leo Radloff veröffentlichte auf seinem LinkedIn-Account Statements, deren Ausrichtung wir bereits kennen:
„Leider ist unser Gesundheitssystem nicht so innovationsfreundlich, wie es scheint. Vielen Gesundheitsämtern sind digitale Lösungen noch fremd.“
„Die Ergebnisse zeigen, dass nicht nur direkte medizinische Kosten gesenkt, werden können sondern auch erhebliche Produktionssteigerungen möglich sind.“
Quellen (Auswahl):
https://www.linkedin.com/posts/leoradloff_team-startup-university-activity-7038530071418048512-AeOJ/?trk=public_profile_like_view
https://www.linkedin.com/posts/leoradloff_herzinsuffizienz-copd-asthma-activity-7135210415004749824-B2jr/?originalSubdomain=de
Dazu passt auch Leos Radloffs Tätigkeit beim „Spitzenverband Digitale Gesundheitsversorgung e.V.“, einem Lobbyverband für Anbieter von Produkten im E-Health-Bereich, zur besseren Vermarktung und zur Einflussnahme in Politik und Wirtschaft. Dieser wurde vom Coronaleugner und ehemaligem FDP-Mitglied Paul Brandenburg gegründet, Paul Brandenburg war dort bis 2021 im Vorstand.
Quellen (Auswahl):
Leo Radloff / Spitzenverband Digitale Gesundheitsversorgung und „Digital versorgt mit KI“:
https://www.linkedin.com/feed/update/urn:li:activity:7285278368621551616/

Vorstand und Gründungsmitglied des „Spitzenverbandes Digitale Gesundheitsversorgung e.V.“ Paul Brandenburg, 2019-2021:
https://web.archive.org/web/20200812155505/https://digitalversorgt.de/vorstand/
https://www.tagesspiegel.de/berlin/waffen-bei-corona-skeptiker-paul-brandenburg-beschlagnahmt-5630710.html
https://paulbrandenburg.com/die-heutige-sa-heisst-antifa/
In unserer Aufzählung fehlt noch die Schweers & Radloff Communications. Dies war eine GbR, ebenfalls gegründet von Leo Radloff, Matthias Weingärtner und Eliane Schweers. Eliane Schweers ist Potsdamerin und wir kennen sie bereits als Referentin für Inneres der Bundesschülerkonferenz 2018 – zusammen mit Leo Radloff und Matthias Weingärtner. Auch hier ist die Webseite abgeschaltet und der einzige Nachweis, dass diese Firma existierte, findet sich auf Social-Media-Portalen, z.B. in Form von LinkedIn-Einträgen, Screenshots der Webseite im Internet-Archiv und Rezensionen auf Bewertungsplattformen.
Quellen (Auswahl):
https://x.com/schweersradloff
https://www.instagram.com/schweersradloff/?hl=de
https://www.linkedin.com/company/schweers-radloff/about/

Den Eindruck, dass die studentische Selbstverwaltung unter das Primat der Marktliberalisierung gestellt werden soll, ergänzt noch Juri Heckmann, der für die Liste „FSRgoesStuPa“ angetreten ist und darüber ein Mandat im StuPa bekommen hat. Er ist studentischer Mitarbeiter beim CDU-Bundestagsabgeordneten Thomas Heilmann. Thomas Heilmann wurde durch seine zahlreichen Firmen(mit-)gründungen wie Scholz&Friends, myToys und Xing bekannt, durch sein Organstreitverfahren gegen das Gebäude-Energie-Gesetz (GEG) und vor allem durch sein Buch „Neustaat – Unser Staat braucht ein Update“. In dem Buch wird beschrieben, dass Deutschland „einfacher, agiler, digitaler und krisenfester“ werden muss. Juri Heckmann wird im Exposé des Buches als Mitarbeitender genannt (unter mehreren anderen Autor*innen).
