Nichts

Es war schon eine skurrile Situation, als Vertreter der städtischen Verwaltung uns kürzlich hinter vorgehaltener Hand fragten, ob wir denn was Neues von Ioannis Moraitis gehört hätten.
Bei der Entwicklung des Grundstücks in der Glasmeisterstraße in Babelsberg – gemeinsam mit dem Oberlinhaus – passiert nämlich seit gut einem Jahr: Nichts.
Ähnlich ergeht es den Mieter*innen eines weiteren Moraitisobjektes in der Siefertstraße.
Wenn sie bei der Hausverwaltung nach notwendigen Reparaturen und Sicherungsarbeiten fragten – passierte: Nichts.
Inzwischen gibt es nicht einmal mehr eine Hausverwaltung.

Licht ins Dunkel der Geschäfte und Finanzen von Ioannis Moraitis und seinem Firmenkonstrukt um die Hedera Bauwert bringt mal wieder das Handelsblatt.: https://www.handelsblatt.com/finanzen/immobilien/immobilien-krise-trotz-existenzkrise-verius-fonds-verlaengerte-kredite-ueber-100-millionen-euro/100002775.html
In einem langen Recherchebeitrag vom 12. Dezember 2023 werden verschiedene Projekte von Moraitis in Berlin und eben auch in Potsdam untersucht. Hintergrund ist, dass sich Moraitis das Kapital zur Finanzierung solcher Bauprojekte offensichtlich auch vom Schweizer Verius – Fonds finanzieren ließ.
Laut Handelsblatt hat dieser in den letzten Jahren rund 1,2 Mrd. € von Anlegern eingesammelt und sie als Risikokapital vor allem an Immobilienunternehmen in Österreich und Deutschland vergeben – zu imposanten 15 % Zinsen.
Der Recherche zu Folge taucht Moraitis in den Büchern des Verius – Fonds mit Anlagedarlehen in einer Höhe von insgesamt 127 Mio. € auf – davon allein 33 Mio. € für die Glasmeisterstraße in Potsdam.
Die Journalisten vom Handelsblatt schreiben weiter zu Objekten in Berlin:
„Wer immer beim Fonds künftig zuständig ist, er wird sich auch mit dem zweiten Prestigeprojekt von Moraitis in der Hauptstadt befassen müssen. Mit der Gamma Invest Berlin GmbH plant er, das Hafenquartier zwischen Potsdamer Platz und Landwehrkanal neu zu gestalten. Dafür lieh er sich im September 2020 bei Verius knapp 60 Millionen Euro. Sichtbare Spuren haben auch diese Millionen bislang nicht hinterlassen.“

Nun geht es um eigentlich anstehenden Rückzahlungen von Moraitis an den Verius – Fonds.
Dazu formuliert das Handelsblatt:
„In Unterlagen bei Verius fiel zumindest der Zeitplan für die Investments bei den Moraitis-Firmen sportlicher aus. Laut internen Tabellen rechnete das Fondsmanagement offenbar lange damit, dass die Firmen von Moraitis die gesamten Gelder 2023 zurückzahlen würden. Inklusive der vereinbarten Zinsen von 15 Prozent pro Jahr hätten sie dann wohl mehr als 150 Millionen Euro überweisen müssen.
Aus diesem Zeitplan wird nichts. Lediglich fünf Millionen Euro aus einem kleineren Projekt seien bislang zurückgeführt worden, teilte sein Anwalt mit.“

Für den Verius – Fonds haben diese Zahlungsprobleme existentielle Folgen. Wir zitieren wieder aus dem Handelsblatt:
„Mitte Oktober kündigte das Management an, dass der 1,2 Milliarden Euro schwere Fonds aufgelöst werden soll. Eine „freiwilligen Liquidation“ werde angestrebt. Die Kapitalverwaltungsgesellschaft Hauck & Aufhäuser Fund Services bereitete die Investoren bereits auf hohe Verluste vor. Bis zu 500 Millionen Euro stünden im Feuer.“
Zu den Anlegern bzw. Investoren gehören übrigens auch Pensionskassen und Versicherungen – die jetzt wohl eine Menge Kapital abschreiben müssen.

