Teil 5 unserer Analyse des Wohnungspolitischen Konzeptes von 2015 – ein ernüchterndes Fazit

Das Wohnungspolitische Konzept der Landeshauptstadt
Stadt für alle zieht eine kritische Bilanz

2015 verabschiedeten die Stadtverordneten ein Wohnungspolitisches Konzept. Derzeit wird es überarbeitet.
Für uns Anlass zu fragen, wie die Bilanz im Jahr 2023 ausfällt.
Erfolge werden mit Sicherheit andere für sich verbuchen wollen
Wir konzentrieren uns auf Versäumnisse und Fehlschläge.

Teil 5: Umsetzung als Gemeinschaftsaufgabe – warum so vieles scheiterte

In Teil 1 bis 4 haben wir an Beispielen dargestellt, dass im Wohnungspolitischen Konzept von 2015 zwar viele gute Ideen enthalten sind, aber nach acht Jahren die ernüchternde Bilanz zu ziehen ist, dass nur ein kleiner Teil der konzipierten Maßnahmen umgesetzt wurde.

Warum scheiterte die Umsetzung und wer hat da versagt?

Um das herauszufinden müssen wir auf die Gremien und Personen schauen, denen für den Gesamtprozess zentrale Koordinations- und Steuerungsfunktion zukommt.

Wohnungsversorgung in Potsdam ist im Konzept als gemeinsame Aufgabe verschiedener Akteure bestimmt. Einige fanden sich 2014 fanden im Begleitkreis zusammen und erarbeiteten eine Konzeption für die Landeshauptstadt. Diese wurde 2015 von der Stadtverordnetenversammlung beschlossen.
Der Begleitkreis so war der Plan – sollte, seine Tätigkeit als ständiges wohnungspolitische Beratungsgremium weiterführen. In ihm war Kompetenz aus der Stadtverwaltung, den Fraktionen der SVV, der Wohnungswirtschaft, aus verschiedenen Interessenverbänden und stadtpolitischen Initiativen versammelt; so dass es nur folgerichtig war, diesem Gremium eine zentrale Rolle bei der Umsetzung des beschlossenen Konzepts zuzuweisen.

Der Start in die Umsetzungsphase war in der Tat erfolgversprechend. 2016 wurde aus dem Begleitkreis heraus ein ‘Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen der Landeshauptstadt Potsdam’ gegründet. Im gleichen Jahr wurde eine Vereinbarung zur Zusammenarbeit unterzeichnet. Sie ist hier nachzulesen: https://www.potsdam.de/system/files/documents/buendnis_wohnen.pdf
Aber: Stadtgesellschaftliche – und Mieter*inneninitiativen waren da nie vertreten. Im Gegenteil, die Organisations – und Kommunikationsstruktur war so angelegt, dass ehrenamtlich organisierte Initiativen kaum ein Chance bekamen, kontinuierlich mitzuarbeiten.

Was ist der Inhalt der Vereinbarung? Was wurde umgesetzt?

Wesentliche Zielen waren, “Verwaltung und Politik in aktuellen wohnungspolitischen Fragen zu beraten und …Handlungsempfehlungen …zu erarbeiten” sowie “ “konstruktiv und kritisch an der Umsetzung des wohnungspolitischen Konzeptes der Landeshauptstadt Potsdam mitwirken”.
Diese Ziele wurden deutlich verfehlt. Weder ist es dem Bündnis gelungen, sich als wirksames Beratungsgremium zu etablieren, noch war es im Stande, die Umsetzung der Maßnahmen konstruktiv und kritisch zu begleiten. Diese wenig schmeichelhafte Wertung ist an mehreren Einzelpunkten ablesbar.

Es war vorgesehen, eine Geschäftsstelle beim Fachbereich Wohnen einzurichten, um die Tätigkeit des Bündnisses zu koordinieren und zu moderieren. Jahrelang wurde die Aufgabe offenbar zusätzlich von der Leitung des Fachbereichs übernommen. Erst in jüngster Zeit wurde dafür eine Personalstelle geschaffen, deren Aufgabenprofil und Arbeitsumfang bislang für das Bündnis unklar geblieben sind.

Die Vereinbarung sieht vor, regelmäßige Treffen zweimal pro Jahr durchzuführen. In den Anfangsjahren geschah das noch wie geplant, ab 2018 fanden Treffen nur noch diskontinuierlich statt und in den Zeiten der Corona-Beschränkungen kamen sie fast zum Erliegen.

Im Anfangsschwung der Gründung stellte das Bündnis 2016 einen Umsetzungsplan zum Wohnungspolitischen Konzept auf, der eine Prioritätenliste der Maßnahmen und zugeordneter Verantwortlichkeiten enthielt. In den nächsten Jahren dämmerte der Prozess vor sich hin, die interne Überprüfung der Maßnahmen erfolgte nur sporadisch, der Überblick über den Umsetzungsstand drohte zu entschwinden. Das veranlasste 2019 vier Aktive aus der Fraktion DIE aNDERE, der CDU und des AK Stadtspuren sich in einer AG zusammenzufinden, um unter Beteiligung der Fachbereiche Wohnen und Stadtentwicklung den Umsetzungsprozess einer Zwischenevaluation zu unterziehen.
Das Ergebnis wurde 2020 vorgestellt. Es war niederschmetternd: Von den 31 Instrumenten und Maßnahmen des 2015 beschlossenen Konzepts waren 2020 fünf vollständig und sechs weitere teilweise umgesetzt. Das bedeutet im Umkehrschluss: Fünf Jahre nach Beschlussfassung des Konzepts hatte bei mehr als die Hälfte der Maßnahmen die Umsetzung noch nicht einmal begonnen.