Quellen:
https://www.linkedin.com/in/juri-heckmann/?originalSubdomain=de
https://heilmann.berlin/neustaat/
https://www.cducsu.de/sites/default/files/2021-06/Positionspapier_Neustaat.pdf
https://www.bundestag.de/abgeordnete/biografien/H/heilmann_thomas-857430
Screenshot:
https://neustaat.jetzt/wp-content/uploads/2020/05/Expose_Neustaat_Buch.pdf

In jeden Fall ähneln sich die Vorstellungen über gute Geschäftsideen sowie ökonomische Grundsätze von Unternehmensführung mit vielen Aussagen darüber, wie selbstverwaltete Strukturen verändert werden sollten: Mehr Effizienz, mehr Digitalisierung, mehr Expert*innen, Verschlankung der Strukturen, weniger Datenschutz, weniger Mitbestimmung, weniger Transparenz, weniger Teilhabe.
Das Feindbild der “Linken”
Natürlich gibt es vor allem bei konservativen und liberalen Hochschulgruppen und Parteien seit längerem das Bestreben, eine vermeintlich „linke Hegemonie“ an deutschen Universitäten zu brechen und eigene Konzepte und Ideologien durchzusetzen.
Allerdings hat sich dies nach unserer Beobachtung in den letzten Jahren intensiviert und ist auch an der Uni Potsdam ein maßgeblicher Treiber für die aktuelle Zuspitzung der Konflikte. Vor allem im RCDS – dem „Ring Christlich–Demokratischer Studenten“ – und in der für das StuPa angetretenen Liste FSRgoesStuPa, welche zu Teilen aus CDU-Mitgliedern besteht, sitzen Akteur*innen, welche maßgeblich an der heutigen Entwicklung beteiligt sind. Dazu gehören Danylo Poliluev-Schmidt, aktuell Referent für Öffentlichkeitsarbeit beim AStA, David Grehn – langjähriger Vorsitzender des RCDS Potsdam – sowie Maximilian Arntz, jetziger Vorsitzender des RCDS Potsdam und in dieser Funktion auch beratendes Mitglied im Vorstand des CDU-Kreisverbandes Potsdam.
Den zweiten Platz laut Wahlergebnis der Liste des RCDS im amtierenden Stupa hat Oskar Wiesatzki. Oskar Wiesatzki ist parallel zu seinem Studium und seinem StuPa-Mandat Kreistagsabgeordneter für die CDU in Potsdam-Mittelmark und dort stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses für Verwaltungsentwicklung, Personal und Digitalisierung. Für die Bundestagswahl 2025 gehört ein Teil von Potsdam-Mittelmark zum Wahlkreis der Landtagsabgeordneten Saskia Ludwig, die als Kandidatin für die CDU antritt.
Quelle:
https://www.cdu-beelitz.de/Kreistag-Potsdam-Mittelmark_p_61.html
Der RCDS schreibt während seines Wahlkampfes um Sitze im StuPa unter anderem von „Chaoten, die den öffentlichen Meinungskorridor immer enger schnüren“, wirbt „[f]ür eine Ideologiefreie und transparente Politik – Unsere Uni ist zu gut, um sie den Linken zu überlassen“, dass sie sich für „Eine Lehre und Forschung ohne Denk und Redeverbote“ und „Den Kampf gegen die Feinde unserer freiheitlichen Demokratie“ einsetzen. Es wird sich weiterhin gegen die Gründung einer „Aggressiven Migrantischen Gruppe“ gewehrt, wobei die Gründung dieser als Rassismus bewertet wird. Kritik an diesen wird abgetan als „unnötig emotionalisiert“ und „bewusst haarsträubende Vorwürfe“. Der RCDS fabuliert weiterhin in seinem Programm: „Die Universität scheint ihre Aufgabe darin zu sehen, ihre Studenten zur Übernahme bestimmter Grundannahmen linksidentitären Denken zu erziehen“. Es wird der Veggie-Day in den Mensen der Universität Potsdam als „erzieherisches Projekt der Grünen“ bezeichnet.
