Der von Software-Milliardär Hasso Plattner vorgeschlagene Uni-Campus auf dem Potsdamer Brauhausberg wird nun in den Ausschüssen der Stadtverordneten debattiert: Es geht um den Aufstellungsbeschluss für den neuen Bebauungsplan Nummer 188 „Universitätscampus Brauhausberg“. Damit verbinden wir die Hoffnung, dass auch mal die Nachteile des Projektes offengelegt werden und die Betroffenen eingeladen werden. Bisher ist dies nicht ersichtlich.
In der SVV am 03.12.2025 versuchte ein Vertreter des Allgemeinen Studierendenausschusses der Uni Potsdam auf einen der Nachteile hinzuweisen. Allerdings wurde in der üblichen Oberlehrermanie des Beigeordneten Rubelt, im Nachgang an das Rederecht des engagierten Studenten, dieser diskreditiert. Der Vertreter der Studentinnen bezeichnete es als Skandal, dass Studentenwohnheimplätze durch das Projekt wegfallen sollen. „Ich kenne dutzende Studierende, die ihr Studium abbrechen mussten, weil sie keine Wohnung finden“, sagte er. Das Brauhausberg-Projekt bezeichnete er als „oligarchisch anmutend“. Die Privatisierung sei zynisch, „kein Studierender will diesen Campus“. Es sei ein „sinnloses Prestigeprojekt“. Er kündigte Protest und zivilgesellschaftlichen Widerstand an.
Er hat Recht! Der Andrang auf ein Studentenwohnheimplatz wird größer werden. Selbst wenn die vagen, nicht vertraglich gesicherten Aussagen Dritter (z.B. der Landesregierung) umgesetzt werden, steigt das absolute Defizit mit der HPI-Erweiterung und dem Umzug.
Hier die Zahlen:
Am Standort Griebnitzsee bestehen 547 Wohnheimplätze. [1] Diese sollen an Plattner verkauft werden, aber weiter vom Studentenwerk betrieben werden. Wie lange, ist bisher nicht bekannt. Anzunehmen ist, dass langfristig diese Wohnheimplätze den Studierenden und Wissenschaftlerinnen des HPI vorbehalten sein werden. Wenn die Platter-Stiftung das gesamte Unigelände am Griebnitzsee übernommen hat, sollen dort ca. 1000 zusätzliche Studentinnen und weitere Mitarbeiterinnen tätig werden.
Mit dem Umzug der Potsdamer Uni auf dem Brauhausberg sollen dort vor Ort 150 Wohnheimplätze geschaffen werden. 350 Plätze woanders im Stadtgebiet. Wo ist völlig unklar. Wer sie bezahlt ebenfalls (wenn, dann das Land BB). Ist es ein leeres Versprechen, um die GegnerInnen klein zu halten, oder hat dieses Wunschdenken eine echte Perspektive? Im aktuellen Bebauungsplan Nummer 188 spielt diese Frage keine Rolle. Für die Wohnheimfrage und andere „Umzugsschmerzen“ hat das Land eine Task Force gegründet.
Selbst wenn die 150 + 350 Wohnheimplätze geschaffen werden, so bleibt durch die Ausweitung des HPI ein (absolutes) Plus an Studierenden ohne Wohnung. Kommen die imaginären 350 Wohnheimplätze nicht, sinkt die (prozentuale) Versorgungsrate der Stadt sogar ab.
Auf der (veralteten) Webseite der Stadt wird seit 10 Jahren darauf hingewiesen, dass es an Wohngelegenheiten für Studierende mangelt. [2] Seit der Ära Jacobs sind die Zahlen der Studierenden gestiegen, ebenso die Mieten und die Lebenshaltungskosten in der Stadt Potsdam. Das Problem des Mangels an bezahlbaren Wohnraum hat sich seitdem drastisch verschärft. Mit der Ausweitung des Plattner-Campus (weitere StudentInnen, WissenschaftlerInnen, TechnikerInnen) und der Verdrängung der Uni wird sich die Wohnsituation in der Stadt verschärfen. Nicht nur für Studierende.
Mit Stand 2024 hatte das Studentenwerk in Potsdam 2439 Plätze. Dem gegenüber stehen über 30.000 Studierende (davon an Uni Potsdam, FHP und Filmuni über 24.000)! Rund 17 Prozent der Stadtgesellschaft sind Studierende. [3][4]
Behandelt werden sie von der Politik – auch der Stadtpolitik und von Herrn Rubelt (siehe Livestream vom 03.12.25) – wie eine Randgruppe, und ihre Vertreter wie eine nicht ernst zu nehmende Einzelmeinung.
Kein Wunder also, dass sich nicht nur die StudentInnen wehren werden. Harsche Kritik am Projekt auf dem Brauhausberg übte auch der Verwaltungsrechtler Alexander Windoffer, Professor an der Uni Potsdam. Seiner Ansicht nach, stünden die Pläne für die pathologische Situation der Potsdamer Stadtpolitik. Ob damit Exner und Rubelt gemeint waren? Die Politik unterwerfe sich laut Prof. Windoffer einem Großinvestoren. Den HPI-Campus am Griebnitzsee bezeichnete er als Hasso Plattners „kleines Königreich“, von dem die Stadt zunehmend abhängig wird. Windhoffer kündigte an, dass Gerichte über das Vorhaben urteilen werden.
Der neue Campus ist Teil eines größeren Entwicklungspakets, das das Land Brandenburg, die Universität Potsdam und die Hasso-Plattner-Foundation vor einigen Monaten in einem „Letter of Intent“ vereinbart hatten. Sicherlich ist das ein Prestigegewinn und vielleicht auch ein Steuergewinn für die Stadt, wenn das Plattner-Imperium wächst. Aber es verursacht Wachstumsschmerzen für die gesamte Stadt, die Plattner nicht lösen wird und lösen muss; und die Stadtpolitik scheinbar nicht kann oder will. Es gibt nicht nur Vorteile. Und wer die Nachteile nicht nennt und berechnet, der macht dieses „Nichtkönnen“ und „Nichtwollen“ sichtbar.
Wir verweisen an dieser Stelle gern auf folgende Beiträge:
- https://potsdam-stadtfueralle.de/2025/09/25/wie-maezene-die-privatisierungen-in-potsdam-vorantreiben-und-davon-profitieren/
- https://potsdam-stadtfueralle.de/2025/08/16/klein-teuer-alternativlos/
- https://potsdam-stadtfueralle.de/2024/10/04/protestcamp-gegen-die-wohnungsnot-bei-studentinnen/
Lesen bildet!
[1] https://www.stwwb.de/wohnen/unsere-wohnheime#/wohnheimdetail/17
[2] https://www.potsdam.de/de/content/stadt-der-studierenden
[3] https://www.studis-online.de/hochschulen/potsdam/
[4] https://www.potsdam.de/de/statistische-grunddaten-zur-landeshauptstadt-potsdam
