Aus- statt Eindöpfnern

Mitte September 2014 wurde am Pfingstberg ein Maschendrahtzaun um die Grünfläche an der Villa Henckel gezogen. Bei dieser Gelegenheit lernten wir auch, dass Mathias Döpfner der Vorstandsvorsitzende des Axel-Springer-Konzerns ist und in Potsdam wohnt. Er machte sich zwischen Am Pfingstberg und Großer Weinmeisterstraße breit. Die Anwohner*innen konnten die dort vorhandene öffentliche, verwaldete Grünfläche nicht mehr zum Spaziergang nutzen. Online-Petitionen, Kundgebungen und Leserbriefe folgten. Der neu gezogene Zaun selbst wurde zu einem Symbol für die fortschreitende Privatisierung öffentlicher Räume in Potsdam, ebenso wie die Proteste gegen den Zaun und der Umgang mit ihnen.

Die Wählergruppe DIE aNDERE entwickelte darauf hin, das Modell Eindöpfnern und praktizierte es wochenlang am Platz der Einheit.* Das Döpfner-Prinzip hatte im März 2015 den Praxistest bestanden. Die Wählergruppe könnte das Eindöpfnern nun guten Gewissens allen Bürger*innen weiterempfehlen, die gern ein Grundstück kostengünstig nutzen möchten und dafür noch als Mäzene geehrt werden wollen. Eindöpfnern ist gerade auch für Menschen mit kleinem Geldbeutel eine echte Alternative zu Balkonien.

Aktuell sorgt Herr Döpfner wieder für Schlagzeilen. Somit erscheint seine „Landnahme“ und sein Zaunbau von 2014 in einem ganz neuem Licht. Das ist kein Zaun, sondern ein antifaschistischer Schutzwall, oder ein antikommunistischer. Genaues wissen wir leider nicht. Aber die große Wochenzeitung die ZEIT weiß mehr!

Die „Zeit“ hat in einer investigativen Recherche über brisante Dokumente von Mathias Döpfner, Chef des Axel-Springer-Verlags, berichtet. Die JournalistInnen konnten interne Mails von Springer und SMS-Nachrichten von Döpfner einsehen und Gespräche mit Insidern und Beteiligten führen. „Sie zeichnen das Bild eines Vorstandsvorsitzenden, der getrieben von seiner Ablehnung Angela Merkels schien. Der die Eliten verachtet (sich selbst und seine Freunde ausgenommen) und ‚Bild‘ als sein Werkzeug anzusehen schien, um Politik zu machen“, heißt es in dem Bericht.

Kurz gesagt (laut ZEIT): „Angela Merkel hielt er für den Sargnagel der Demokratie, Ostdeutsche seien Faschisten oder Kommunisten, den Klimawandel fand er gut.“ Die MAZ weiß zu berichten „Meine Mutter hat es schon immer gesagt. Die Ossis werden nie Demokraten. Vielleicht sollte man aus der ehemaligen DDR eine Agrar- und Produktionszone mit Einheitslohn machen.“

Mehr dazu hier: https://www.zeit.de/2023/16/mathias-doepfner-axel-springer-interne-dokumente?utm_referrer=https%3A%2F%2Fwww.maz-online.de%2F

oder hier: https://www.maz-online.de/medien/doepfner-springer-chef-in-privaten-nachrichten-abfaellig-ueber-ostdeutsche-JMF4GZ2UHVGJJOCOC7X22D3UM4.html

Für uns Potsdamer*innen stellt sich die Frage: Warum wohnt Döpfner gerade hier? Mitten im Epizentrum der ostdeutschen Mentalität. Potsdam, die Hauptstadt der kleinen DDR, wie lange das Land Brandenburg von Westmedien auch genannt wurde. Döpfner in Mitten von Faschisten oder Kommunisten. Warum tut er sich das an? Ist er Masochist, oder ist er ein Widerstandkämpfer? Ist er DER Demokrat, DER Hüter der offenen Gesellschaft – hinter seinem Zaun?

Fragen über Fragen. Aber vielleicht sollte nicht nur der Springer-Verlag ihn auf Grund seiner Äußerungen Ausdöpfnern, sondern auch wir als PotsdamerInnen. Denn seine Mutter hat ihn wohl immer schon vor den Ossis gewarnt. Nein; er kann bleiben, denn wir sind ja eine tolerante STADT FÜR ALLE. Außerdem haben wir nichts anderes erwartet, von einem westdeutschen BILDungs-Bürger.

*Lesetipp: https://die-andere.org/wp-content/uploads/2015/05/ZeitungMai2015.pdf ab Seite 16

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