Der langjährige Vorsitzende des RCDS Potsdam, David Grehn, äußerte sich in einem Kommentar unter einem Artikel „Konservative Studenten müssen zum Kampf blasen“ des deutsch-österreichischen und rechtspopulistischen Magazins „Corrigenda“ wie folgt: „Außerdem werden viele Fächer mit einem klaren linken Bias gelehrt, was zur Verfestigung der linken Diskurshoheit entscheidend beiträgt.“
Corrigenda hat z.B. ein Gespräch mit Ulrich Vosgerau veröffentlicht, der im November 2023 am sog. „Remigrations-Treffen“ im Adlon teilnahm, und ein Interview mit Julian Reichelt geführt. David Grehn stimmt der Autorin im Wesentlichen zu (dass die linke Hegemonie an den Unis gebrochen werden sollte), sieht aber praktische Probleme.
Quelle:
https://www.corrigenda.online/kultur/konservative-studenten-muessen-zum-kampf-blasen
Der RCDS stellt mit dem Referenten Danylo Poliluev-Schmidt derzeit das Öffentlichkeitsreferat des AStA. Er sprach bereits häufiger von „Desinformationskampagnen“ und behauptete in StuPa-Sitzungen unter anderem, dass Kritik an ihm und dem AStA rassistisch motiviert sei.
Für alle diese Äußerungen und Veröffentlichungen liegen uns die Quellen vor.
Hier zeigen wir eine kleine Auswahl öffentlich einsehbarer Quellen.
Quellen (Auswahl):
https://www.rcds-potsdam.de/stupa-wahl-2024/
Screenshot:
https://www.instagram.com/p/DCsUEI0I59z/

Maßgeblich unterstützt wird der RCDS in Potsdam von Saskia Ludwig, Landtagsabgeordnete der CDU.
Quelle (und Screenshot:)
https://www.instagram.com/reel/C8XJ7JoIfv3/?utm_source=ig_embed&%3Butm_campaign=loadin

Saskia Ludwig ist regelmäßige Interviewpartnerin beim NiUS – Format „Stimmt“, hat der „Jungen Freiheit“ ein viel kritisiertes Interview gegeben, ist vehemente Kritikerin der Coronapolitik und rief erst kürzlich dazu auf, nach der Bundestagswahl – bei entsprechenden Mehrheiten – mit der AfD zusammenzuarbeiten. Sie war auch regelmäßig mit eigenen politischen Veranstaltungen im Landhaus Adlon zu Gast, so z.B. am 16.11.2023, vierzehn Tage vor dem bekannt gewordenen sog. „Remigrations-Treffen“, das ebenfalls im Landhaus Adlon stattfand. Sie hat zu einer Diskussion über die Corona-Maßnahmen eingeladen, zu der mehrere extrem rechte Publizist*innen eingeladen waren, von denen mindesten eine, Silke Schröder, auch an dem späteren sog. „Remigrations-Treffen“ teilnahm.
Quelle:
https://www.tagesspiegel.de/potsdam/landeshauptstadt/rechtes-podium-saskia-ludwig-will-die-pandemie-aufarbeiten-10782307.html
Die Zeitschrift „Die Zeit“ schreibt zu Saskia Ludwig beispielsweise: „Erst kürzlich geriet eine geplante Veranstaltung von ihr in die Schlagzeilen, Titel: Digitale und gesundheitliche Selbstbestimmung: Kinder und Jugendliche aus der Falle holen. Zugeschaltet werden sollte der Aktivist Ricardo Leppe, prominentes Gesicht der rechtsesoterischen Anastasia-Bewegung.“
Auf Twitter / X schrieb sie als Reaktion auf ein weitergeleitetes Zitat des Potsdamer Klimaforschers H. J. Schellnhuber folgenden inzwischen gelöschten Kommentar: „Faschismus im grünen Antlitz! Damit wird sichtbar, was diese Ökofaschisten tatsächlich wollen.“
Am 15.11.2023 war Saskia Ludwig auf Einladung des RCDS zu Gast für eine Diskussionsveranstaltung an der Universität Potsdam, mit dem Titel: „Meinungsvielfalt an der Hochschule“.
