Wir dokumentieren: Redebeitrag der BI Ohne Garnisonkirche im Hauptausschuss

Am 19.1. diskutierte der Potsdamer Hauptausschuss die Beschlussvorlage des Oberbürgermeisters für ein „Forum an der Plantage“. Die BI und der Antimilitaristische Förderverein als Akteure, die vor zwei Jahren zu Beginn des Vier-Phasen-Prozesses angehört wurden, beantragten für die Sitzung erfolgreich Rederecht, um sich zu dem Vorschlag zu äußern. Hier gibt es den Redebeitrag der BI zum Nachlesen:

Sehr geehrte Stadtverordnete, sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Gäste,

vielen Dank für die Möglichkeit, hier zu sprechen. In meinem Redebeitrag möchte ich vor allem auf das vorgeschlagene Erbpachtmodell eingehen. Die Bürgerinitiative für ein Potsdam Ohne Garnisonkirche, für die ich heute spreche, lehnt diese Option entschieden ab. Denn ein solches Arrangement widerspricht dem Bürgerwillen, der sich auch in gültigen Beschlüssen wiederfindet, es bindet die Stadt langfristig an einen unsicheren Vertragspartner und verursacht potentiell unnötige Kosten.

Über 16.000 Menschen unterschrieben 2014 unser Bürgerbegehren zur Auflösung der Stiftung. Es war ein klares Nein der Stadtgesellschaft zum Turmbau. Der Bürgerhaushalt spricht bis heute eine klare Sprache und bestätigt immer wieder diese Stimmungslage in Potsdam. Im November 2020, als der Vier-Phasen-Prozess bereits angelaufen war, beschlossen die Stadtverordneten erneut die topplatzierte Forderung, kein städtisches Geld für die Garnisonkirche auszugeben. Nicht nur das: Der Oberbürgermeister hat durch diesen Beschluss sogar weiterhin den Auftrag, sich für die Auflösung der Stiftung einzusetzen.

Das erfolgreiche Bürgerbegehren wurde, wie wir hier alle wissen, übergangen. Gegen alle Widerstände wurden einfach Fakten geschaffen. Der inzwischen fast 60 Meter hohe Koloss ist für tausende Potsdamer:innen eine tagtägliche Erschütterung ihres Vertrauens in die Demokratie.

Dass die Missachtung des Bürgerbegehrens ein Fehler war, hat Herr Schubert richtig erkannt. Dieses Zugeständnis begrüßen wir. Die Erkenntnis ist jedoch wertlos, wenn nicht die entsprechenden Lehren daraus gezogen werden. Der Wille der Bürger:innen, kein städtisches Geld für die Garnisonkirche auszugeben, darf nicht abermals mit einem formalen Trick ausgehebelt werden. Jede Zahlung an die Stiftung stellt automatisch eine Querfinanzierung des Turmbaus dar. Eine Klausel, dass der Erbpachtzins nicht für den Wiederaufbau verwendet werden darf, ist nichts als Augenwischerei – schon allein, weil die Stadt keinerlei Kontrolle über die Mittelverwendung bei der Stiftung hat.

Mit einer solchen Vereinbarung würden sich viele Potsdamer:innen nur wieder ausgetrickst fühlen. In ausgerechnet diese Wunde Salz zu streuen leistet sicherlich keinen Beitrag zur Glaubwürdigkeit und Akzeptanz dieses Prozesses.

Überhaupt wäre ein Erbpachtvertrag finanzpolitisch mindestens unklug, wenn nicht gar fahrlässig, solange eine kostengünstigere Variante sich andeutet. Wie wollen Sie der steuerzahlenden Bevölkerung vermitteln, dass sie für dieses Grundstück bezahlen soll, das einst ein Geschenk der Stadt war, ohne dass die Möglichkeit einer kostenlosen Rückgabe ernsthaft geprüft wurde?

Dazu kommt, dass die Stiftung zum jetzigen Zeitpunkt ein ziemlich unberechenbarer Vertragspartner ist. Ihre finanzielle Lage bleibt für die Öffentlichkeit undurchsichtig, scheint jedoch eher düster zu sein. Der OB könnte sich für eine Offenlegung der Stiftungsfinanzen einsetzen, wie sie die BI immer wieder fordert. Dass er es nicht tut, erweckt wenig Vertrauen. Ist er befangen durch seine Doppelrolle? Solche und weitere Fragen können die Stadtverordneten und die Potsdamer:innen zu Recht stellen.

Was ist, wenn es bei der Änderung der Stiftungssatzung zu Problemen kommt? Welche Fallstricke entstehen durch eine Erbpacht, zum Beispiel nach deren Ablauf, beim potentiellen Rückfall des Grundstücks 2030 an die Pächterin oder im Falle einer Auflösung der Stiftung? Was passiert, wenn der Turmbau nicht mehr finanzierbar ist? Was ist, wenn früher oder später problematische Spender:innen bekannt werden, wie beim Berliner Stadtschloss? Der Imageschaden für die Landeshauptstadt könnte im Falle eines Falles groß sein.

Mit einer Festlegung auf eine langfristige vertragliche Bindung mit der Stiftung Garnisonkirche kauft die Stadt die Katze im Sack.
Ich fasse zusammen: Angesichts der vielen Unwägbarkeiten bezüglich der Stiftung Garnisonkirche, angesichts der zu prüfenden Ansprüche der Stadt auf das Grundstück und allem voran angesichts der klaren Beschlusslage, kein städtisches Geld für den Wiederaufbau der Garnisonkirche zu verwenden, sollte die Stadtverordnetenversammlung keinen Beschluss fassen, der einen Erbpachtvertrag mit der Stiftung Garnisonkirche vorsieht oder empfiehlt. Die Entscheidung sollte vertagt werden, bis alle Szenarien durchdacht sowie die Grundstücksfragen abschließend geklärt sind und die Stiftung ihre Finanzen offenlegt. Das wäre nicht nur politisch klug, sondern es wäre auch im Einklang mit den geltenden Beschlüssen und dem Bürgerwillen.

Vielen Dank.

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