Das Ergebnis der Zwischenevaluation blieb erst einmal unter Verschluss. Eine Berichterstattung an die Stadtverordneten, obwohl in der Vereinbarung jährlich vorgesehen, fand zwischen 2016 und 2020 nicht statt.Im Januar 2020 schließlich wurde der Oberbürgermeister aufgefordert, eine Darstellung zum Stand der Umsetzung zu geben und gleichzeitig weitere Vorschläge zu Aktualisierung des Konzepts zu entwickeln. Der Bericht verschob sich bis zum März 2021, die Mitteilungsvorlage ist hier einsehbar:
https://egov.potsdam.de/bi/___tmp/tmp/45081036/XnWDHaKZ8VP3h0UMQ7VSz7jK1O6x5Xodsq4UdsHB/KaoxWlXo/08-Anlagen/01/Anlage.pdf

Warum blieb die Umsetzung stecken?

Als entscheidender Schwachpunkt erwies sich, dass es im Bündnis zu ´keinem Zeitpunkt gelungen ist, die Aktivitäten so zu organisieren,
• dass die im Konzept beschlossenen Maßnahmen von den jeweils verantwortlichen Akteure auch tatsächlich in Angriff genommen wurden
• dass der Umsetzungsstand der Maßnahmen kontinuierlich erfasst wurde (Prozessmonitoring)
• dass bei ungenügendem Erfüllungsstand Nachsteuerungsmaßnahmen ergriffen wurden

Dass sich dieser Zustand über viele Jahre dahinschleppen konnte, ist einerseits nachvollziehbar, wenn man bedenkt, dass die Aufgabe der Geschäftsstelle als das entscheidende Koordinationszentrum des Bündnisses über viele Jahre hinweg als Zusatzaufgabe an die Leitung des Fachbereichs Wohnen delegiert wurde, aber ohne die erforderlichen personellen Ressourcen bereitzustellen.
Andererseits kann diese Situation den zuständigen Beigeordneten, Frau Meier und Herrn Rubelt, nicht verborgen geblieben sein, so dass ganz deutlich die Frage nach der politischen Verantwortung für den unbefriedigenden Zustand gestellt werden muss.

Die Frage stellt sich ebenso in Richtung der Stadtverordneten. 2015 wurde ein Beschluss zum Wohnungspolitischen Konzept gefasst, über mehr als fünf Jahre wurde in der SVV kein Bericht zum Umsetzungsstand gegeben. Und das in einer Zeit, in der die Wohnungssituation in Potsdam von Jahr zu Jahr dramatischer wurde. War das Desinteresse oder Unvermögen?

Bis heute haben nicht alle Fraktionen der SVV eine Wohnungspolitischer Sprecherin benannt; insbesondere aus den Fraktionen der SPD un d Bündnis90/Grüne gab es im Bündnis keine kontinuierliche Vertretung: Damit fehlte die fachpolitischen Kompetenz gerade der Fraktionen, die mit ihrer Mehrheit in der Rathauskooperation die Empfehlungen des Bündnisses in politischen Beschlüsse übersetzen müssen. Und leider setzt sich diese problematische Entwicklung auch bei der Erarbeitung des neuen Wohnungspolitischen Konzepts fort. Im Begleitkreis waren Vertreterinnen von SPD und Grünen noch nie dabei. Wenn sich aber wesentliche politische Akteure der Stadt, die schließlich verantwortlich solche Konzepte umsetzen sollen, bereits der Erarbeitung, Diskussion und fachlichen Weiterbildung verweigern, ist es wenig verwunderlich, dass eben Vieles nicht umgesetzt wurde (und wird?)

Was muss sich ändern?

Wenn bei den Stadtverordneten und den Entscheidungsträger*innen / politischen Führung der Verwaltung der Stadtverwaltung der ernsthafte Wille vorhanden ist, ein neues Wohnungspolitisches Konzept zu erarbeiten und es danach erfolgreich umzusetzen, dann einige Dinge besser zu regeln:

  • Die Fraktionen in der SVV müssen über Personen mit Fachkompetenz im Bündnis kontinuierlich mitarbeiten.
  • Die Stadtverordneten müssen ihrer politischen Kontrollfunktion nachkommen, in regelmäßigem Turnus Berichte über die Umsetzung des beschlossenen Konzepts zu fordern.
  • Die Entscheidungsträger der Verwaltung, die Beigeordneten und Fachbereichsleitungen, müssen dafür Sorge tragen, die Geschäftsstellen so personell auszustatten, dass sie inhaltlich und organisatorisch die Funktion als Koordinationszentrum des Bündnisses ausfüllen kann.
  • Die stadtpolitischen – und vor allem Mieter*inneninitiativen der Stadt müssen auch über den Erarbeitungsprozess hinaus einbezogen, gehört und respektiert werden.
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