Quelle und Screenshot:
https://www.instagram.com/rcdspotsdam/p/CzeHK_Go9mX/

In den uns vorliegenden öffentlichen Quellen – auch den Formaten der Unterstützung des RCDS – Wahlkampfes für den Stupa 2024 – werden zahlreiche Ideologiefragmente deutlich, die auch Teil des sogenannten „Rechten Kulturkampfes“ sind. So fordert der RCDS beispielsweise: „Wir stellen uns gegen jeglichen Zwang zur Verwendung sogenannter gendergerechter Sprache.“
David Grehn äußerte sich 2023 gegenüber der MAZ ähnlich.
Quelle:
https://www.maz-online.de/brandenburg/weil-sie-nicht-gendern-potsdamer-studierende-bekommen-punktabzug-YNZZ23HXHFCGPBBZCOYTI3LQQQ.html
Quellen (und Screenshot:)
Instagram-Kanal des RCDS Potsdam
https://www.instagram.com/rcdspotsdam/

Rechter Einfluss durch persönliche Beziehung
Die aktuellen Entwicklungen und vor allem Zuspitzungen des Konflikts lassen sich nicht ohne zwei weitere Akteur*innen verstehen: Amir Makatov und Zoe Caspary. Die beiden sind nach eigenen Aussagen ein Paar und erst in den letzten Monaten öffentlich in Erscheinung getreten – augenscheinlich aber wesentliche Antreiber*innen der politischen Eskalationen.
Zum ersten ist das Amir Makatov, der bereits vorab genannte NiUS-Redakteur. Nach eigener Darstellung ist er Student der Uni Potsdam. Er bekleidet kein Amt im AStA oder StuPa der Universität Potsdam, ist aber nach eigenen Aussagen oft auf den Sitzungen dieser Gremien anwesend. Er ist der Autor der erwähnten Artikel im Magazin NiUS. In diesen beruft er sich regelmäßig darauf, dass er Unterlagen und Dokumente des AStA einsehen konnte.
Zum zweiten ist das Zoe Caspary. Sie ist aktuell Vorstandsvorsitzende des AStA. Bei der StuPa-Wahl in der aktuellen Legislatur trat sie für die Liste der LHG (Liberalen Hochschulgruppe) an, u.a. zusammen mit Leo Radloff und Matthias Weingärtner (s.o.).
Beide sind ein Paar, was sie mehrmals selbst öffentlich auf ihren Social-Media-Kanälen bestätigten.
Vor allem Amir Makatov ist in der vorliegenden Causa ein maßgeblicher Akteur. In seiner Biografie und seinen umfangreichen Veröffentlichungen vertritt er oft widersprüchliche und aus unserer Sicht bizarre Positionen. Die Auswahl seiner Selbstbezeichnungen auf einer privaten Webseite und auf Social-Media-Kanälen belegt diese Einschätzung. Dort schreibt er über sich selbst, er sei (u.a.): „Zionist, Antikommunist, liberalkonservativ, LSD und Cannabis – aber von rechts, Synthpop against sozialism,…“
Seine Motive offenbart er selbst in zahlreichen und öffentlich einsehbaren digitalen Medien. Wir zeigen hier eine Auswahl von Aussagen, die er unter dem Synonym „Morgenthau15“ bei X in den letzten Wochen veröffentlicht hat.

Uns liegen viele weitere Aussagen und Zitate von seinem Blog, von X und seinem Instagram –
Account vor.