In Berlin haben sich die Opfer solcher Finanzierungsmodelle längst zusammengeschlossen und versuchen gemeinsam, ihnen zustehendes Geld einzuklagen. Nicht selten gelingt dies Käuferinnen von Eigentumswohnungen oder Handwerkerinnen mit Hilfe ihrer Anwält*innen nur, indem sie vor Gerichten Zahlungstitel erstreiten und sogar Pfändungen von Konten der Firmen von Moraitis vornehmen lassen. Dem Blog liegen eine Vielzahl solcher Gerichtsurteile und Pfändungstitel – sogar Pfändungsprotokolle vor.

In Potsdam sind die Leidtragenden solcher Geschäfts – und Finanzierungsmodelle das Oberlinhaus und die Mieter*innen in der Siefertstraße.
Alle Planungen auf dem Gelände der Glasmeisterstraße in Babelsberg für: 250 günstige und barrierefreie Wohnungen für Senioren und Menschen mit Behinderungen, eine Kindertagesstätte mit 160 Plätzen als „Kita für alle“ sowie ambulante medizinische Dienste wie Arztpraxen und Rehabilitationsangebote – liegen auf Eis.
Und auch, wenn der Verius – Fonds die Finanzierung dieses Projektes mit Moraitis inzwischen verlängert hat bedeutet dies ja nicht, dass irgendwelches Kapital zur Verfügung steht, um mit Bauen anzufangen. Eher ist es wahrscheinlich, dass Verwaltung und Oberlinhaus auch in nächster Zeit nichts von ihrem „Partner“ hören und im Frühjahr das Unkraut auf dem Gelände in Ruhe weiter wachsen kann.

Dies kennen die Mieter*innen in der Siefertstraße in Potsdam schon länger. Die Hausverwaltung hatte ihnen bereits im April 2023 mitgeteilt, dass sie die Zusammenarbeit mit dem Eigentümer aufgekündigt hätten. Müllbeseitigung, Straßendienste funktionieren längst nicht mehr. Nun kümmert sich aber praktisch auch niemand mehr um notwendige Arbeiten vor Ort. Die Mieterinnen haben uns eine Liste mit Mängeln, dringend notwendigen Reparaturen und vor allem sicherheitsrelevanten Problemen übermittelt.
Darin stehen zum Beispiel:

„Die letzte Wartung und Inspektion der Holz -/ Kohleöfen erfolgte zuletzt 2018“
„Gastherme für Heizung und Warmwasser reparaturbedürftig, letzte Inspektion 2016“
„Gastherme: Wasserschaden im letzten Jahr, selbst geregelt auf eigene Kosten; Anwaltskanzlei erhält zwecks Kostenerstattung keine Antwort, letzter Winter 22/23 – Wohnung nicht bewohnbar“
„Forster-Heizung – Heizkessel laut Inspektion aus Perspektive der Sicherheit nicht mehr zulässig – 70er Jahre; keine Reaktionen vom Vermieter“
„Absperrschieber für die Hauptwasserleitungen im Keller sind so stark korrodiert, dass sie sich nicht mehr bewegen lassen“
„Vor dem Haus gibt es eine starke Absenkung des Gehweges aufgrund von maroden Abwasserrohren eines Gullys. Dies führt dazu, dass das Fundament stetig feucht ist und Überschwemmungsgefahr droht“.

Insgesamt werden in der Liste 26 solcher und ähnlicher Mängel aufgeführt.
Inzwischen haben die Mieter*innen noch nicht einmal ein Konto, auf dass sie ihre Mieten überweisen können.
Die Überweisungen für die Mieten im Dezember kamen Anfang des Jahres mit dem Vermerk zurück: „Konto aufgelöst“.

Konto aufgelöst

Sowohl die Mieter*innen als auch das Netzwerk „Stadt für alle“ haben sich mit dieser Liste und einer Bitte um Unterstützung an die Stadtverwaltung Potsdam gewandt.
Immerhin versäumt der Eigentümer hier ganz klar seine Pflichten. Einige der Mängel sind sicherheitsrelevant. Wer übernimmt die Verantwortung, wenn es dort zu gravierenden Schäden oder gar Unfällen kommt?
Eine Antwort der Verwaltung steht bis heute aus. Es gab nur die Rückmeldung, an wen die Mail weiter geleitet worden sein. Dies ist inzwischen über 4 Wochen her.

So sitzt die Landeshauptstadt Potsdam auch dieses Geschäftsmodell eines Immobilieninvestors aus.
Und tun:

Nichts.

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