Neben den angeführten Aussagen, die auf sein Weltbild schließen lassen, zeigt sich zudem eine Menge an Wut, die er in sich trägt. Er selbst verwendet oft das Wort „Hass“ – auf alles vermeintlich Linke: Kommunisten, Antifa, Antideutsche. Interessant sind in diesem Zusammenhang uns vorliegende Berichte, das Amir Makatov noch im Jahr 2021 Kontakt zu der eher antideutsch orientierten Protestbewegung gegen die Einheitsfeierlichkeiten in Potsdam suchte.
Für diese Recherche ist es aber vor allem wichtig zu erfahren, in welcher Beziehung er zum AStA der Uni Potsdam steht und wie er an die Informationen gelangt, die er regelmäßig auf NiUS veröffentlicht.
So schreibt A. Makatov im Beitrag über die Mobilisierung der „Studis gegen Rechts“ auf NiUS zum Ursprung seiner Informationen: „NIUS gelang es, Chats und Plenar-Protokolle der Potsdamer Untergruppe zu sichern und einen Einblick in die Planung der Aktivisten zu erhaschen.“ Gleichzeitig schreibt er in uns vorliegenden Mails an die Initiative AStAretten: „Jegliche Informationen aus meinem letzten Artikel über die Zustände an der Uni Potsdam basieren auf frei zugänglichen Daten, die man als Student der UP, der ich bin, per Mailverteiler zugeschickt bekommt.“ Er bestätigt zusätzlich: „Ich bin Student der UP und nehme an allen Sitzungen teil, an denen ich es für richtig halte, teilzunehmen.“ Nach der uns vorliegenden Quellenlage trifft A. Makatovs Aussage über die freie Zugänglichkeit der von ihm verwendeten Informationen nicht zu. Für seinen ersten Artikel verwendete er Informationen, die außerhalb des AStA-Vorstands nicht öffentlich verfügbar sind bzw. sein dürfen – vor allem die Informationen über das Gutachten zum Personalrat lagen noch nicht öffentlich vor.
Die zweite Akteurin in diesem Teil ist Zoe Caspary, deren Rolle wir hier auch kurz beleuchten wollen. Sie wurde 2023 in den AStA der Universität Potsdam gewählt. Zu diesem Zeitpunkt gehörte sie noch der im StuPa vertretenen Hochschulgruppe „SDS.Die Linke“ an. Etwa ein halbes Jahr später kandidierte sie bei den StuPa-Wahlen 2024 – gemeinsam mit Leo Radloff und Matthias Weingärtner – auf der Liste der Liberalen Hochschulgruppe (LHG). Sie erhielt einen Sitz im StuPa und ließ sich nach ihrer Mandatsabgabe erneut in den AStA wählen. Aktuell wird sie im Impressum des AStA der Universität Potsdam als Mitglied des Vorstandes aufgeführt. In der Signatur ihrer AStA-Mailadresse weist sie sich als Vorstandsvorsitzende des 28. AStA aus.
Zoe Caspary positionierte sich in dem Konflikt um das Studentische Kulturzentrum [KuZe] klar. In einer an alle Studierenden der Universität Potsdam versendete Mail äußert sie sich zum Gegenstand wie folgt: „Uns beunruhigen die maßlosen Lügen, die böswillige Hetzkampagne und der absichtliche Schaden, der von einer kleinen, aber extrem rücksichtslosen Gruppe ehemaliger Mitarbeiterinnen und ihren Anhängerinnen betrieben wird.“ Im Folgenden führt sie aus: „Gelder der studentischen Selbstverwaltung flossen in Projekte, von denen die Mehrheit der Studierendenschaft nicht profitierte.“
Nach uns vorliegenden Augenzeugenberichten verteidigte sie Makatovs Online-Teilnahme an einer Sitzung des AStA am 05.11.2024 gegen die mehrfachen Bitten und Forderungen von anderen Sitzungsteilnehmer*innen um Verweis des NiUS-Redakteurs aus der Sitzung.
Quelle: Screenshot Onlinemeeting

Wir wollen festhalten:
Ein NiUS-Redakteur nimmt regelmäßig an StuPa- und AStA-Sitzungen teil. Zudem befindet er sich in einer (selbst bestätigten) festen Beziehung zur aktuellen AStA UP-Vorsitzenden Zoe Caspary. Die Informationen, die er aus diesen sozialen Kontexten erhält, verwendet er für seine Artikel, in denen er die selbstorganisierten Freiräume der verfassten Studierendenschaft der UP sowie in ganz Potsdam angreift.
Um den Kontext für die Potsdamer Stadtgesellschaft zu vervollständigen, müssen wir auf weitere Artikel von Amir Makatov zu selbstorganisierten Projekten und Initiativen in Potsdam aufmerksam machen.
Bereits am 28.04.2024 greift er in einem NiUS-Beitrag verschiedene Initiativen und Personen in Potsdam an. Unter dem Titel: „,Zu den drei Mohren-Straße’ wird umbenannt, aber die Kommunisten-Plätze bleiben“ wird unter anderem das „extrem linke Alternative Zentrum freiLand“ herausgestellt. Weiter behauptet er: „Die Andere [Anm.: Fraktion der Potsdamer Stadtverordnetenversammlung] ist eine extrem linke Fraktion.“ Auch den Fußballverein Babelsberg 03 nennt er in dieser Aufzählung. Diesbezüglich formuliert er, dass die Karl-Liebknecht-Straße die Spielstätte des als „extrem links geltenden Vereins Babelsberg 03“ sei.
Interessant für diese Recherche ist auch, dass A. Makatov im gleichen Beitrag die Frage stellt: „Wer steckt hinter dem linken Kulturkampf?“
Am 13.12.2025 schreibt er unter dem Titel: „Stadt Potsdam finanziert Antifa-Club mit mehr als einer Million Euro Steuergeld“ über das alternative Jugendkulturzentrum „Archiv“ und skandalisiert darin die öffentlich-rechtliche finanzielle Förderung des Projekts.
Quelle:
https://www.tagesspiegel.de/potsdam/landeshauptstadt/machtkampf-an-uni-potsdam-asta-schaltet-kulturzentrum-website-ab-12857848.html
Nach unserer Informationslage sind Makatov und Caspary die zwei Personen, welche in den letzten Wochen – vor allem in ihrer Kommunikation an diverse öffentliche Adressat*innen und Zielgruppen – viel Verantwortung für die Eskalation des politischen Konfliktes tragen.
Ein vorsichtiges Fazit
Nein, wir werden hier nicht spekulieren oder eine Verschwörung herbei schreiben. Wir haben eine Menge an Strängen und Thesen dargestellt, die alle dazu beigetragen haben, zu verstehen, was hier in Potsdam seit Monaten passiert. Mindestens ist klar: Zufall ist das alles nicht. Viele Beteiligte kennen sich seit Jahren, teilen ähnliche politisch–ideologische Ansichten und treiben den Konflikt mehr oder weniger aktiv voran. Vernetzt haben sie sich gegenwärtig im 28. AStA der Universität Potsdam.
Für die Stadtgesellschaft in Potsdam ist das ein Problem.
Für die Selbstorganisation der Studierendenschaft der Uni Potsdam sowieso.
Für die kulturelle Vielfalt in der Stadt und die seit Jahren engagierten Menschen besonders.
Es ist – so unsere Einschätzung – in seinen Methoden und Ergebnissen Teil eines rechten Kulturkampfes.
Der Autor Georg Seeßlen beschreibt diesen „Rechten Kulturkampf“ in einem Gastbeitrag in der TAZ so:
„Wer jetzt und hier die größte Kraft der Entkultivierung bildet, ist nicht zu übersehen: Es ist die Idee der radikalen Vermarktung und Selbstvermarktung, der wir den Namen „Neoliberalismus“ gegeben haben, und es ist der Rechtspopulismus, der ganz offen bereits einen „Kulturkampf“ ausgerufen hat, der für erstaunlich viele Menschen attraktiv scheint. Auch hier geht es um drei „Schlachtfelder“: die Eroberung kultureller Institutionen und Instanzen, die semantische und ideologische Hegemonie in den öffentlichen Medien und die Vernichtung des widerständigen, utopischen und queeren Geistes in der Kultur.
Es nutzt nichts, es zu leugnen: Der Kulturkampf der Rechten zeigt seine ersten gravierenden Folgen. Die Rechte drängt in Entscheidungsgremien. Sie entfaltet Drohpotenzial gegen unliebsame Institutionen und Personen. Sie bringt nicht nur eigene Medien auf den Kulturmarkt, sondern findet Komplizen im Entertainment.
Wenn die Kulturkämpfer vom marktradikalen und rechtspopulistischen Lager um die Häuser der Kultur schleichen, schmeißen die alles raus, was widerspenstig und aufregend ist, was unter die Oberfläche und übers Alltägliche hinausgeht. Wie aber steht es um eine Kultur, die sich aus lauter Angst vor ihren Mördern selbst abschafft?“
Quelle:
https://taz.de/Kulturkampf-als-rechtes-Framing/!5941908/
Das erleben wir gerade in Potsdam.
Dabei sagen wir bewusst nicht, dass alle hier genannten Akteur*innen „rechts“ sind oder aus unserer Sicht in eine rechte Schublade gehören.
Sie müssen sich aber fragen lassen, mit wem sie ähnliche Interessen vertreten und für welche Ziele sie sich einsetzen. Genau das ist auch eine Idee dieser Analyse. Alle Beteiligten können sich selbst ein Bild darüber machen, in welchem Kontext sie sich mit ihren politischen Ideologien und ihrem Handeln bewegen.
Schlussfolgerungen daraus müssen sie selbst ziehen.
Denn gleichzeitig – und das macht diese Entwicklung noch bedrohlicher und gefährlicher – versucht die AfD immer wieder mit Anfragen, Anträgen und Veröffentlichungen gegen genau die gleichen selbstverwalteten Projekte und Initiativen vorzugehen.
In einem Video einer Pressekonferenz der AfD zur Auswertung der Proteste gegen den AfD-Parteitag in Riesa wird explizit auf die Mobilisierung in der Uni Potsdam für diese Proteste eingegangen. Dabei finden sich genau die Aussagen und Informationen wieder, die der Redakteur Amir Makatov zuvor in seinem NiUS-Artikel veröffentlicht hatte.
Quelle und Screenshot:
https://afd-fraktion-brandenburg.de/so-mischte-der-antifa-asta-in-riesa-mit/

Die AfD hat wiederholt Stimmung gegen das selbstverwaltete Kulturzentrum Freiland gemacht – unter anderem durch ihre Anfrage bei der Kommunalaufsicht zum Erbbaurechtsvertrag.
Amir Makatov geht auf seinem X-Account noch einen Schritt weiter und fordert, das Freiland platt zu machen (als Symbolbild ein Bagger) und dort Wohnungen zu bauen.
Quelle (und Screenshot):
https://twitter.com/morgenthau15/status/1882012105186132435?ref_src=twsrc%5Etfw

Das alles passiert in einer Zeit, in der die Stadt Potsdam gleichzeitig die Mittel für Jugend- und Kulturarbeit massiv kürzen will und es bereits tut. Auch hier ist u.a. wieder das Freiland betroffen, wo wegen der unklaren Haushaltslage ein Loch von 15.000 € klafft.
Und im [KuZe] müssen u.a. die nun ehrenamtlich aktiven, ehemaligen Beschäftigten den Betrieb ohne jegliche Mittel aufrechterhalten.
Um auf die Darstellung aus der TAZ zum „Rechten Kulturkampf“ zurückzukommen:
Nein, wir schaffen uns nicht vor lauter Angst selbst ab.
Wir wehren uns.
Und Grundlage jeden Widerstandes ist es, zu wissen, mit wem wir es überhaupt zu tun haben und was diese antreibt.
Dazu haben wir hier einen Beitrag geleistet.
Schreibt uns, wenn Ihr weitere Infos habt, auch, wenn Ihr von uns zusätzliche Quellen und Materialien haben wollt.
Es gibt viel mehr, als hier veröffentlicht.
Rechercheteam „Stadt für alle“, Initiative „AStAretten“
P.S.:
Ein Sticker (s.u.) der LHG (Liberale Hochschulgruppe), zu dieser Zeit gehörten ihr u.a. noch Matthias Weingärtner, Zoe Caspary, Leo Radloff an) wurde in der studentischen [KuZe] Kneipe nach dem dort stattfindenden AStA-Tresen im Juni 2024 gefunden. Die Sansibar ist ein Restaurant auf Sylt, das vor allem durch seine prominenten und vor allem reichen Besucher*innen bekannt wurde. Ende Mai 2024, kurz vor dem Kleben des Stickers, wurde ein Video einer Partygesellschaft bekannt, die in einer anderen Bar auf Sylt rassistische Gesänge angestimmt hatte. Nach einem Bericht der taz war diese Feiergesellschaft auch in der Sansibar zu Gast.
Quelle:
https://taz.de/Neue-Details-zu-Skandal-Video-von-Sylt/!6010089/

Da sind die Rescherschöre aber einer ganz schlimm unheimlichen Verschwörung auf der Spur. Kritik vom politischen Gegner geht in Demokratien natürlich gar nicht – zum Glück ist bald der 23. Februar.
Zitat:
„Nein, wir werden hier nicht spekulieren oder eine Verschwörung herbei schreiben. Wir haben eine Menge an Strängen und Thesen dargestellt, die alle dazu beigetragen haben, zu verstehen, was hier in Potsdam seit Monaten passiert. Mindestens ist klar: Zufall ist das alles nicht. Viele Beteiligte kennen sich seit Jahren, teilen ähnliche politisch–ideologische Ansichten und treiben den Konflikt mehr oder weniger aktiv voran“
Wer lesen kann ist klar im Vorteil.
CN: Zitate von Amir Makatov
Zitate und wörtliche Rede von Amir Makatov
Podcast Aethervox Ehrenfeld, Podcast Folge #514: Morgenthau (w/Amir Makatov)
YouTube
hochgeladen 18.03.2024
‚Distanzlibertär [..] Antikommunist [..]‘
Podcast Aethervox Ehrenfeld, Podcast Folge #514, ab Min. 02:30
‚Ich bin auch sehr kritisch pro choice, muss ich sagen. Die meisten pro choice Argumente, die angebracht werden, sind halt so kompletter Unsinn.
Man muss sich halt eingestehen, dass Abtreibung trotzdem das Töten eines Kindes ist.‘
Podcast Aethervox Ehrenfeld, Podcast Folge #514, ab Min. 16:15
‚Spaßkammern‘ (vgl Gaskammern in Nazideutschland)
Podcast Aethervox Ehrenfeld, Podcast Folge #514, ab Min. 20:20
‚Die meisten Menschen sind ja Schmutz […]‘
Podcast Aethervox Ehrenfeld, Podcast Folge #514, ab Min. 36:37
‚Ich bin generell kein Freund von Demonstrationen, die nicht zu insurrections (engl. Aufstand, Revolte) werden.‘
Podcast Aethervox Ehrenfeld, Podcast Folge #514, ab Min. 57:01
Vielen, vielen Dank für diesen detaillierten, analysierenden und gleichzeitig angenehm sachlichen und rhetorisch zurückhaltenden Artikel!